Donaugrund (German Edition)
scheinbar mühelos unter den Nagel riss, was ihr selbst doch viel wichtiger war. Und wer hätte ihr schon garantiert, dass das nicht wieder passierte? Dass sich Sascha Hoyer nicht doch noch erweichen ließ?
»Weil sie Angst vor Celia hat. Weil sie sie endlich loswerden musste«, antwortete ich schließlich. Simone hatte gelitten. Und deshalb musste auch Celia leiden. »Und weil sie sich rächen wollte. So irrational das auch ist.« Nur so ergab es einen Sinn.
»Es muss so sein«, schloss Raphael.
»Und wir Idioten suchen die ganze Zeit einen Mann«, stöhnte Moritz auf.
»Solange am Ende der Suche ein überzeugtes ›Heureka‹ steht, ist mir das wurscht.« Raphael konnte schon wieder grinsen, aber ich war noch zu schockiert von den plötzlichen Erkenntnissen. »Blaulicht?«, fragte er.
»Verschone mich.« Meine angegriffenen Nerven sagten dazu eindeutig Nein.
»Alte Spaßbremse.« Mit quietschenden Reifen bog Raphael Richtung Innenstadt ab.
Auf unser Klingeln hin öffnete Jessica Egerjahn mit angespannter Miene die Glastür. »Einen Moment bitte«, sagte sie, wies auf die Wartestühle und flitzte den Gang entlang zu Hoyers Büro, bevor jemand von uns Einspruch erheben konnte.
»Wir kommen wohl nicht gerade gelegen«, flüsterte Moritz und lehnte sich an den Empfangstresen.
»Wann kommen wir schon gelegen?« Raphael trommelte ungeduldig mit den Fingerkuppen auf seinen Oberschenkel, und ich fixierte Simone Geiers Bürotür, als hätte ich Röntgenaugen. Keiner von uns wollte sich setzen.
Vielleicht war es nur meiner eigenen Anspannung zuzuschreiben, aber die Stimmung bei HEUREKA wirkte heute noch gedämpfter als sonst. An der Abzweigung zur Küche standen leise tuschelnd drei Mitarbeiter – wahrscheinlich der namenlosen Horde von Kundenbetreuern entsprungen –, ansonsten ließ sich niemand in der Halle blicken, und aus den geöffneten Bürotüren drang kein Laut.
Es dauerte nicht lange, bis Jessica Egerjahn wieder aus Hoyers Büro hetzte und forschen Schrittes hinter den Empfang steuerte. »Bitte?«, sagte sie schließlich atemlos.
»Wir haben von Frau Kleingrüns fristloser Entlassung gehört.« Ich bemühte mich um einen wertungsfreien Ton.
»Ja, schlimm, oder? Ich meine, ich hab Celia ja noch nie über den Weg getraut, aber dass sie ihren Job für ein paar Kröten riskiert, das hätte selbst ich ihr nicht zugetraut«, sprudelte sie wie gewohnt hervor. Mit einem gehässigen Gesichtsausdruck blickte sie zum Ende des Ganges, wo Celias und Andrés Büro lag. »Na ja, was will man erwarten? Die Hellste ist sie ja nun mal wirklich nicht. Aber egal, es geht heute ohnehin drunter und drüber, deshalb –«
»Es war wirklich ein guter Entschluss von Herrn Hoyer«, schnitt Raphael ihr das Wort ab, »die Nummern der Scheine bei der Polizei zu hinterlegen.«
»Ja, nicht wahr?« Ein triumphierendes Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht. »Dabei wollte er zuerst nicht. Hat sogar noch behauptet, wir hätten die Kasse einfach nicht ordentlich geführt. Na ja, aber zum Glück konnte ihn Simone doch noch überzeugen, zu Ihren Kollegen zu gehen.«
Volltreffer. Wenn man all die unnützen Informationen und Gehässigkeiten ignorierte, war Jessica Egerjahn wirklich eine äußerst praktische Gesprächspartnerin. »Ach, Frau Geier hat ihn davon überzeugt?« Immer schön dumm stellen. »Dann wusste sie auch davon, dass die Nummern der betreffenden Scheine bei der Polizei hinterlegt waren?«
»Klar, das habe ich ihr dann natürlich erzählt«, antwortete Jessica eifrig. »Sie wollte halt wissen, wie die Polizei in diesem Fall vorgeht, verstehen Sie? Ist ja logisch, nachdem Celia auch sie mit ihrem ersten Diebstahl in Verdacht gebracht hat. Aber das ist ja jetzt vom Tisch, zum Glück.« Wie zur Bestätigung atmete sie erleichtert auf.
Diese freiwillige Sprechpause konnte ich mir nicht entgehen lassen. »Herr Wahlner war doch ab und an geschäftlich verreist«, sagte ich und achtete verzweifelt darauf, selbst wiederum keine Pause zu machen, um ihr nur ja nicht die Gelegenheit zu geben, weiterzuquasseln. »Wenn eine Hotelrechnung eintraf, bei wem ist die dann gelandet?«
»Bei Simone natürlich«, antwortete Jessica ohne zu zögern. »Sie hat alles Organisatorische für Jan und Sascha übernommen. Na ja, für Jan zumindest bis zu Celias wundersamem Aufstieg.« Sie schaffte es tatsächlich, gleichermaßen anzüglich wie pikiert zu lächeln. »Dann hat Celia sich natürlich die Rosinen herausgepickt. Aber die
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