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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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erkannte, und da er sich im Zigeuner sowenig verrechnet, so kam auch das Fazit seines Esels heraus, wie es auch zutraf; denn es war der Graue, auf welchem Pasamonte ritt ; der, um nur nicht erkannt zu werden und den Esel zu verkaufen, die Tracht eines Zigeuners angelegt hatte, mit deren Sprache und Sitten er auf das genaueste bekannt war.
    Sancho aber erkannte ihn gleich, indem er ihn sah, und schrie auch gleich mit der lautesten Stimme: »Ha! Du Spitzbube, Ginesillo, gib mir mein Kleinod, mein Leben her! Du sollst mir meine Ruhe nicht entziehen; gib mir den Esel, her mit dem Püppchen; lauf, Halunke; fort mit dir, Spitzbube; gib raus, was nicht dein ist!«
    Es waren weder so viele Worte noch Schimpfreden vonnöten; denn gleich beim ersten sprang Gines ab und fing so an zu traben, daß man es wohl ein Rennen nennen konnte und er im Augenblicke den beiden völlig aus dem Gesichte verschwunden war. Sancho ging zu seinem Grauen, umarmte ihn und sagte: »Wie ist es dir gegangen, mein Seelchen, mein herzliebster Grauer, mein Kamerad?« Und mit diesen Worten küßte er ihn und liebkosete ihn, als wenn er ein Mensch gewesen wäre. Der Esel stand still und ließ sich von Sancho küssen und liebkosen, ohne ein einziges Wort zu erwidern. Alle kamen hinzu und wünschten ihm zu dem wiedergefundenen Grauen Glück, vorzüglich Don Quixote, der ihm sagte, daß deswegen doch die Verschreibung auf die drei jungen Esel ihre Gültigkeit behalten solle. Sancho bedankte sich dafür.
    Indem die beiden in diesen Gesprächen begriffen waren, sagte der Pfarrer zu Dorothea, daß sie es sehr verständig angefangen, die Erzählung so zu erfinden und sie nicht lang zu machen, auch daß der Inhalt so große Ähnlichkeit mit den Ritterbüchern gehabt habe.
    Sie antwortete, daß sie viele Zeit mit Lesung derselben zugebracht habe; daß sie aber die Lage der Provinzen und Seehäfen nicht wüßte und aus Unwissenheit erzählt, sie sei zu Ossuna ans Land gestiegen.
    »Ich bemerkte es«, sagte der Pfarrer, »und deshalb eilte ich mit meiner Erklärung zu Hülfe, die alles wiedergutmachte. Ist es aber nicht ein wunderliches Ding, daß dieser unglückliche Mann alle diese Erfindungen und Lügen so leicht glaubt, bloß, weil sie denselben Stempel und Gepräge haben wie die Albernheiten seiner Bücher?«
    »Freilich«, sagte Cardenio, »es ist so seltsam und unerhört, daß man es vielleicht mit großem Scharfsinne nicht so erfinden und erdichten könnte, wenn einer darauf ausginge.«
    »Auch ist es wunderbar«, sagte der Pfarrer, »daß außer den Narrheiten, die dieser gute Mann vorbringt, wenn es seine Verrücktheit betrifft, er überaus verständige Sachen redet und in allen Dingen einen hellen und gesunden Verstand beweist, so daß, wenn er nicht auf seine Ritterschaft gebracht wird, ihn jedermann für überaus verständig halten würde.«
    Indes sie dieses Gespräch fortsetzten, fuhr auch Don Quixote in dem seinigen fort und sagte zu Sancho: »Wir wollen, Freund Sancho, alle diese Kleinigkeiten in Ansehung unserer Händel dem Winde und dem Meere übergeben; jetzt sage mir nur, ohne innerlich Unwillen oder Groll gegen mich zu hegen, wo, wie und wann fandest du Dulcinea? Was machte sie? Was sagtest du ihr? Was antwortete sie? Welche Miene machte sie, als sie meinen Brief las? Wer hat ihn dir abgeschrieben? Dies sage, nebst allem übrigen, was in dieser Sache wissenswürdig oder nötig ist, ohne daß du etwas zusetzest oder erdichtest, um mir Freude zu machen, noch weniger etwas unterdrückest, um sie mir nicht zu entreißen.«
    »Gnädiger Herr«, antwortete Sancho, »die Wahrheit zu sagen, so hat mir kein Mensch den Brief abgeschrieben; denn ich hatte gar keinen Brief bei mir.«
    »Es ist, wie du sagst«, sprach Don Quixote; »denn das Taschenbuch, wohinein ich ihn schrieb, fand ich zwei Tage nach deiner Abreise bei mir, worüber ich sehr bekümmert war, weil ich mir nicht vorstellen konnte, was du anfangen würdest, und immer glaubte, du würdest an der Stelle umkehren, an welcher du den Brief vermißtest.«
    »So wär's gekommen«, antwortete Sancho, »wenn ich den Brief nicht im Kopfe behalten hätte, wie Ihr ihn mir vorlaset, so daß ich ihn einem Küster hersagte, der ihn aus meinem Gedächtnisse Wort für Wort niederschrieb und mir sagte, daß er zeit seines ganzen Lebens, so viele Bannbriefe er auch gelesen hätte, doch niemals einen so rührenden Brief wie den da gesehen oder gelesen habe.«
    »Und du hast ihn noch ganz im Gedächtnisse,

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