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Donavan und das süsse Leben

Donavan und das süsse Leben

Titel: Donavan und das süsse Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Charles ist ein
Superagent, wie?« sagte ich bewundernd.
    »Ich mag ihn auch nicht. Aber
er ist nicht dumm.«
    »Da hast du sicher recht«,
pflichtete ich bei.
    »Möchtest du Kaffee haben?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Darf ich dir eine Frage
stellen, Paul?«
    »Natürlich«, sagte ich
großmütig.
    »Du hast Jennie Moss’ Leiche in
den Kofferraum deines Wagens gelegt. Was wird Hicks damit anfangen, wenn er
nach London kommt? Er muß jetzt seit rund zwei Stunden dort sein.«
    »Keine Ahnung, was er damit
tut«, sagte ich. »Wir arbeiten auch auf der Basis >Nur das Nötigste
mitteilen< miteinander. Was ich nicht zu wissen brauche, wird Hicks mir
nicht sagen.«
    »Sehr komisch«, murmelte sie
mit gepreßter Stimme. »Bis vor fünf Minuten habe ich mich darauf gefreut,
wieder mit dir zu schlafen. Jetzt bin ich nicht mehr so sicher.«
    »Wollen wir vielleicht statt
dessen einen Spaziergang machen?«
    »Ist das dein Ernst?«
    »Natürlich ist es mein Ernst.
Draußen gibt es eine der größten Raritäten Englands — einen schönen Abend.«
    »Na schön«, sagte sie.
»Vielleicht versetzt dich das in bessere Laune.«
    Wir waren im Begriff, einen
Spaziergang in ländliche Einsamkeit zu machen. Die Wahrscheinlichkeit, daß wir
unterwegs jemandem begegnen würden, war gering, die, daß es sich um jemanden
handelte, der Gloria kannte, gleich null. Aber da sie eine Frau war, brauchte
sie zwanzig Minuten, um sich zu kämmen und ihr Make-up zu erneuern. Ich wartete
mit so viel Geduld, wie ich nur eben aufbringen konnte, bis sie endlich fertig
war. Sie trug eine schwarze Seidenbluse und schwarze Hosen, und die mehrfach
geschlungene dünne Goldkette hing ihr vorne in die tiefe Kluft zwischen ihren
Brüsten.
    Ich führte sie über die Wiesen,
vorbei an der Stelle, wo Hicks und ich unser mißglücktes Picknick abgehalten
hatten, und dann über drei weitere Wiesen.
    »Soll das ein Marathonlauf
werden?« fragte sie verbittert, als ich ihr über ein Gatter half.
    »Ich wollte dir nur eine Stelle
von lokalem Interesse zeigen«, sagte ich. »Ich glaube, wir sind beinahe da.«
    Nach weiteren zwei Minuten
waren wir hinter einer Baumreihe angelangt. Mein Orientierungssinn hatte mich
zu meiner Freude nicht im Stich gelassen. Die Seite des Hauses lag in ungefähr
fünfzig Meter Entfernung vor uns.
    »Ist es hier?« sagte Gloria
verächtlich.
    »Siebzehntes Jahrhundert mit
allem Drum und Dran«, sagte ich. »Bist du nicht beeindruckt?«
    »Du hättest mir eine
Ansichtspostkarte davon zeigen und meinen Füßen den mühsamen Weg ersparen
können.«
    »Das ist das Haus, das Charles
gern mit einem einzigen großen Knall verschwinden sehen würde«, sagte ich.
    »Das ist es? Das Bordell?«
    »Ganz recht.«
    »Es sieht überhaupt nicht wie
ein Bordell aus.«
    »Wie zum Kuckuck sieht ein
Bordell denn von außen aus?« fragte ich sachlich.
    »Vermutlich hast du recht. Es
ist faszinierend.«
    »Willst du auch das Innere
sehen?«
    »Liebend gern«, erwiderte sie.
»Wäre es nicht herrlich, wenn wir uns unsichtbar machen und — « Sie hielt
plötzlich inne und sah mich mit aufdämmerndem Mißtrauen an. »Das meinst du doch
wohl nicht im Ernst! Du willst doch nicht wirklich vorschlagen, daß wir — «
    »Warum nicht?« sagte ich. »Den
>Besitzer< kenne ich bereits. Wir haben eine Menge gemeinsam. Jennie
Moss’ Leiche zum Beispiel.«
    »Du machst doch Spaß, Paul!« In
ihrer Stimme lag ein flehender Unterton. »Das kann nicht dein Ernst sein. Ich
meine, das wäre doch entsetzlich gefährlich!«
    »Möglicherweise bieten sie uns
sogar einen Drink an.«
    »Ich gehe nicht!«
    Ich umfaßte ihren Ellbogen mit
festem Griff, wobei ich den Daumen zwischen die beiden zarten Knochen gleiten
ließ, und schob sie vorwärts. Sie zuckte vor Schmerz zusammen, setzte sich
jedoch gehorsam in Bewegung. Bald darauf waren wir beim Haus angelangt und
gingen darum herum zum Vordereingang. Ich drückte auf den Klingelknopf, und wir
warteten.
    »Du sadistischer Drecksack«,
flüsterte Gloria bösartig.
    Der Bursche, der uns die Tür
öffnete, war so groß wie ich und schätzungsweise zwanzig Pfund schwerer. Sein
Gesicht war tief gebräunt, so tief, daß sein kurzgeschorenes blondes Haar fast
weiß wirkte. Er lächelte freundlich, wobei er perfekte weiße Zähne zeigte,
während seine hellblauen Augen keine Sekunde lang etwas von ihrer Kälte
einbüßten.
    »Guten Abend«, sagte er mit
angenehm klingendem Baß.
    »Sie sind Mike?« fragte ich.
    »Mike Randolph«, bestätigte

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