Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
zu der Ergötzung ausschlagen, wie sie sich der Mensch wohl wünschen könnte, denn von hundert, auf die man trifft, geraten neunundneunzig höchst erbärmlich und windschief. Das weiß ich aus Erfahrung, denn in etlichen wurde ich geprellt, wieder in anderen geprügelt; aber doch bleibt es immer ein treffliches Ding, sein Heil zu versuchen, über Berge zu klettern, durch dichte Wälder zu ziehen, auf Felsen zu stehen, Kastelle zu besuchen, in Schenken um Gottes willen zu herbergen, wo den Pfennig, den man bezahlt, gleich der Teufel holen soll.«
Dieses Gespräch fiel zwischen Sancho Pansa und seinem Weibe Hanna Pansa vor, indes Don Quixotes Haushälterin und Nichte ihn empfingen, auskleideten und ihn dann in sein altes Bett legten. Er sah sie mit starren Augen an und konnte sich immer noch nicht besinnen, wo er sei. Der Pfarrer sagte der Nichte, daß sie ja für ihren Oheim die größte Sorge tragen möchte und ein sehr aufmerksames Auge auf ihn haben, damit er nicht zum zweiten Male davonginge, wobei er ihr alles erzählte, was er hatte tun müssen, um ihn in sein Haus zurückzubringen.
Nun erhoben die beiden ein neues Heulen, von neuem verfluchten sie die Ritterbücher und baten den Himmel, daß er die Autoren so vieler Lügen und Tollheiten in den tiefsten Abgrund hinunterschleudern möchte. Kurz, sie waren in die größte Besorgnis versetzt, daß sie ihres Herrn und Oheims wieder verlustig gehen würden, sowie es nur etwas besser mit ihm stände, wie es auch nachher in der Tat zutraf.
Der Verfasser dieser Historie hat aber, so vielen Fleiß und Eifer er auch darauf verwandt hat, die Taten des Don Quixote aufzusuchen, dennoch keine Nachrichten von seinem dritten Auszuge finden können, wenigstens nicht in authentischen Papieren. Es hat sich bloß in la Mancha die mündliche Sage erhalten, daß, nachdem Don Quixote zum drittenmal aus seinem Hause gezogen sei, er sich nach Saragossa gewandt habe, wo er bei einem berühmten Turnier zugegen gewesen, das in dieser Stadt angestellt worden, und wo sich Dinge zugetragen, wie man sie von seinem Mute und gutem Verstande erwarten konnte. Auch von seinem Lebensende konnte der Verfasser keine Nachricht bekommen und hätte sie niemals erhalten, wenn ihn das Glück nicht zu einem alten Arzte geführt hätte, welcher eine bleierne Büchse besaß, die er nach seiner Aussage in den Trümmern einer alten Einsiedelei gefunden hatte, die man umbaute. In dieser Büchse waren Pergamente, mit gotischen Lettern beschrieben, die aber kastilianische Verse enthielten, die viel von seinen Taten sprachen, die Schönheit der Dulcinea von Toboso rühmten, ingleichen die Gestalt des Rosinante und von der Treue des Sancho Pansa und dem Begräbnis des Don Quixote selbst handelten, nebst verschiedenen Grabschriften und Lobgedichten auf sein Leben und seine Sitten. Diejenigen, die noch ganz zu lesen waren, teilt der zuverlässige Autor dieser neuen und nie gesehenen Geschichte unten mit. Er verlangt von seinen Lesern keinen anderen Lohn für seine unermeßliche Mühe, welche ihn das Forschen und Suchen nach dieser Geschichte in den manchanischen Archiven kostete, um sie an das Licht zu stellen, als daß sie ihr ebenso vielen Glauben schenken, als die Verständigen den Ritterbüchern, die bei der Welt in so großem Ansehen stehen, beizumessen pflegen; hiermit wird er sich hinlänglich bezahlt und belohnt halten und zugleich angefeuert werden, noch andere Sachen aufzusuchen, die vielleicht nicht so wahrhaftig sind, aber wenigstens ebensoviel Erfindung und Zeitvertreib enthalten.
Die vorzüglichsten Verse, die auf Pergament geschrieben in der bleiernen Büchse steckten, waren folgende:
DIE AKADEMIKER VON ARGAMASILLA,
EINEM ORTE IN LA MANCHA,
AUF DAS LEBEN UND DEN TOD DES
DON QUIXOTE VON LA MANCHA
Hoc scripserunt
Der Affenpreisliche,
Akademiker von Argamasilla, auf das
Grabmal des Don Quixote:
Grabschrift
Der Anschlagskopf, der Mancha Glorien brachte,
Mit größerm Ruhm als Jason Kretas Lande,
Der Sinn, der mit zu grübelndem Verstande
Zum eignen Übel allzuscharf oft dachte;
Der Arm, des Kraft ihn weit gepriesen machte,
Selbst von Gaeta bis zu Catays Strande,
Die Muse, furchtbar, fern von aller Schande,
Die Verse jemals grub in erz’ne Schachte;
Er, sehend weit herab auf Amadisse,
Der über Galaore Achseln zuckte,
Er, Äußerstes in Lieb und Heldenscheine;
Er, der den Mund gestopft den Belianissen,
Der, welcher irrend Rosinante drückte:
Liegt ruhend unter diesem kühlen Steine.
Vom
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