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Donner unter der Kimm

Donner unter der Kimm

Titel: Donner unter der Kimm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Herz krampfte sich zusammen, als der Umriß des Zweideckers sich veränderte. Er merkte nicht, wie bestürzt seine Stimme klang, als er ausrief: »Ruderbruch!« Winzige Figuren riskierten auf den wild schwankenden Rahen ihr Leben, um die Segel zu reffen, damit das Schiff nicht entmastet wurde. Bei schwerem Sturm kam so etwas öfter vor. Ruderschaden oder ein gebrochenes Steuerseil – das waren normale Pannen, die sich immer beheben ließen. Aber in welcher Frist? Die Entfernung wurde schon größer, und
Icarus
blieb im Dunst völlig unsichtbar.
    Inch hastete die Leiter hinunter und sah Savills besorgtes Gesicht; andere, die noch vor wenigen Augenblicken kampflüstern gewesen waren, schauten ihn nun bestürzt an.
    »Es kann eine Ewigkeit dauern, bis
Dispatch
das repariert hat, Mr. Savill. Wenn wir nichts unternehmen, ist sie so hilflos wie
Rapid.«
    Savill schien sich zu entspannen. »Sie können sich auf mich verlassen, Sir.«
    Inch sah ihn an. »Das habe ich nie bezweifelt. Lassen Sie nun die Kanonen laden, aber rennen Sie sie erst auf meinen Befehl hin aus.« Er wandte sich ab, als die Geschützbedienungen aufsprangen und nach Ansetzern und Handspaken griffen.
    Dispatch
trieb weiterhin steuerlos ab. Der Feind mußte sich fragen, was hier vor sich ging. Eine Kriegslist oder Falle vielleicht, die dem französischen Admiral bestimmt zu denken gab. Inch runzelte die Stirn. Aber nicht lange.
    »Wir greifen von Backbord an, Mr. Savill.« Er machte schmale Augen und starrte zwischen den vollgestopften Hängemattennetzen hindurch. Inzwischen konnte er die französischen Schiffe auch ohne Fernrohr erkennen. Die drei näherten sich gestaffelt, und ihre Masten und Segel, die einander überlappten, bildeten ein gewaltiges Seeungeheuer.
    Das dritte Schiff feuerte auf die Brigg.
Rapid
versuchte abzudrehen, aber die letzte Wasserfontäne der einschlagenden Kugel zeigte, wie knapp es gewesen war.
    Inchs Bootsführer kam mit dem Degen seines Kommandanten geeilt. Inch sah sich die Waffe an. »Nein, den neuen.« Er dachte an Bolitho, der in seiner besten Uniform an Deck gestanden hatte, während das Schiff im Donner der Breitseiten erzitterte. Bolitho hatte gewußt, daß er damit auffiel, ein gutes Ziel abgab. Andererseits war es entscheidend, daß seine Männer ihn bis zum Ende sahen. Wann war das gewesen? Es schien eine Ewigkeit her zu sein.
    Inch ließ sich von seinem Bootsführer den besten Degen anlegen, den er zur Trauung mit Hannah getragen hatte. Nur der Gedanke an sie tat ihm weh. Aber er verbannte ihn und schrie: »Die nehmen wir mit auf den Grund, was, Jungs?«
    Wie er erwartet hatte, brachen sie in Hochrufe aus.
    Die Silhouetten der angreifenden Schiffe veränderten sich, als ihre Kommandanten die Segelfläche verringerten und sich auf den Kampf vorbereiteten. Der Dreidecker bot einen prachtvollen, furchterregenden Anblick, als er plötzlich seine Stückpforten öffnete und die schwarzen Rohre seiner Kanonen bleckte.
    Inch sah schweigend hinüber. Ihm war, als stünde sein Herz bereits still. Das Schiff, mit mindestens neunzig Kanonen bestückt, hatte eine helle Galionsfigur unterm Burgspriet, und als Inch sein Teleskop ansetzte, sah er, daß sie einen Leoparden im Sprung darstellte. Das war Jobert, kein Zweifel.
    »Backbord-Stückpforten öffnen, Mr. Savill, und ausrennen.«
    Noch war Zeit zur Flucht. Sein Herz verhärtete sich.
    »Boote aussetzen, Mr. Savill.«
    Es war immer ein böses Zeichen, wenn man die Boote aussetzte und treiben ließ, bis sie von den Siegern wieder geborgen wurden. Aber an Bord vergrößerten sie nur die Gefahr, die von umherfliegenden Splittern ausging, wenn feindliche Geschosse einschlugen. Inch begann zwischen den Achterdeckgeschützen auf- und abzugehen, das Kinn gesenkt. Die Degenscheide klatschte gegen seinen Schenkel. Wozu Boote? Für ihn und seine Männer würde es kein Überleben geben.
    Bolitho spürte die Sonne heiß auf den Schultern, noch verstärkt vom dicken Glas der Heckfenster, als die
Argonaute
träge am Anker schwojte. Von oben konnte er die Rufe der Wache hören, als ein Boot an Bord gefiert wurde. Er legte die Feder hin und starrte verdrossen zum Land.
    Bald war es Zeit, zu Herricks Schiff überzusetzen. Ihre Begegnung am Vortag war so bedrückend gewesen, daß er sich nun wie eingekreist fühlte, kaum einen Ausweg sah.
    Er betrachtete die verankerten Schiffe. Sie drängten sich zusammen, als böte der große Hafen nicht genügend Schutz. Der erwartete Geleitzug war im

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