Don Quixote
diejenigen, die mit Don Quixotes Laune bekannt waren, war alles dieses etwas sehr Lächerliches; denen aber, die nichts davon wußten, schien es die größte Tollheit von der Welt zu sein, vorzüglich den vier Dienern des Don Luis, dem Don Luis selber und drei anderen Fremden, die in die Schenke gekommen waren und das Ansehen von Häschern hatten, welches Amt sie auch in der Tat bekleideten; wer aber am meisten darüber toll werden wollte, war der Barbier, dessen Bartbecken sich unter seinen Augen in den Helm Mambrins verwandelt hatte und der gar nicht zweifelte, daß aus seinem Kissen auch ein herrlicher Pferdesattel werden würde. Alle lachten, als Don Fernando herumging, die Stimmen zu sammeln, und sein Ohr hinhielt, um in aller Heimlichkeit zu erfahren, ob jenes Kleinod, über welches sich soviel Streit entsponnen, ein Kissen oder ein Sattel sei. Nachdem er alle Stimmen von denen gesammelt hatte, die mit Don Quixote bekannt waren, sagte er laut: »Mein guter Mann, ich bin es müde, so viele Urteile einzuholen, denn ich sehe, daß, wen ich nur um seine Meinung frage, antwortet, daß es toll sei, dies für ein Eselskissen zu halten, da es doch ein Pferdesattel sei, und zwar von einem Pferde von echter Race, deshalb müßt Ihr Euch in Geduld fassen, denn trotz Euch und Euerem Esel ist dies ein Sattel und kein Kissen, und somit habt Ihr Euere Sache verloren.«
»Nein, im Himmel nicht«, rief der arme Barbier aus, »Ihr irrt Euch, meine Herren, denn so gewiß ich auf meine Seligkeit hoffe, so gewiß ist es ein Kissen und kein Sattel; aber Gewalt geht vor Recht – – – Mehr will ich nicht sagen, aber ich bin doch wahrhaftig nicht besoffen, denn ich bin noch nüchtern, sonst mag mich der Satan gleich abrufen. Mehr kann ich nicht tun.«
Alle mußten über die närrischen Reden des Barbiers ebenso wie über die Tollheiten des Don Quixote lachen, der nunmehr sagte: »Nun ist also nichts weiter zu tun, als daß jeder das Seinige nehme; und was Gott ihm gegeben, mag Sankt Peter ihm gesegnen.«
Einer von den vieren sagte: »Wenn das nicht ein abgeredeter Spaß ist, so kann ich unmöglich glauben, daß Leute, die so ver ständig sind wie die hier gegenwärtigen, oder die mir wenigstens klug scheinen, sich unterstehen sollten, es mit Hartnäckigkeit zu leugnen, daß dieses ein Bartbecken, jenes ein Reitkissen sei; da ich aber sehe, daß alle es leugnen, so muß gewiß etwas dahinterstecken, auf einer Sache so hartnäckig zu bestehen, die so sehr gegen Vernunft und Augenschein streitet; denn das will ich schwören« – wobei er den kräftigsten Fluch ausstieß –, »daß mich alle Menschen in der ganzen Welt nicht davon abbringen sollen, daß dieses kein Bartbecken und jenes kein Eselskissen sei.«
»Es könnte ja auch von einer Eselin sein«, sagte der Pfarrer.
»Mag's doch«, sagte der Diener, »denn darauf kommt es hier nicht an, sondern ob dies ein Reitkissen ist oder ob es das nicht ist, wie Ihr behauptet.«
Da dies einer von den angekommenen Häschern hörte, der den Streit mit angesehen hatte, rief er voller Bosheit : »Es ist so gewiß ein Eselskissen wie mein Vater, und wer etwas anderes sagt, der ist besoffen!«
»Das lügst du wie ein nichtswürdiger Halunke«, antwortete Don Quixote und hob seine Stange auf, die er niemals aus der Hand ließ, worauf er einen so gewaltigen Hieb nach seinem Kopfe ausholte, daß, wenn der Häscher nicht ausgewichen wäre, er ihn niedergeschlagen hätte; die Stange sprang hierauf auf dem Boden in Stücke, und da die übrigen Häscher sahen, wie übel man ihrem Gefährten begegne, fingen sie laut an nach Hülfe für die Heilige Brüderschaft zu schreien. Der Wirt, der ein Mitglied derselben war, kam sogleich mit seinem Stabe und Degen herbei und stellte sich seinen Gefährten zur Seite; die Diener des Don Luis stellten sich um Don Luis, damit er ihnen nicht in dem Getümmel entwische; der Barbier, der den Tumult sah, griff wieder nach seinem Kissen, und ein Gleiches tat Sancho. Don Quixote nahm das Schwert zur Hand und griff die Häscher an, Don Luis schrie den Dienern zu, daß sie ihn las sen sollten und dem Don Quixote, Cardenio und Don Fernando beistehen, die sich alle des Don Quixote annahmen; der Pfarrer rief dazwischen, die Wirtin heulte, die Tochter weinte, Maritorne klagte, Dorothea war in Verwirrung, Luzinde erstaunt und Doña Clara in Ohnmacht. Der Barbier prügelte auf Sancho, Sancho drosch den Barbier, Don Luis – den ein Diener am Arm hielt, daß er nicht
Weitere Kostenlose Bücher