Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
Vom Netzwerk:
bezahlt fort, und die Umstehenden blieben voll Verwunderung zurück; der aber die Reden, Taten und Erlebnisse des Sancho aufschreiben mußte, konnte nicht mit sich einig werden, ob er ihn für einen Dummkopf oder für einen Verständigen halten und darstellen sollte.
    Sowie dieser Prozeß geschlichtet war, trat ein Weib in den Gerichtssaal, die einen Mann stark umfaßt hielt, der wie ein wohlhabender Hirte gekleidet war, sie schrie mit lauter Stimme: »Gerechtigkeit, Herr Statthalter, Gerechtigkeit, und wenn ich sie nicht auf Erden finde, so will ich sie im Himmel suchen. Allerliebster Herr Statthalter, dieser ruchlose Kerl hat mich hier auf freiem Felde angepackt und meinen Leib untergekriegt, nicht anders, als wenn ich nur ein Wischtuch wäre, und o weh mir armen Kinde! – hat mir nun das entrissen, was ich länger als dreiundzwanzig Jahre bewahrt habe, gegen Mohren und Christen, gegen Einheimische und Fremde verteidigt, immer so hart wie eine Eiche, um mich so unbeschädigt zu erhalten, wie der Salamander im Feuer oder wie die Wolle unter den Dornen, daß nun dieser Kerl mit seinen sauberen Händen daherkommen muß, um mich anzugreifen.«
    »Das muß noch ausgemacht werden, ob der Liebhaber saubere oder unsaubere Hände hat«, sagte Sancho und wandte sich gegen den Menschen und fragte: »Was sagt und antwortet Ihr auf die Klage dieses Weibes?«
    Dieser antwortete ganz verwirrt: »Meine Herren, ich bin ein armer Hirt von einer Herde Borstenvieh, und diesen Morgen ging ich aus, um (mit Respekt zu sagen) vier Schweine zu verkaufen, für die in der Akzise und an anderen Steuern fast draufging, was sie wert waren; ich ging nach meinem Dorfe zurück und fand diese wackere Frau, und der Teufel, der alles ineinanderrührt und in Aufruhr bringt, machte, daß wir uns mitsammen ergötzten; ich bezahlte das Nötige, sie aber, unzufrieden, packte mich an und hat mich nicht losgelassen, bis sie mich hierhergeschleppt; sie sagt, daß ich sie gezwungen habe, lügt es aber, so gewiß ich schwöre oder schwören will, und dies ist die ganze Wahrheit, an der auch nicht ein Pfennig fehlt.«
    Hierauf fragte ihn der Statthalter, ob er etwas Silbergeld bei sich habe; er sagte, daß er ungefähr zwanzig Dukaten im Busen in einem ledernen Beutel trage. Er befahl ihn herauszunehmen und ihn ganz so, wie er sei, der Klägerin zu überliefern, welches er zitternd tat. Das Weib nahm ihn, machte allen tausend Verbeugungen und bat Gott für das Leben und die Gesundheit des Herrn Statthalters, der sich der Hilfsbedürftigen, Verwaisten und der Jungfrauen annehme, und hiermit verließ sie den Gerichtssaal, indem sie den Beutel in beiden Händen hielt, aber erst vorher zusah, ob es auch wirklich Silbergeld sei, was er enthalte. Kaum war sie fort, als Sancho dem Hirten sagte, dem die Augen schon überliefen und Herz und Seele nach seinem Beutel gezogen wurden: »Guter Freund, lauft dem Weibe nach und nehmt ihr den Beutel weg, so sehr sie sich auch wehrt, und bringt ihn wieder hierher.« Dies wurde keinem Tauben oder Einfältigen gesagt, denn er schoß wie ein Blitzstrahl fort, wohin es ihm geboten war. Alle Zuschauer waren in Erwartung, wie dieser Handel ausschlagen würde, alsbald darauf der Mensch und das Weib wieder zurückkamen, noch enger verwickelt und aneinandergeklammert als das erstemal; sie hatte den Rock aufgerafft und hielt den Beutel in dessen Falte fest, und der Mann strengte sich an, ihr denselben wegzunehmen, aber es war ihm nicht möglich, so kräftig verteidigte ihn das Weib, welches laut schrie: »Gerechtigkeit vor Gott und der Welt! Seht, gnädiger Herr Statthalter, die Frechheit und Unverschämtheit des Bösewichtes, der mir vor allen Leuten und auf offener Straße den Beutel wieder wegnehmen will, den Ihr mir doch zugesprochen habt.«
    »Und hat er ihn dir genommen?« fragte der Statthalter.
    »Genommen?« antwortete das Weib, »eher soll er mir das Leben nehmen, als er mir den Beutel nimmt, ei, da käme er mir gerade recht, das müßten sich wohl andere von der Nase wischen lassen, wieviel mehr der schofle und armselige Kerl; nicht Hammer und Zange, nicht Schlingen und Brecheisen sollen ihn wieder aus meinen Fäusten kriegen, ja nicht die Klauen des Löwen, eher sollen sie mir die Seele mitten entzweireißen, mitten aus meinem Leibe.«
    »Sie hat recht«, erwiderte der Mann, »ich gebe mich für überwunden und ohnmächtig, ich gestehe, daß ich nicht stark genug bin, ihr den Beutel zu nehmen, mag sie ihn

Weitere Kostenlose Bücher