Donaugrund (German Edition)
bereitwillig und kurzfristig weiterhelfen, wenn ich »mal schnell« eine Frage habe oder Rat brauche – selbst wenn sie wissen, dass »mal schnell« auch eine ganze Weile dauern kann …
Sonja Silberhorn
REGENWALZER
Kriminalroman
ISBN 978-3-86358-088-9
Leseprobe zu Sonja Silberhorn,
REGENWALZER
:
Auftakt
4. November
Nervöses Schlucken, als das Rufzeichen ertönt.
Dort, wo der Zeigefinger die Maustaste berührt hat, ist ein feuchter Film zurückgeblieben.
Das Mikrofon wird hastig noch ein Stück näher an den Lautsprecher gerückt.
Viel zu schnell hebt er ab. Grußlos, wie immer. »Was gibt’s?«
»Sie will nicht mehr zahlen.«
»Was?«
»Sie will nicht mehr zahlen, weigert sich einfach! Weil ihr das jetzt sowieso nichts mehr bringt …« Unüberhörbare Verzweiflung in der Stimme. Und eine Kehle wie ausgedörrt.
»Okay … Dann verhalte dich einfach ruhig. Mehr können wir jetzt nicht tun.«
»Das ist das Problem. Ich … ich hab die Kontrolle verloren! Hab ihr ziemlich Druck gemacht.«
»Sag mal, was ist eigentlich los mit dir? Reiß dich bitte endlich zusammen!«
»Mir wächst das alles über den Kopf. Ich … ich hab im Moment die Nerven nicht …« Viel zu viel Angst, die mitschwingt.
»Das solltest du aber! Willst du, dass alles rauskommt? Dann war’s das, vor allem für dich.«
»Sie will zu den Bullen gehen.« Und das wäre wirklich das Ende.
»Scheiße. Ich lass mir was einfallen.«
Der erste Hörer knallt auf die Gabel, der zweite folgt. Kraftlos.
***
»Verdammter Mist!« Entnervt zerrte ich das zusammengefaltete Stück Papier unter Wenzels Scheibenwischer hervor. Das war das vierte Knöllchen innerhalb der letzten beiden Monate! In Gedanken verfluchte ich wie so oft die Hausverwaltung, die mich seit drei Jahren auf der Warteliste für einen Tiefgaragenstellplatz darben ließ. Oder eher verschimmeln.
Mit einem lauten Seufzen schloss ich meinen mittlerweile etwas derangierten rostroten VW Golf auf und ließ mich auf den Sitz fallen. Leider erinnerte ich mich erst beim leisen Knacken unter mir an Hannes’ Sonnenbrille auf dem Fahrersitz – er hatte sie vor ein paar Tagen in meiner Wohnung vergessen. Eigentlich wollte ich sie ihm heute nach der Arbeit vorbeibringen. Frustriert hieb ich gegen das Lenkrad und stieg aus, um den Schaden zu begutachten.
Mein Hinterteil hatte ganze Arbeit geleistet: Die Designer-Sonnenbrille hatte nun ein Design, das man wohlwollend als futuristisch bezeichnen konnte. Mit weniger Wohlwollen besehen war sie, nun ja, einfach Matsch.
Warum schleppte Hannes auch im tristen Regensburger November eine Sonnenbrille mit sich herum? Völlig überflüssig, meines Erachtens. Seit Tagen war der Himmel grau und wolkenverhangen, der Nebel lichtete sich, wenn überhaupt, erst am Nachmittag und erweckte den Eindruck beständigen Nieselregens.
Hektisch klaubte ich die Designer-Einzelteile zusammen und warf sie auf den Beifahrersitz, bevor ich mich wieder hinter Wenzels Lenkrad klemmte, mein Handy aus der Handtasche kramte und mit fliegenden Fingern Hannes’ Nummer wählte. Besser gleich beichten, dann war das wenigstens vom Tisch. Das Tuten des Freizeichens strapazierte meine angegriffenen Nerven.
Aber es gibt mir die Gelegenheit, mich kurz bei Ihnen vorzustellen – oder mich zurückzumelden, sollten Sie bereits meine Bekanntschaft gemacht haben. Für alle Neuen in unserem trauten Kreis: Es freut mich sehr, dass Sie zu uns gefunden haben. Sie möchten wissen, wer sich da so plump-vertraulich an Sie heranmacht? Also: Mein Name ist Sarah Sonnenberg, ich bin neunundzwanzig Jahre alt und arbeite im Kommissariat 1 der Regensburger Kripo, wo ich mich hauptsächlich mit der Aufklärung von Tötungsdelikten jeglicher Art herumschlage. Das ist halb so spannend, wie Sie vielleicht glauben, aber wahrscheinlich aufregender als ein Job beim Kleintierzüchterverein oder bei der Müllabfuhr von Castrop-Rauxel, insofern können Sie hoffentlich halbwegs beruhigt weiterlesen. (Liebe Kleintierzüchterinnen und -züchter, liebe Castrop-Rauxeler Müllfrauen und -männer: Bitte sehen Sie mir die Mutmaßung nach, Ihre Tätigkeit wäre nicht aufregend! Ich bin sicher, Sie haben eine gute Wahl getroffen! Es ist nur … Tatsächlich bin ich zum Beispiel noch nie über einen Kleintierzüchterkrimi gestolpert. Oder gibt es Abfallentsorgungskrimis? Falls Sie einen kennen, freue ich mich sehr über Ihre Empfehlung!)
Ich bin zudem glückliche Mieterin einer kleinen,
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