Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
Vom Netzwerk:
ausgestellt, weil er die Galeerensklaven frei gemacht, wie Sancho es immer mit vielem Grunde befürchtet hatte. Da ihm dieser Gedanke einfiel, wollte er sich überzeugen, ob die angegebenen Kennzeichen mit Don Quixote übereinstimmten, er nahm deshalb ein Pergament aus dem Busen und fand das, was er suchte; nun fing er an langsam zu lesen, denn das Lesen wurde ihm sauer, und bei jedem Wort, das er las, warf er die Augen auf Don Quixote und verglich die Kennzeichen des Befehls mit dem Gesichte des Don Quixote, worauf er überzeugt wurde, daß er der nämliche sei, den er hier beschrieben fand; und kaum wußte er dieses gewiß, als er sein Pergament wieder einsteckte, in der Linken den Befehl hielt und mit der Rechten den Don Quixote so kräftig beim Kragen ergriff, daß dieser kaum Atem holen konnte, wobei er mit lauter Stimme rief: »Im Namen der Heiligen Brüderschaft! und damit Ihr seht, daß ich recht habe, leset diesen Befehl, worin mir geboten wird, diesen Straßenräuber zu fangen.«
    Der Pfarrer nahm den Befehl und sah, daß der Häscher die Wahrheit sagte, da alle angegebene Kennzeichen auf Don Quixote paßten. Dieser aber, da er sich von einem so gemeinen Bösewicht so schlecht behandelt sah, geriet in die äußerste Wut, er strengte alle seine Kräfte an und packte mit beiden Händen den Häscher bei der Gurgel, daß, wenn ihm seine Gefährten nicht zu Hülfe gekommen, dieser eher den Geist aufgegeben als Don Quixote seine Beute fahrengelassen hätte. Der Wirt, der ihnen vermöge seines Amtes beistehen mußte, lief sogleich hinzu, um ihnen Hülfe zu leisten; die Wirtin, die ihren Mann von neuem in Händel verwickelt sah, erhob von neuem ihre Stimme, bei deren Klang auch Maritorne und die Tochter einstimmten und den Himmel sowie die Umstehenden um Hülfe riefen. Da Sancho sah, was vorging, rief er aus: »So wahr Gott lebt, es ist doch wahr, was mein Herr von den Bezaubereien dieses Kastells sagt, denn man kann nicht eine Stunde ruhig darin leben!«
    Don Fernando trennte den Häscher und Don Quixote und machte ihnen beiden zu ihrer Freude die Hände los, die dieser im Koller und jener in der Gurgel des andern verwickelt hatte; deshalb wollten aber die Häscher ihre Beute nicht fahrenlassen, sie riefen, man solle ihnen helfen den Menschen binden, dies sei man dem Könige und der Heiligen Brüderschaft schuldig, in deren Namen sie wiederum um Beistand baten, um diesen Spitzbuben, Straßenräuber und Buschklepper gefangenzunehmen.
    Don Quixote lachte, als er diese Reden hörte, und sagte mit großer Leutseligkeit: »Hört doch, ihr törichten und schlecht erzogenen Menschen; nennt ihr das die Straßen berauben, wenn man Gefesselte befreit, Gefangene losmacht, den Elenden Hülfe leistet, die Gefallenen aufrichtet, die Hülfsbedürftigen tröstet? O ihr nichtswürdigen Menschen, ihr verdient durch eure niederträchtige Dummheit, daß euch der Himmel die Trefflichkeit niemals einsehen läßt, welche die irrende Ritterschaft mit sich führt, daß er niemals diese sündhafte Unwissenheit von euch nimmt, die euch hindert, den Schatten eines irrenden Ritters zu verehren, wieviel mehr den Ritter selbst mit seiner körperlichen Gegenwart! Hört doch, ihr aufhaschenden Spitzbuben und keine Häscher! Ihr Straßenräuber unter Erlaubnis der Heiligen Brüderschaft! Wer war denn der Narr, der diesen Verhaftsbefehl gegen einen solchen Ritter ausfertigte, wie ich bin? Wer war so töricht, nicht zu wissen, daß die irrenden Ritter von jedem Gerichte ausgenommen sind, daß ihr Schwert ihr Gesetz, ihre Stärke ihr Gericht, ihr Wille ihre Vorschrift ist? Wer war jener Lumpenkerl, frage ich noch einmal, der es nicht wußte, daß kein anderer Mensch so außerordentliche Vorzüge und Befreiungen hat, als welche der irrende Ritter an dem Tage erhält, wenn er zum Ritter geschlagen wird und sich dem schweren Handwerke der Ritterschaft unterzieht? Welcher irrende Ritter zahlt Tribut, Zoll, Akzise, Fuhren, Fährgeld? Welcher Schneider legt ihm über seine Kleidung eine Rechnung vor? Welcher Kastellan nimmt ihn wohl in sein Kastell auf und läßt sich die Zehrung bezahlen? Welcher König zieht ihn nicht zur Tafel? Welche Jungfrau vertraut ihm nicht und übergibt sich gänzlich seiner Willkür? Und endlich: Welcher irrende Ritter war, ist und wird wohl in der Welt sein, der nicht die Gewalt hätte, für sich ganz allein vierhundert Häschern Prügel zu geben, wenn sie ihm in den Weg treten?«

    5. [46.] KAPITEL
    Merkwürdiges Abenteuer mit

Weitere Kostenlose Bücher