Donaugrund (German Edition)
Tippsenarbeiten, also die Reiseplanung und Rechnungsprüfung und so, die durfte Simone natürlich auch noch weiterhin machen.«
»Sie hatten bei unserem ersten Gespräch eine Rechnung über ein Doppelzimmer erwähnt, die zum Bekanntwerden der Affäre zwischen Frau Kleingrün und Herrn Wahlner geführt hat«, erinnerte Moritz betont sachlich. »Das heißt also, die Erste, die davon wusste, war Frau Geier?«
Jessica Egerjahn beäugte ihn misstrauisch, nickte aber dennoch. »Ja, klar. Ich meine, schön blöd von Jan, oder? Simone hat natürlich immer zwei Einzelzimmer für Jan und Celi gebucht, aber er hat anscheinend regelmäßig vor Ort umgebucht und den Hotels gesagt, sie sollen trotzdem die zwei Einzelzimmer berechnen. Nur im November in Hamburg hat er’s wohl vergessen. Na ja, und dann war natürlich alles klar. Wir hatten’s ja ohnehin längst vermutet – weshalb hätte er sonst Celia die besten Projekte übergeben sollen, wenn nicht dafür, dass sie zum Dank die Beine breitmacht. Typisch, echt. Dabei –«
»Also hat Frau Geier hier verbreitet, dass die beiden ein Verhältnis hatten?«, funkte Raphael wieder rigoros dazwischen.
»Was heißt schon ›verbreitet‹ ?« Jessica Egerjahn schien irritiert. »Sie hat’s mir halt einfach erzählt.« Was zweifellos auf das Gleiche herauskam. Mit dieser Antwort hatte sie nun also auch den letzten Zweifel zerstreut.
»Wir müssen mit Frau Geier sprechen«, sagte ich also. »Jetzt sofort.«
»Das geht nicht«, antwortete Jessica und sah mit weit aufgerissenen Augen von Raphael zu mir. »Simone ist vor einer Viertelstunde nach Hause gegangen. Sie hat sich für den Rest des Tages krankgemeldet. Na ja, kein Wunder nach dem Schock.« Sie zuckte mitleidslos die Achseln. »Aber was ist? Warum schauen Sie so komisch? Hab ich was Falsches gesagt?«
»Sie hatte einen Schock wegen der Entlassung von Frau Kleingrün?«, fragte Raphael, ohne auf Jessicas Fragen einzugehen.
»Nein, doch nicht deswegen.« Sie winkte ab, als wäre Celias Jobverlust lediglich ein winziges Krümelchen in den firmeninternen Geröllhalden. Aber wahrscheinlich war es das auch. »Viel schlimmer«, fuhr sie fort, »wenigstens für Simone: Beate Wahlner kommt zurück in die Firma, das wurde gerade eben bekannt gegeben. Sie übernimmt Jans Posten in der Geschäftsleitung.« Jessica nickte theatralisch wie eine drittklassige Schauspielerin der Laienspieltruppe Wanne-Eickel Süd.
»Und wo liegt das Problem?«, fragte Moritz.
Ich hingegen erinnerte mich vage daran, dass Beate Wahlner nicht besonders gut auf Simone Geier und Leo Wollenschläger zu sprechen war.
»Die beiden verbindet eine alte Feindschaft«, erklärte Jessica mit einem gleichgültigen Achselzucken, »noch aus der Zeit vor Beas Babypause. Das wird nicht einfach für die liebe Simone.« Warum Jessica Egerjahn schadenfroh klang, verstand ich beim besten Willen nicht. Wahrscheinlich war das einfach wieder ihre ureigene Boshaftigkeit, die sich gegen alles und jeden richtete.
»Leo hat Sascha vor ein paar Minuten seine Kündigung auf den Tisch geknallt. Wenigstens sind wir den also auch bald los … Obwohl, ich weiß nicht, ob Bea besser ist.« Sie gluckste. Der Lästerstoff würde ihr also nicht ausgehen. »Na ja, aber Simone … Die räumt ihren Posten sicher nicht freiwillig.«
Ob sie sich da nicht täuschte? Simone hatte also, kurz nach ihrem Triumph über Celia, erfahren, dass der Kampf um ihren Job noch nicht zu Ende war. Im Gegenteil, man setzte ihr jemanden vor die Nase, der nicht nur jemand anderen vorzog, sondern sie mit großer Wahrscheinlichkeit gar nicht erst in der Firma haben wollte. Ihr Stuhl bei HEUREKA war mit Beas Rückkehr also sogar wackliger als zuvor. Und das, nachdem sie so viel Energie investiert hatte, so viele Risiken eingegangen war! Sie musste sich fühlen, als hätte sich die ganze Welt gegen sie verschworen. Als wäre alles für die Katz gewesen, als hätte sie einfach keine Chance, zu gewinnen.
Es sah Simone Geier nicht ähnlich, sich krankzumelden. Vielleicht hatte sie es ausnahmsweise doch getan, um zur Ruhe zu kommen und diesen Rückschlag zu verdauen. Vielleicht dachte sie aber auch schon über den nächsten Schlachtplan nach. »Wo ist Beate Wahlner jetzt?«, fragte ich alarmiert.
»Noch in Saschas Büro.« Jessica verdrehte die Augen. »Mit ihren kreischenden Kids.«
Gut. Beate Wahlner und ihre Kinder waren somit in Sicherheit.
Und wenn Simone Geier beschlossen hatte, den Kampf endgültig
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