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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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auf und machten ihnen eine sehr ehrerbietige Verbeugung, das Herzogspaar erwiderte es und neigte die Häupter ein wenig. Indem lief quer ein Diener herüber und machte sich an Sancho, dem er einen schwarzen Rock von grober Wolle überwarf, welcher ganz mit Feuerflammen bemalt war, er nahm ihm auch seinen Hut ab und setzte ihm eine spitze Papiermütze auf den Kopf, wie sie die Verbrecher bei der heiligen Inquisition zu tragen pflegen, und sagte ihm ins Ohr, daß er die Lippen nicht voneinander tun möchte, weil man ihm sonst den Mund zuknebeln oder ihm gar das Leben nehmen würde. Sancho betrachtete sich von oben bis unten und sah sich in lauter Flammen brennen; da sie ihn aber nicht versehrten, kümmerte er sich wenig drum. Er nahm die spitze Mütze ab und sah, daß sie voller Teufel gemalt war, er setzte sie wieder auf und sagte bei sich: meinethalben! wenn jene mich nur nicht verbrennen und diese nicht holen.
    Don Quixote betrachtete ihn auch, und obgleich die Furcht alle seine Sinne gefesselt hielt, mußte er doch über die Gestalt des Sancho lachen. Indem ließ sich, wie es schien, unter dem Grabmal hervor, ein gedämpfter und lieblicher Ton von Flöten hören, welcher, da er von keiner menschlichen Stimme unterbrochen wurde, denn das Schweigen selbst beobachtete hier ein Schweigen, sich schmeichelnd und wohllautend vernehmen ließ. Plötzlich zeigte sich neben dem Kissen der anscheinenden Leiche ein schöner Jüngling in römischer Tracht, der zum Ton einer Leier, welche er selbst spielte, mit der süßesten und reinsten Stimme diese beiden Stanzen sang:
Indessen zu sich kommt Altisidora,
Tot durch die Grausamkeit von Don Quixote,
Indes auf diesem Zauberrund in Flor ha!
Und schwarz die Damen gehn wie Leid gebote,
Indes ihre Dueñas die Señora
In Krepp und Boy bekleidet für die Tote,
Will ich ihr Leiden singen, ihre Grazien,
Im höhern Ton als der Poet von Thrazien.
Ja, die Würde, die mich süß erfreuet,
ward mir nicht nur geliehn für dieses Leben,
Dir ist die Zunge kalt und tot geweihet,
Der starre Mund verdienten Preis zu geben:
Die Seele von der ird’schen Last befreiet,
Wird auf der Flut des Styx hinüberschweben,
Auch dort dich singen und dem Liede lauschend
Bleibt Lethe stehn, mit keiner Woge rauschend.
    »Genug!« rief hierauf einer von denen, die wie Könige aussahen, »genug, göttlicher Sänger, denn es würde kein Ende nehmen, wollten wir uns jetzt den Tod und die Reize der unvergleichlichen Altisidora vorstellen, die nicht tot ist, wie die unwissende Welt glaubt, sondern die durch die Zungen des Ruhmes und durch die Strafe lebt, welche, um sie wieder zum Lichte zurückzuführen, Sancho Pansa erleiden wird, der hier gegenwärtig ist. Deshalb, o Rhadamanthus, der du mit mir in den dunkeln Höhlen des Pluto richtest, da dir alles bekannt ist, was das unerforschliche Verhängnis beschlossen hat, um diese Jungfrau wieder zu erwecken, sage und verkündige es alsbald, damit das Glück nicht verschoben werde, welches wir von ihrem neuen Erwachen erhalten.«
    Kaum hatte Minos, der Richter und Gefährte des Rhadamanthus, dieses gesprochen, als Rhadamanthus aufstand und sagte: »Auf, ihr Diener dieses Hauses, hohe und niedrige, große und kleine, kommt einer nachdem anderen und zeichnet das Gesicht des Sancho mit vierundzwanzig Nasenstübern und zwölf Kniffen, und sechs Nadelstiche gebt ihm in die Arme, dann in die Seiten, und in dieser Zeremonie besteht die Belebung der Altisidora.«
    Als Sancho Pansa dies hörte, brach er sein Stillschweigen und sagte: »Ich schwöre, daß ich mir soviel Nasenstüber geben oder im Gesicht hantieren lassen werde, wie ich ein Mohr werden will! Bei meiner Seele, was hat denn das Hantieren in meinem Gesichte mit dem Aufleben dieses Mädchens zu tun? Mag der Henker doch den ganzen Kram holen. Dulcinea wird bezaubert und sie geißeln mich, daß sie entzaubert werde; Altisidora stirbt an einer Krankheit, die ihr Gott zuschickt, und ich soll sie damit erwecken, daß ich mir vierundzwanzig Nasenstüber versetzen und meinen Körper von Nadelstichen durchbohren und meine Arme von Zwicken zerfleischen lasse. Sucht Euch einen anderen Spaßvogel, denn ich weiß, was die Glocke geschlagen hat und wo Bartel Most holt.«
    »Sterben sollst du«, rief mit lauter Stimme Rhadamanthus; »erweiche dich, Tiger, demütige dich, stolzer Nimrod, dulde und schweige, denn nichts Unmögliches wird von dir gefordert, und unterfange dich nicht, das Unbegreifliche dieses Vorfalles zu ergründen! Du

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