Donavan und das süsse Leben
er.
»Ich glaube nicht, daß wir uns kennen?«
»Mein Name ist Donavan, Paul
Donavan. Das hier ist Gloria Buchan. Wir wohnen in der Nähe, und Gloria meinte,
ob wir an diesem schönen Abend nicht vielleicht einen Spaziergang machen und
eine alte Freundin von ihr, die hier arbeitet, besuchen könnten. Jennie Moss.«
»Wollen Sie nicht
hereinkommen?« fragte er höflich.
Gloria gab einen unterdrückten
Laut des Protests von sich, deshalb stupste ich den Daumen noch einmal
kräftiger gegen den empfindlichen Nerv, der zwischen den beiden Ellbogenknochen
liegt, und sie landete in der Eingangsdiele wie ein geölter Blitz. Mike schloß
die Tür hinter uns und lächelte erneut.
»Ganz sicher wird der
>Besitzer< Sie beide gern sehen wollen«, sagte er. »Haben Sie etwas
dagegen, hier drinnen zu warten?« Er öffnete eine Tür und forderte uns mit
einer Handbewegung auf, einzutreten. »Es dauert nicht lange.«
Wir traten in einen Salon, der
elegant im Stil der Zeit eingerichtet war. Über dem Kamin hing das Porträt
einer nackten Frau, auf dem absolut gar nichts der Fantasie überlassen war. Ich
blieb bewundernd davor stehen und ließ Glorias Ellbogen los.
»Du bist total verrückt!«
zischte sie. »Wie kommst du dazu, ihm zu sagen, ich sei eine Freundin von
Jennie Moss? Nun werden sie uns überhaupt nicht mehr gehen lassen.«
»Du bist im Bett einfach eine
Wucht, Gloria«, sagte ich aufrichtig. »Es ist fast ein Jammer, daß ein Talent
wie das deine an nur einen einzigen Mann vergeudet wird. Auch wenn im
Augenblick zufällig ich der Glückliche bin.«
Sie öffnete und schloß den Mund
ein paarmal, aber kein Wort kam mehr heraus. Ein guter Trick, um ein weibliches
Wesen sprachlos zu machen, dachte ich selbstgefällig, dann öffnete sich die
Tür, und sie betraten hintereinander das Zimmer. Der >Besitzer< gefolgt
von Lottie, Mike Randolph dicht hinter ihr. Letzterer schloß die Tür und lehnte
sich mit dem Rücken dagegen, nach wie vor das höfliche, zuvorkommende Lächeln
auf dem Gesicht.
»Mr. Donavan«, sagte der
>Besitzer<. »Welch unerwartetes Vergnügen!«
»Wie die Ratte, die aus eigenem
freien Willen in die Falle tappt«, bemerkte Lottie.
»Das hier ist Gloria Buchan«,
sagte ich. »Gloria, dies ist Lottie, und das ist der >Besitzer<. Seinen
wirklichen Namen weiß ich nicht, aber das spielt wohl keine Rolle.«
Lottie betrachtete Gloria mit
geübtem Blick von oben bis unten und begann beinahe zu sabbern. Der
>Besitzer< nickte vage in ihre Richtung, aber seine Aufmerksamkeit blieb
auf mich konzentriert.
»Wenn Ihr Faktotum vorhat,
durch die Hintertür ins Haus einzubrechen, wird er nicht sehr weit kommen«,
sagte er. »Aber ich würde von Ihnen ohnehin etwas Raffinierteres erwarten.«
»Es handelt sich um einen rein
freundschaftlichen Besuch«, erklärte ich.
»Nicht wie beim letztenmal?«
»Beim letztenmal hatten Sie
meinen Mann Hicks in den Keller eingesperrt, haben Sie das vergessen?«
»Und er hat mich in den
Kofferraum Ihres Wagens gestopft, nachdem Sie mich auf bösartige Weise
angegriffen hatten«, erwiderte er kalt. »Sie haben den Major blutig geschlagen
und Lottie übel zugesetzt, als Sie hier waren. Und ich erinnere mich nach wie
vor noch lebhaft an meine Suche nach dem Schlüsselring in dem schlammigen
Graben und daran, daß ich, nachdem ich ihn nach einer halben Stunde gefunden
hatte, feststellen mußte, daß Sie den Zündschlüssel entfernt hatten, so daß mir
nichts anderes übrigblieb als splitterfasernackt nach Hause zu wandern. Ich
kann mir nicht vorstellen, auf welche Weise Sie in diesem Haus hier einen
freundschaftlichen Besuch machen wollen, Donavan.«
»Kennen Sie einen Mann namens
Christie?« fragte ich ihn.
Er schüttelte den Kopf. »Sollte
ich ihn kennen?«
»Er weiß jedenfalls alles über
Sie«, sagte ich. »Er hält Ihr Bordell hier für ein gefährliches Etablissement,
weil Sie eine Menge prominenter Leute als Kunden haben. Jennie Moss war von ihm
hier eingesetzt worden, damit sie über einen Ihrer Kunden Informationen nach
draußen schmuggelte. Gloria hier arbeitet mit Christie zusammen.«
»Dieses Luder, diese Moss!«
sagte Lottie leidenschaftlich. »Ich habe ihr nie getraut.«
»Na schön«, sagte der
>Besitzer< ruhig. »Für den Augenblick will ich einmal auf Ihr Spiel
eingehen, Donavan. Wieso ist dieser Christie an unserem kleinen Unternehmen
hier so interessiert?«
»Das weiß ich nicht genau«,
antwortete ich. »Ehrlich gestanden bin ich ziemlich verwirrt. Aber er
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