Donaugrund (German Edition)
verstehe nicht ganz«, sagte er. Wir haben doch erst gestern –«
»Es haben sich noch ein paar Fragen ergeben«, unterbrach Raphael ihn forsch und forderte ihn mit einer knappen Geste auf, Platz zu nehmen.
Mit nervös hüpfendem Adamsapfel leistete André König ihm Folge.
»Herr König«, sagte ich mit beruhigender Stimme und fühlte mich wie die Mutter Teresa der bayerischen Polizei. »Frau Kleingrün hat uns von dem verlorenen Büroschlüssel erzählt. Sie haben sie ja gestern aus den Büroräumen hier befreit, richtig?«
Er nickte und warf mir einen fragenden Blick zu.
»Frau Kleingrün hat Ihnen auch erzählt, dass sie voraussichtlich bis spät am Abend hier sein würde, nehme ich an. Wissen Sie denn, wo sie ihren Büroschlüssel aufbewahrt?«
Verwirrt ließ er seinen Blick wieder über uns drei schweifen. Anscheinend hatte er wirklich nicht mit Fragen zu Celia gerechnet. »Keine Ahnung«, antwortete er schließlich. »In ihrer Handtasche, vermute ich?«
»Vermuten Sie oder wissen Sie?«, fragte Raphael mit spöttisch hochgezogenen Augenbrauen.
»Vermute ich. Die meisten Frauen tragen doch ihre Schlüssel in der Handtasche durch die Gegend, oder?« Wie König es trotz Raphaels nicht besonders höflichem Ton schaffte, selbst freundlich zu bleiben, war mir jetzt schon ein Rätsel. Vielleicht hatte er ja tatsächlich, als eines der wenigen Relikte einer längst vergangenen Ära, noch Respekt vor der Polizei? Leider brachte ihm das bei mir direkt einen weiteren Sympathiepunkt ein.
»Und mit Frauen kennen Sie sich aus, nehme ich an?«, pöbelte Raphael weiter.
König zuckte nur unentschlossen die Achseln.
»Sie haben den Schlüssel heute Morgen gefunden, Herr König … Wo genau?«
Mit sichtlicher Erleichterung wandte er sich wieder an mich. »Unter dem Schreibtisch.«
»Gut sichtbar?«
»Ja«, sagte er ohne eine Sekunde des Zögerns. »Er lag einfach mitten drunter …«
»Frau Kleingrün hat bereits gestern Abend nach dem Schlüssel gesucht – und ihn nicht gefunden, obwohl sie ebenfalls unter dem Schreibtisch nachgesehen hat. Wie erklären Sie sich das? Ein Schlüssel mit Tarnumhang?«, fragte Raphael mit beißender Ironie in der Stimme. Himmel, was konnte dieser Mann ätzend sein.
»Sie war völlig runter mit den Nerven«, wandte sich König um Verständnis heischend an mich. »Total durch den Wind und unglaublich verängstigt – sie dachte, es wäre noch jemand in den Räumen hier, weil die Kaffeemaschine plötzlich losging! Dabei war das nur das Reinigungsprogramm … Wahrscheinlich hat sie den Schlüssel in ihrer Panik einfach übersehen.«
»Warum haben Sie denn gestern nicht mehr mit ihr zusammen nach dem Schlüssel gesucht?«, fragte Moritz mit strenger Miene.
»Vielleicht, weil Sie wussten, dass das sinnlos gewesen wäre, wo Sie doch den Schlüssel zu Hause hatten?«, ätzte Raphael wieder dazwischen.
»Was unterstellen Sie mir hier eigentlich?« Endlich wirkte auch König aufgebracht, wenigstens ein wenig. »Celi war völlig fertig! Ich wollte mich davon überzeugen, dass niemand außer ihr hier in den Räumen war, und danach ging es mir nur noch darum, sie möglichst schnell heimzubringen!« Er schluckte. »Und … was soll das mit dem Schlüssel?«
Raphael ignorierte seine Frage. »An dem Morgen, an dem die tote Taube in der Schublade entdeckt wurde – waren Sie da zufällig früher als Frau Kleingrün im Büro? Oder am Vorabend länger?« Sein höhnischer Tonfall sprach Bände. Mittlerweile musste André König einfach klar sein, worauf wir hinauswollten.
»Am Vorabend haben wir gemeinsam Feierabend gemacht, aber am Morgen war ich tatsächlich früher als Celi hier.« Trotzig schob er die Unterlippe vor. »Und jetzt?«
»Jetzt, Herr König«, antwortete Raphael mit provozierender Gelassenheit, »könnten Sie langsam mal zugeben, dass Sie selbst es sind, der Frau Kleingrün schikaniert.«
König riss ungläubig die Augen auf. »Was? Wie kommen Sie darauf? Und weshalb …?« Ungläubig schüttelte er den Kopf. »Weshalb sollte ich das tun?«
»Ganz einfach«, antwortete Raphael mit einem triumphierenden Lächeln. »Weil Sie hoffen, Frau Kleingrün auf diese Art und Weise weichkochen zu können.« Sein Lächeln wandelte sich zu einer bedauernden Miene. »Funktioniert nur leider nicht so ganz, oder?«
»Das stimmt doch alles nicht!« König wirkte zunehmend hilf- und ratlos. Sein Adamsapfel hüpfte immer noch – oder schon wieder –, seine Hände untermauerten seine
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