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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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offen,
    Was du gesucht, geebnet dir die Bahn,
Erzittre nicht zu sehn
Den Tod auf jedem Schritte mit dir gehn.

    Die Trägen nie erringen
    Ruhmvolles Triumphieren, edlen Sieg, 
    Denn dem kann nichts gelingen,
    Der nicht mit seinem Glücke wagt den Krieg,
Der hin und wider schwankt,
Indessen jeder Sinn an Trägheit krankt.

    Daß Liebe ihr Ergötzen
    Nur teurer will verkaufen, dünkt mir schön,
Denn nichts gleicht jenen Schätzen,
Die durch ihr holdes Licht geläutert gehn,
Auch ist der Spruch bekannt,
Wohlfeil Gekauftes achtet man für Tand.
    Beständigkeit der Liebe
    Unmögliches zu Möglichem wohl macht, 
    Drum folg ich meinem Triebe,
    Zieht er mich gleich durch Klippen und durch Nacht,
Ich traue dem Entschluß,
Daß ich auf Erden Himmel finden muß.

    Hier endigte der Gesang, und Claras Seufzer fingen von neuem an. Alles erregte in Dorothea den Wunsch, die Ursache dieses süßen Gesanges wie dieser trübseligen Klage zu erfahren; sie fragte sie also von neuem darum, was sie vorher habe sagen wollen. Clara drückte sich hierauf dicht an Dorothea, damit Luzinde nichts hören möchte, und hielt ihren Mund so dicht an Dorotheas Ohr, daß sie sicher sein konnte, daß jene von ihrem Gespräche nichts vernahm, worauf sie sagte: »Der dort singt, liebe Señora, ist der Sohn eines Ritters, aus dem Königreiche Aragon gebürtig, der Herr von zweien Herrschaften, der dem Hause meines Vaters in Madrid gerade gegenüber wohnt; zwar hielt mein Vater die Fenster seines Hauses im Winter mit Vorhängen und im Sommer mit Jalousien verdeckt, auch weiß ich nicht, wann oder auf welche Art dieser Ritter, der den Studien nachging, mich gesehen hat, ob in der Kirche oder anderswo, aber kurz, er verliebte sich in mich und gab mir dies aus den Fenstern seines Hauses zu verstehen, und zwar mit so vielen Zeichen und Tränen, daß ich gezwungen wurde, ihm zu glauben, ja ihn zu lieben, ehe ich noch wußte, daß er mich liebte. Unter anderen Zeichen, die er machte, fügte er auch oft seine eine Hand mit der anderen zusammen, wodurch er mir zu verstehen gab, daß er sich mit mir verheiraten wolle; hierüber war ich sehr vergnügt, da ich aber einsam und ohne Mutter lebe, so hatte ich niemanden, dem ich die Sache mitteilen konnte, ich erzeigte ihm also keine andere Gunst, als daß ich, wenn mein Vater und der seinige ausgegangen waren, den Vorhang oder die Jalousie ein wenig aufhob und mich ihm zeigte, worüber er sich so sehr freute, daß er sich nicht anders als ein Wahnsinniger gebärdete. Es kam nun die Zeit heran, in der mein Vater abreiste, was er erfuhr, aber nicht von mir, denn ich konnte es ihm niemals sagen. Er wurde, wie ich nachher hörte, vor Betrübnis krank, und also konnte ich an dem Tage, als wir abreisten, nicht, wenigstens mit den Augen, Abschied von ihm nehmen. Nachdem wir aber zwei Tagereisen gemacht hatten und eben in unserem Nachtlager einkehren wollten, sah ich ihn in einem Dorfe, das eine Tagereise von hier liegt, unter der Tür des Hauses, in der Tracht eines Maultiertreibers, und zwar so natürlich, daß, wenn sein Bildnis nicht immer in meiner Seele lebte, ich ihn gewiß nicht erkannt hätte. Ich erkannte ihn, verwunderte und freute mich; er sah mich an, ohne daß es mein Vater bemerkte, vor dem er sich immer verbirgt, wenn er auf dem Wege und in den Herbergen je zuweilen an meiner Seite ist, und da ich nun weiß, wer er ist, und bedenke, daß er aus Liebe zu mir zu Fuß und so mühselig reist, bin ich so geängstigt, daß ich vor Bekümmernis sterben möchte, und wo er seine Füße hinsetzt, werfe ich meine Augen hin. Ich weiß nun nicht, was er will und wie er seinem Vater hat entlaufen können, der ihn außerordentlich liebt, weil er keinen andern Erben hat und weil er es in der Tat verdient, wie Ihr auch finden werdet, wenn Ihr ihn seht. So nimmt er auch alles, was er singt, aus seinem Kopfe, denn ich habe von ihm sagen hören, daß er sehr gelehrt und ein guter Poet ist; sooft ich ihn nur sehe oder singen höre, zittre ich und bin in der größten Angst, daß mein Vater ihn erkennen und hinter unsere Gesinnungen kommen möchte. Ich habe noch im Leben kein Wort mit ihm gesprochen, aber doch liebe ich ihn so sehr, daß ich ohne ihn nicht leben kann. Das ist, liebste Señora, alles, was ich Euch von diesem Sänger sagen kann, dessen Stimme Euch so sehr gefallen hat, und Ihr werdet nun wohl sehen, daß es kein Maultierbursche ist, wie Ihr glaubtet, sondern ein Herrscher über Seelen und Herrschaften, wie ich Euch

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