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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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Habsucht gesehen, denn sie stieg so hoch, daß sie uns sogar die Sklavenkleider ausgezogen hätten, wenn sie ihnen hätten nutzen können. Sie schienen endlich darauf zu fallen, uns in ein Segel gewickelt in die See zu werfen, weil sie die Absicht hatten, in einigen spanischen Häfen Handel zu treiben und sich dabei für Engländer auszugeben; wenn sie uns nun lebendig mitnahmen, konnten sie gestraft und ihr Betrug entdeckt werden; der Kapitän aber, der meine geliebte Zoraida geplündert hatte, sagte, daß er mit der gemachten Beute zufrieden sei und nicht begehre, nach einem spanischen Hafen zu fahren, sondern gleich nach Rochelle zu segeln, von wo er ausgelaufen sei; deshalb gaben sie uns das Boot aus ihrem Schiffe, nebst allem, was wir für unsern übrigen kurzen Weg brauchten. Dies taten sie am folgenden Tage, als wir Spanien schon vor uns sahen, mit welchem Anblicke alle unsere Sorgen und Armut im Augenblick vergessen wurden, als wenn wir nichts erlitten hätten. So groß ist die Freude, die verlorene Freiheit wiederzuerlangen.
    Es mochte ungefähr um Mittag sein, als wir das Boot bestiegen, in welches sie uns zwei Fässer Wasser und etwas Zwieback legten; der Kapitän, von einem gewissen Mitleiden bewogen, gab der schönen Zoraida beim Einschiffen vierzig goldene Taler und litt es nicht, daß ihr die Soldaten die Kleider auszogen, die sie noch jetzt trägt. Wir stiegen in das Fahrzeug und dankten für die Güte, die sie uns erzeigten, indem wir mehr erfreut als betrübt waren. Sie setzten ihren Lauf fort, indem sie sich nach der Meerenge wandten, wir aber richteten uns nach keinem anderen Kompaß als nach dem Lande, welches vor uns lag; wir ruderten so eifrig, daß wir mit dem Untergange der Sonne schon so nahe waren, daß wir glaubten, noch vor dem Einbruche der Nacht anlanden zu können; aber es war in dieser Nacht kein Mondschein, und der Himmel war so finster, wobei wir die Gegend nicht kannten, in welcher wir uns befanden, so daß wir es für gefährlich hielten, ans Land zu stoßen; einige von uns aber wollten, daß wir anlanden möchten, wenn wir selbst auf Felsen und fern von einem bewohnten Orte laufen sollten, denn so brauchten wir wenigstens nicht zu fürchten, daß wir auf tetuanische Korsaren gerieten, die in der Nacht von der Barbarei ausfahren und sich am Morgen an der spanischen Küste befinden, wo sie Beute machen, und dann, um zu schlafen, nach ihrer Heimat zurückkehren; andere aber meinten, daß wir uns langsam dem Lande nähern müßten, wie es auch die Stille des Meeres erlaubte, und dann aussteigen, wenn wir einen Landungsplatz anträfen. Dies geschah, und noch vor Mitternacht kamen wir an einen gezackten hohen Felsen, der aber nicht ganz dicht am Meere stand, sondern Raum genug übrigließ, daß wir hier anlanden konnten. Auf dem Sande standen wir still, dann stiegen wir alle aus, küßten die Erde und sagten mit den süßesten Freudentränen Gott, unserm Schöpfer, Dank für die große Güte, die er uns auf der Reise erwiesen hatte. Wir nahmen aus der Barke die Nahrungsmittel und zogen sie auf das Land, wir gingen hierauf eine große Strecke in das Gebirge hinein, denn ob wir uns gleich am Lande befanden, konnten wir unsere Brust immer noch nicht beruhigen und mit Zuverlässigkeit glauben, daß wir wirklich auf christlichem Boden ständen. Der Tag schien länger auszubleiben, als wir wünschten, wir stiegen nun alle das Gebirge völlig hinauf, um zu sehen, ob wir ein Dorf oder einige Schäferhütten von oben entdecken könnten; aber so sehr wir uns auch umsahen, erblickten wir doch kein Dorf, keinen Menschen, keine Hütte, keinen Fußpfad und keine Landstraße. Wir faßten aber alle den Entschluß, uns tiefer in das Land hineinzubegeben, weil wir doch bald irgend jemanden finden müßten, der uns zurechtweisen könne. Was mich am meisten betrübte, war, daß Zoraida in dieser wilden Gegend zu Fuße gehen mußte, denn wenn ich sie auch manchmal auf dem Rücken trug, so ermüdete sie meine Ermüdung nur mehr, als sie in der Ruhe ruhte, und daher wollte sie durchaus nicht, daß ich diese Arbeit übernähme; mit vieler Geduld und mit fröhlichen Gebärden ließ sie sich von mir an der Hand führen, und so mochten wir ungefähr eine Viertelmeile fortgewandert sein, als unser Ohr den Ton eines Glöckchens vernahm, woraus wir deutlich merkten, daß sich in der Nähe eine Herde befinden müsse; wir sahen uns von allen Seiten um und bemerkten an dem Stamme eines Korkbaums einen jungen Schä fer

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