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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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nicht, auf andere Weise zu ziehen. Wohlbefinden, Fröhlichkeit und Müßiggang trifft man bei den weichlichen Höflingen, aber Beschwer, Unruhe und Waffenlast werden bei denjenigen gefunden, die die Welt die irrenden Ritter heißt, als zu welchen ich Unwürdiger mich zu den niedrigsten zähle.«
    Sowie sie diese Worte hörten, hielten sie ihn auch für närrisch, aber um dessen gewisser zu sein und zu sehen, von was Art seine Torheit sei, fragte Vivaldo: »Was meint Ihr mit diesen irrenden Rittern?«
    »Habt Ihr niemals«, antwortete Don Quixote, »die Annalen und Historien von England gelesen? in denen die berühmten Taten des Königes Arturus erzählt werden, den wir in unsrer Sprache gewöhnlich nur den König Artus nennen, von dem eine alte Sage durch das ganze Königreich Großbritannien geht, daß er nicht gestorben, sondern durch Zauberkunst in einen Raben verwandelt sei und daß er in künftigen Zeiten wieder regieren, seinen Thron besteigen und den Szepter ergreifen werde, weshalb es auch geschehen, daß seit jener Zeit bis jetzund kein Engländer einen Raben getötet hat. Zu den Zeiten dieses edlen Königs wurde der berühmte Ritterorden der Ritter von der Tafelrunde gestiftet, damals ereigneten sich die Liebeshändel, die vom Don Lanzarote vom See mit der Königin Ginevra erzählt werden, deren Mittlerin und Mitwisserin die ehrenvolle Dame Quintañona war, woraus die bekannte Romanze, die in unserm Spanien so oft gesungen wird, entstanden ist:

    Niemals ward ein edler Bote
    So bedient von Damen süß,
    Wie der große Lanzarote,
    Da er einst Bretagne ließ.

    Und wie das Gedicht dann süß und anmutig von seiner Liebe und Tapferkeit zu singen fortfährt. Hierauf verbreitete sich dann der Orden der Ritterschaft und erstreckte sich durch viele und verschiedene Teile der Welt. So waren durch Taten berühmt und gekannt Amadis von Gallia, nebst allen seinen Söhnen und Enkeln bis ins fünfte Glied, ingleichen der tapfre Felixmarte von Hircania und der niemals genug gepriesene Tirante der Weiße, und fast in unsern Tagen sahen und hörten wir ihn und lebten mit ihm, dem unüberwindlichen und wackern Ritter Don Belianis aus Graecia. Diese, meine Herren, sind irrende Ritter, und wie ich ihn beschrieben, so ist der Orden dieser Ritterschaft, den auch ich Unwürdiger ergriffen, und so, wie jene genannten lebten, so gleichermaßen lebe auch ich. Deshalb suche ich mir in diesen Wüsteneien und Einöden Abenteuer, indem ich mit freiwilligem Entschluß meinen Arm und meine Person der größten Gefahr gewidmet habe, die das Verhängnis mir nur in Errettung der Elenden und Hülfsbedürftigen zuschicken kann.«
    Diese Reden bestätigten es den Reisenden vollends, daß es Don Quixote am Verstande fehle, so wie sie nun auch wußten, von welcher Art Narrheit er beherrscht werde, worüber sie sich ebenso verwunderten wie alle diejenigen, die dies an ihm zum ersten Male gewahr wurden. Vivaldo, der ein verständiger Mann und von fröhlichem Temperamente war, suchte sich den übrigen kurzen Weg angenehm zu machen, den sie noch bis zur Begräbnisstelle hatten, er gab sich also Mühe, seine Tollheiten noch mehr in den Gang zu bringen. Er sagte daher: »Ihr, Herr irrender Ritter, habt Euch also, so scheint es, einem der strengsten Gelübde ergeben, die es nur auf Erden geben kann, und ich glaube, daß selbst das der Brüder Kartäuser nicht so streng sein dürfte.«
    »So streng mag wohl sein«, antwortete unser Don Quixote, »aber ob so notwendig, darüber sind meine Zweifel wohl begründet. Denn wenn man die Wahrheit gestehen soll, so tut der Soldat, der den Befehl seines Hauptmannes ausrichtet, nicht weniger als dieser Hauptmann, der ihm gebietet. Ich will nämlich sagen, die Mönche erbitten in Ruhe und Frieden vom Himmel das Glück der Erde, aber wir Soldaten und Ritter richten aus, was sie bitten, und verfechten es mit der Stärke unsers Arms und mit den Schneiden unsrer Schwerter, nicht von einem Dache bedeckt, sondern unter freiem Himmel, gänzlich den fast unleidlichen Sonnenstrahlen im Sommer und dem erstarrenden Winterfroste bloßgestellt. So sind wir also Gottes Diener auf Erden, sein Arm, durch den er seine Gerechtigkeit ausübt. Wie nun Krieg und alles, was mit ihm zusammenhängt und ihn angeht, nicht ohne Schweiß, Beschwer und Arbeit in Ausübung gebracht werden kann, so folgt, daß denjenigen, welche sich diesem unterziehen, gewiß mehr Arbeit bevorsteht als jenen, die in Muße und friedlicher Ruhe zu Gott beten. Ich

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