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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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Augen zu sehen. Er bat seines Wahnsinns wegen um Verzeihung, und wie sie ein Mittel ersinnen möge, um aus dieser Verworrenheit zu kommen, die sein Unbedacht veranlaßt habe.
    Camilla war erschrocken, als sie den Lotario dies sagen hörte, sie schalt ihn entrüstet, und verwies ihm sein Mißtrauen, sowie sein törichtes und höchst unbilliges Benehmen, mit sehr verständigen Worten. Wie aber das Weib von Natur mehr als der Mann einen schnellen Verstand sowohl zum Guten als zum Bösen hat, wenn er ihr gleich mangeln kann, wenn sie mit Vorsatz sich verständig zeigen will, so fand auch Camilla augenblicklich ein Mittel, um sich aus dieser Verwirrung zu befreien, die unauflöslich schien. Sie sagte daher Lotario, er möchte veranlassen, daß sich Anselmo am folgenden Tage an dem bewußten Orte verberge, denn eben dadurch denke sie es zu veranstalten, daß sie sich künftig ohne alle Furcht sehen und sprechen könnten: und ohne ihren Plan weiter auseinanderzusetzen, befahl sie ihm, sich in der Nähe zu befinden, damit er sogleich hereinkommen könnte, wenn ihn Leonella riefe, und daß er ihr dann auf ihre Fragen antworten möchte, wie er antworten würde, wenn er auch nicht wüßte, daß ihm Anselmo zuhöre. Lotario bestand darauf, sie möchte ihm ihre ganze Absicht auseinandersetzen, damit er um so sicherer alles beobachten könne, was nötig sei.«Es ist nichts weiter zu beobachten«, sagte Camilla, »als daß ihr so antwortet, wie ich frage«; denn Camilla wollte ihm nicht sagen, was sie sich zu tun vorgenommen hatte, weil sie fürchtete, er möchte es alsdann nicht so ausrichten, wie sie es für das beste hielt, sondern auf eine andere Weise, die nicht so geeignet sein dürfte.
    So entfernte sich Lotario, und Anselmo reiste am folgenden Tage mit dem Vorgeben ab, seinen Freund auf dem Dorfe zu besuchen, kam aber zurück, um sich zu verbergen, welches er auch leicht bewerkstelligen konnte, da ihm Camilla und Leonella vorsätzlich dazu verhalfen. Anselmo stand nun verborgen, in einer Gemütsbewegung, die man sich wohl vorstellen kann, da er fürchtete, mit seinen eigenen Augen die völlige Zerfleischung seiner Ehre zu erblicken, und so sein höchstes Gut zu verlieren, welches er in seiner geliebten Camilla zu besitzen glaubte. Als nun Camilla und Leonella gewiß wußten, daß sich Anselmo verborgen hatte, kamen sie in den Saal, und kaum hatte Camilla den Fuß hineingesetzt, als sie einen heftigen Seufzer ausstieß und sagte: »Ach liebe Leonella! wäre es nicht besser, statt das auszuführen, was ich dir nicht sagen mag, damit du mich nicht daran verhinderst, daß du Anselmos Dolch, den ich von dir verlangt habe, nehmest und damit diese meine schändliche Brust durchbohrtest? Doch nein, du sollst es nicht tun, denn es wäre ungerecht, wenn ich die Strafe für eines anderen Schuld tragen sollte. Vorher will ich wissen, was denn Lotarios freche und unzüchtige Augen an mir gesehen haben, um ihm diese Kühnheit zu geben, mir seine schändlichen Gedanken mitzuteilen, durch die er seinen Freund beleidigt und mich entehrt. Stelle dich an jenes Fenster, Leonella, und rufe ihn herauf, denn er wird sich gewiß in der Straße befinden, in der Erwartung, seinen bösen Vorsatz in Ausübung zu bringen; aber er soll meinen Vorsatz innewerden, der ebenso grausam als ehrenvoll ist!«
    »Ach, gnädige Frau!« rief die listige und eingeweihte Leonella, »was wollt Ihr denn mit diesem Dolche machen? Wollt Ihr Euch oder dem Lotario das Leben nehmen? Beides würde Euch und Euren guten Namen zugrunde richten. Besser ist es, Ihr verheimlicht diese Kränkung, als daß Ihr den Bösewicht jetzt, da wir allein sind, in das Haus laßt; bedenkt, gnädige Frau, daß wir nur schwache Weiber sind, und daß er wild und entschlossen ist. Jetzt kommt er mit bösen Vorsätzen und von seiner Leidenschaft geblendet, ehe Ihr nun Euren Vorsatz ausführen könnt, hat er vielleicht das schon vollbracht, was Euch schrecklicher als der Verlust des Lebens sein würde; wehe über meinen gnädigen Herrn Anselmo, der diesem frechen Bösewicht solche Herrschaft in seinem Hause eingeräumt hat! Aber wenn Ihr ihn nun auch umgebracht habt, gnädige Frau, wie ich fast denke, daß Ihr tun wollt, was sollen wir dann mit dem Leichnam anfangen?«
    »Was?« antwortete Camilla, »diesen überlassen wir Anselmo, ihn zu beerdigen, denn es ziemt sich wohl, daß er für Ersatz die Mühwaltung rechne, seine eigene Schande unter die Erde zu bringen. Aber rufe ihn schnell, denn indes

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