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Donner unter der Kimm

Donner unter der Kimm

Titel: Donner unter der Kimm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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anderen Schiffen des Geschwaders stießen. Wie lange konnte Bolitho an Bord bleiben? Ihn nach Malta zu schicken, hätte den Verlust eines weiteren Schiffes bedeutet. Eine brutale Tatsache, aber eine, auf die Bolitho selbst als erster hingewiesen hätte.
    »Offizier der Wache, Sir!« rief der Posten gedämpft.
    Ein Leutnant blieb in der Tür stehen. »Empfehlung des Ersten Offiziers, Sir, und die Boote sind bereit. Signal von
Icarus:
›Erbitte Erlaubnis zum Anfangen.‹«
    Normalerweise hätte Keen nur gelächelt. Kapitän Houston war immer bemüht, dem Flaggschiff eine Nasenlänge voraus zu sein. Diesmal war es anders. »Signal an
Icarus:
Befehl abwarten!« Er sah den Leutnant zusammenzucken und versuchte es noch einmal. »Tut mir leid, Mr. Phipps. Meine Empfehlungen an den Ersten Offizier. Ich komme gleich an Deck.«
    Der junge Leutnant war auf Keens
Achates
Midshipman gewesen. Keen betrachtete ihn traurig. »Ja, Leutnant Hallowes ist nun leider gefallen. Doch er starb tapfer, wie man mir versicherte. Ich weiß, daß Sie mit ihm befreundet waren.«
    Phipps entfernte sich. Man merkte ihm an, daß er noch zu jung war, um Trauer mit einem Achselzucken abzutun.
    »Kinder, alles Kinder.« Keen erkannte, daß er laut gesprochen hatte. »Ich komme zurück, wenn die Boote abgelegt haben. Verständigen Sie mich, wenn Sie vorher etwas hören.«
    Stayt stand auf und ging zur Tür. »Das gilt auch für mich.« Allday drehte sich langsam um und schaute seine Kameraden an. »Ich hätte bei ihm sein sollen.«
    Yovell setzte die Brille ab. »Sie hätten es auch nicht verhindern können.«
    Allday hörte ihn nicht. »An seiner Seite hätte ich sein sollen, wie immer. Das muß mir der Junge noch erklären.«
    Ozzard schwieg, polierte aber um so heftiger. Yovell bot Allday einen Schluck Rum an.
    Allday schüttelte den Kopf. »Erst, wenn es vorbei ist.
    Dann sauf ich ein ganzes Faß aus.«
    Bolitho lag sehr still, die Arme an die Seiten gepreßt, in seiner Koje. Jeder Muskel seines Körpers schien angespannt zu sein.
    Wie lange schon? Alle Eindrücke überlappten einander: der Kutter, die Klagen der Verwundeten, dann der Augenblick, als er in ein Boot getragen wurde und eine vertraute Stimme sagen hörte: »Aufpassen da!«
    Was mußte er für ein Anblick gewesen sein! Dann weitere Hände, teils sanft, teils grob, als er in einen Bootsmannsstuhl gehoben und wie Fracht an der Bordwand hochgezogen wurde.
    Tuson hatte ihn nur angesprochen, um sich zu erkennen zu geben, und dann sofort mit der Untersuchung begonnen.
    Man schnitt ihm die Kleider vom Leib, tupfte ihm Gesicht und Hals ab, und dann wurde eine Flüssigkeit aufgetragen, die in den Wunden höllisch brannte.
    Den Verband nahm Tuson zuletzt ab. Bolitho spürte, wie er mit einer Schere behutsam aufgeschnitten wurde.
    »Wie spät ist es?« fragte er.
    »Bitte unterlassen Sie das Reden«, sagte der Arzt streng.
    »Halten Sie diesen Spiegel«, befahl er jemandem. »So ist's recht. Wenn ich Ihnen Bescheid sage, lassen Sie ihn das Sonnenlicht vom Bullauge reflektieren.«
    Erst jetzt begriff Bolitho, daß Zenoria Tusons Helfer war. Er wollte Einspruch erheben, doch ihre überraschend kühle Hand berührte seine Wange. »Nur ruhig, Sir. Sie sind nicht der erste Mann, den ich zu Gesicht bekomme.«
    Der Verband wurde gelöst, und Bolitho hätte fast aufgeschrien, als Tusons kräftige Finger seine Augen abtasteten und die Lider hochschoben. »Sie tun ihm ja weh!« hörte er Zenoria protestieren.
    »Das geht leider nicht anders. Und jetzt den Spiegel, bitte!«
    Bolitho rann der Schweiß über Brust und Schenkel, als läge er im Fieber. Der Schmerz schien ihm die Augen aus den Höhlen zu treiben. Das Ganze war ein wirrer Alptraum, unterbrochen vom Stochern eines Instruments. Jemand hielt seinen Kopf wie ein Schraubstock, als die Tortur weiterging. Bolitho versuchte zu blinzeln, spürte aber keine Bewegung seiner Lider. Doch er sah Licht, einen rötlichen Schein und Schatten, die Menschen sein mußten.
    »Das reicht«, sagte Tuson. Der Schein verblaßte, als der Spiegel wohl entfernt wurde. Dann legte der Arzt vorsichtig einen neuen Verband an; er war weich und feucht und wirkte nach der schmerzhaften Untersuchung lindernd.
    Seitdem waren mehrere Stunden vergangen. Noch zweimal war der Verband gewechselt und eine ölige Flüssigkeit aufgetragen worden, die anfangs seine Augen ärger brennen ließ als zuvor. Doch dann hatten die Schmerzen nachgelassen.
    Als er sich bei Tuson nach der Flüssigkeit

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