Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Donaugrund (German Edition)

Donaugrund (German Edition)

Titel: Donaugrund (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Silberhorn
Vom Netzwerk:
endlich. … Ja, ich hol ihn gleich ab.«
    »Also, Herr Wunderlich: Ist der Mann, den Sie am Abend des 19.   Dezember mit dem Opfer auf der Steinernen Brücke gesehen haben, unter den Personen dort drüben?«
    »Ich weiß nicht«, antwortete Dennis Wunderlich, der auch heute wieder nicht auf die obligatorische schräg aufgesetzte Kasperl-Kappe verzichtet hatte, nach einem kurzen Blick durch den Spiegel zögerlich. »Sehen mich die da drüben denn wirklich nicht?«
    Raphael seufzte, während ich ungeduldig verneinte. Dafür, dass Wunderlich so eine große Klappe hatte, war er ganz schön ängstlich. Schon am Telefon hatte er verzweifelte Bedenken geäußert, vor dem mutmaßlichen Täter in Erscheinung zu treten, und so hatten wir vorsichtshalber, um unseren einzigen Zeugen nicht zu demotivieren, von einer offenen Gegenüberstellung abgesehen.
    »Also«, fuhr ich barsch fort, »noch mal: Ist der Mann, den Sie am Abend des 19.   Dezember zusammen mit Jan Wahlner auf der Steinernen Brücke gesehen haben, unter den Personen?«
    »Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich das Gesicht nicht genau gesehen habe«, antwortete Wunderlich und sah mich flehend an. »Kann ich jetzt wieder gehen?«
    »Wenn Sie es geschafft haben, die acht Männer dort drüben genauer anzusehen als uns: gern.«
    Wunderlich seufzte, ließ dann seinen Blick aber folgsam nochmals in das Nebenzimmer schweifen. André König wirkte leider eindeutig nervös. Wie üblich hüpfte sein Adamsapfel auf und ab, immer wieder sah er sich wie gehetzt um. Haltsuchend klammerte er sich an seinem Nummerntäfelchen fest. Einer der Kollegen, die als Verdächtigen-Doubles agierten, hatte seine Aufregung zum Glück bemerkt und tat sein Bestes, um mittels angespannter Miene und nervösen Trommelns auf die Nummer in seinen Händen ebenfalls so zu wirken, als wäre ihm diese ganze Angelegenheit nicht geheuer. Für uns war Königs Nervosität natürlich nicht uninteressant, für einen genau beobachtenden Zeugen konnte seine Aufregung allerdings den Ausschlag für eine Fehlidentifikation geben. Dabei hatte ich durchaus Verständnis dafür, dass ein gesetzestreuer Bürger in einer solchen Situation eine gewisse Aufregung an den Tag legte.
    »Das ist echt schwierig«, sagte Wunderlich, ohne den Blick abzuwenden. »Die sehen sich alle viel zu ähnlich.«
    »Das ist das Prinzip einer Gegenüberstellung«, antwortete Raphael mit dem Anflug eines Grinsens. »Würden da drüben ein bebrillter Weißer und sieben Japaner stehen, hätten wir was verkehrt gemacht.«
    Auch Wunderlich grinste, bevor er ein weiteres Mal prüfend den Blick über die acht Männer schweifen ließ.
    Moritz beobachtete ihn immer noch gespannt, Raphael hingegen warf mir bereits einen Blick der Marke »Man kann nicht immer gewinnen« zu. Und Herbert war vermutlich schon eingeschlafen. Ein eindeutiges Erkennen, von dem ich nicht so genau wusste, ob ich es erhofft oder nicht doch vielmehr befürchtet hatte, war ausgeblieben. Und die Gegenüberstellung somit gelaufen; der obligatorische zweite Durchgang war nur noch Formsache, wenn Wunderlich jetzt nicht noch vom Blitz der Erkenntnis ereilt wurde.
    »Können die sich vielleicht mal umdrehen? Ich hab die Rückseite von dem Kerl ja viel länger gesehen als das Gesicht.« Seltsam, dass sich Dennis Wunderlich zu Beginn schon wieder beharrlich gesträubt hatte, nun aber plötzlich doch eine gewisse Motivation an den Tag legte. Vielleicht war ja noch nicht alles verloren.
    Moritz gab die entsprechende Anweisung durch, und die Männer drehten sich um – König in Windeseile, die anderen leider weitaus gemächlicher.
    Wieder seufzte Wunderlich. »Am ehesten noch der mit der Nummer eins«, sagte er schließlich und warf mir einen zweifelnden Blick zu. »Der sieht so ein bisschen schlaff aus, und ich glaube, das war bei dem Typen auf der Brücke auch so. Die anderen sind fast ein bisschen zu sportlich, glaube ich.«
    Ich würde den Teufel tun und Hugo von der Polizeiinspektion am Protzenweiher darüber informieren, dass unser einziger Augenzeuge ihn zwar nicht zweifelsfrei identifiziert, dafür aber seine Statur für schlaff befunden hatte.
    Wie erwartet führte auch der zweite Durchgang, mit vertauschten Stehpositionen und Nummerntäfelchen der acht »Verdächtigen«, zu keinem anderen Ergebnis, auch wenn Königs Nervosität sich mittlerweile in hektischen Flecken manifestiert hatte, die sich über das ganze Gesicht bis zum Hals erstreckten. Also ließen wir die Herrschaften

Weitere Kostenlose Bücher