Donner unter der Kimm
Tagen, seit Bolitho das Geschwader verlassen hatte, umgesprungen und blies nun aus West, von Frankreich her.
Er studierte die Karte aufmerksamer und war sich der Gegenwart der beiden anderen Kommandanten, die schweigend ihren Wein tranken, sehr bewußt.
Zweihundert Meilen südwestlich von Toulon, und schon mußten sie sich in einem aufkommenden Sturm abquälen. Wenn der Wind nicht bald umschlug oder nachließ, mochten sie von ihrer Station abgetrieben oder gar so weit zerstreut werden, daß sie den Kontakt verloren.
Er dachte an die kleine Brigg
Rapid,
die den anderen Schiffen weit vorauslief. Inch nahm sie hart ran, beneidete aber ihren Kommandanten Kapitän Quarrell mehr, als er sich eingestehen mochte. Quarrell hatte wenigstens Bewegungsfreiheit, während sie sich schwerfällig und langsam mit dem Sturm herumschlugen, auf Station blieben. Er sah auf und gewahrte durch die Heckfenster Schaumkronen.
»Ich muß bald aufbrechen«, sagte Kapitän Houston. »Sonst finde ich in diesem Wetter mein Schiff nie wieder.«
Montresor von der
Dispatch
bemerkte: »Solange der Wind so bleibt, können wir nichts unternehmen.«
Inch schaute sie ungeduldig an. Negative Einstellung. Keiner war bereit, über das Naheliegende hinauszusehen. Montresor entpuppte sich als guter Kommandant, schien sich aber von dem säuerlichen Houston leiten zu lassen.
Letzterer sagte: »Ich halte es für Wahnsinn, unsere einzige Fregatte zu einem wilden Täuschungsmanöver auszuschicken, obwohl wir sie doch hier brauchen.« Von Inchs Schweigen ermuntert, fuhr er fort:
»Rapid
allein ist mit der Suche nach den Franzosen überfordert.«
Inch sah sich in der Kajüte um. Trotz der Gemälde, die er aufgehängt hatte, wirkte sie noch immer französisch. Die Bilder stellten ländliche Szenen dar, Bäche und Wiesen, Kirchen und Bauernhöfe seiner Heimat Dorset. Er dachte an Hannah, seine Frau. Sie hatte ihm bereits einen Sohn geschenkt, und das zweite Kind war unterwegs. Konnte sie sich eigentlich vorstellen, was er tat?
»Vizeadmiral Bolitho hat uns
Barracoutas
Aufgabe erklärt«, sagte er. »Ich vertraue seinem Urteil.«
»Aber sicher«, meinte Houston und lächelte Montresor schief an. »Wir kennen ihn halt nur noch nicht so lange wie Sie.«
Inch setzte ein gefährliches Grinsen auf. »Er hat mir bis zu seiner Rückkehr das Kommando übergeben. Das sollte Ihnen reichen.«
Houstons Lächeln schwand bei Inchs neuem Tonfall. »Ich wollte keine Kritik an seinen Überlegungen üben. Es geht nur…«
»Gut.« Inch lauschte dem Ächzen der Balken, dem fernen Knallen der Segel, als das Schiff vom Wind gekrängt wurde. Bolitho fehlte ihm. Er schien immer in der Lage zu sein, die Pläne des Feindes vorauszusagen, und Inch hatte nie erlebt, daß er die Tricks der Franzosen unterschätzte.
»Vielleicht sollten wir uns mit Nelsons Geschwader vor Toulon in Verbindung setzen«, sagte Houston. »Mag sein, daß er weiß, worum es geht. Ich glaube noch immer, daß das Ziel der Franzosen Ägypten ist. Wir haben Napoleon einmal bei Abukir geschlagen, aber vielleicht will er es noch mal versuchen.« Er stand auf und wiegte sich mit den Bewegungen des Decks. »Nun muß ich mich empfehlen.«
Inch nickte bedauernd. Es gab noch viel zu besprechen, doch Houston hatte recht: Wenn das Wetter sich weiter verschlechterte, würde er nie zu seinem Schiff zurückfinden.
Er hörte eine ferne, wie verlorene Stimme aus dem Rigg.
Montresor sagte: »Der Ausguck hat etwas gesichtet.« Er schüttelte sich. »Kein guter Tag für Überraschungen.«
Es klopfte an. Inchs Erster Offizier war persönlich gekommen. »Signal von
Rapid,
Sir: Schiff im Nordwesten gesichtet.«
Er warf den anderen einen Blick zu. »Der Wind wird immer stärker. Soll ich mehr Segel wegnehmen lassen?«
Inch zupfte sich am Ohr. »Nein. Lassen Sie die Herren hier zu ihren Booten bringen. Danach möchte ich an
Rapid
signalisieren, ehe sie außer Sicht kommt.«
Als der Leutnant hinwegeilte, wandte er sich an die anderen.
»Daß
Rapid
bei diesem Wetter ein bloßes Fischerboot meldet, ist ausgeschlossen.« Er sah zu, wie seine Worte ihre Wirkung taten. »Bleiben Sie also gut auf Station hinter
Helicon
und bereiten Sie sich auf ein Gefecht vor.«
Montresor starrte ihn an. Er war noch nicht lange genug Kommandant, um seine Gefühle verbergen zu können.
»Glauben Sie wirklich, daß es ein Franzose ist?«
Inch dachte an Bolitho. Wie hätte er die Lage dargestellt?
»Ja. Der Wind steht günstig für sie,
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