Donner: Die Chroniken von Hara 3
gerade bemerkt.«
Vor dem Stadttor standen vier schwarzhaarige Männer in warmer Kleidung. Ihre Umhänge zeigten die Farben der Nabatorer Armee. Als sie uns bemerkten, lief einer von ihnen zu dem nächststehenden Haus. Als wir den Posten erreichten, erwarteten uns bereits drei Männer mehr. Ein nicht sehr hochgewachsener Soldat mit schwarzem Schnauzbart maß uns mit einem aufmerksamen Blick.
»Führen euch Geschäfte in die Stadt oder seid ihr auf der Durchreise?«, fragte er ohne jede Feindseligkeit, aber mit starkem Akzent.
»Wir suchen einen Ort, an dem wir den Winter verbringen können«, erklärte Typhus.
»Wird es euch in den Wäldern zu kalt?«, stichelte einer der anderen Männer.
»Habt ihr eine Erlaubnis, Waffen zu tragen?«, erkundigte sich der Mann mit dem Schnauzer, zu Kallens Streitaxt und meinem Bogen hinnickend.
»Nein«, gab Typhus zu.
»Dann gibt es drei Möglichkeiten. Entweder ihr zahlt dem Nabatorer König eine Gebühr, mit der ihr das Recht erwerbt, einen Monat lang Waffen zu tragen. Danach könntet ihr die Erlaubnis gegen Entrichtung einer neuerlichen Gebühr verlängern. Oder ihr gebt die Waffen ab. Oder ihr werdet gehenkt.«
»Was kostet die Erlaubnis und wo müssen wir die Gebühr entrichten?«, wollte ich wissen.
»Drei Sol je Nase. Die Gebühr ist beim Magistrat zu entrichten.«
»Und wenn wir diese Summe nicht haben?«
»Dann werden eure Waffen eingezogen, bis ihr die Gebühr entrichten könnt. Die Erlaubnis gilt übrigens nur für Dolche und Jagdmesser. Hast du gekämpft?«
»Ja«, gab ich zu.
»Wo?«
»Im Sandoner Wald.«
Er sah mich aufmerksamer an.
»Und in diesem Krieg?«, hakte er nach.
»Hab ich meinen verdienten Urlaub genossen.«
Irgendeinen Spaßvogel brachte diese Antwort zum Lachen.
»Und du?«, wandte er sich an Kallen. »Hast du auch nur im Sandoner Wald gekämpft?
»Ja«, log dieser.
»Wir verschonen alle Soldaten, die Seiner Hoheit einen Eid leisten«, stellte er uns grinsend in Aussicht. »Mit Ausnahme von Kriegsverbrechern, versteht sich. Wo wollt ihr Quartier nehmen?«
»Jetzt bringt uns erst mal zu eurem Kommandanten«, verlangte Typhus nun.
Kallen sah sie ungläubig an, die Nabatorer taten es ihm nach.
»Sonst hast du keine Wünsche?«, blaffte sie der Mann mit dem Schnauzer an.
»Du bist doch ein schlauer Kerl«, entgegnete Typhus, »also vergeude bitte weder deine noch unsere Zeit. Ich muss dem Befehlshaber dieser Garnison etwas mitteilen.«
»Soll ich ihm eine verpassen?«, fragte einer der Männer und trat bereits näher an uns heran.
»Noch nicht«, entschied der Mann mit dem Schnauzer. »Also gut, mein Junge. Ich bringe dich zu jemandem, allerdings nicht zu unserem Kommandanten. Sondern zu unserem Hauptmann. Soll der entscheiden, was mit euch geschieht. Falls ihr seine Zeit aber nur vergeudet, bekommt ihr ernsthafte Schwierigkeiten. Gebt eure Waffen ab!«
Wir gehorchten. Danach bedeutete er uns mit einem Wink, ihm zu folgen. In Begleitung unserer Ehrengarde trotteten wir durch die Stadt.
»Weiß Pork, was er tut?!«, fragte mich Kallen im Flüsterton.
»Keine Sorge, er versteht sich ganz hervorragend aufs Lügen.«
Diese Auskunft beruhigte ihn zwar nicht, aber immerhin verzichtete er darauf, das Problem eingehend mit mir zu erörtern. Seine nervösen Blicke deuteten jedoch darauf, dass er fest glaubte, zur Schlachtbank geführt zu werden.
Die Straßen waren eng, dreckig und voller Menschen, die allesamt ihren Geschäften nachgingen. Einige musterten uns erst neugierig, senkten dann aber rasch den Blick und eilten weiter. Hier und da blitzte in der Menge zwar ein Umhang der Nabatorer auf, insgesamt wunderte ich mich aber darüber, wie wenig Soldaten sich in der Stadt aufhielten. Die Garnison, die hier stationiert worden war, konnte nicht besonders groß sein …
Die Soldaten brachten uns zum Magistrat, einem massiven Steinbau am Rand des Marktplatzes, der dem Meloth-Tempel gegenüber stand.
»Wartet hier«, befahl der Mann mit dem Schnauzer und verschwand in dem Haus.
Wir blieben unter der Bewachung der anderen Soldaten zurück. Als der Nabatorer zehn Minuten später wiederkam, winkte er uns hinein.
»Du bleibst draußen«, zischte Typhus Kallen zu. Als der schon zum Widerspruch ansetzte, fügte sie hinzu: »Das ist nur zu deinem Besten.« Anschließend wandte sie sich an unsere Eskorte: »Wir brauchen ihn da drinnen nicht, mag er hier warten.«
»Auf deine Befehle kann ich verzichten, Junge!«, herrschte einer der Männer
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