Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)
geben, und er muss es sogar, wenn er sich die Situation
in Dänemark ansieht.
Ich entscheide
über meine Handlungen. Ich trage auch die Folgen, denkt er. Ihm kommt der fehlgeschlagene
Einsatz vor zwei Wochen in den Kopf. Er sieht sich in Polizeiuniform vor der Eingangstür
der Fabrik stehen und klingeln. Doch anstatt, dass ihm geöffnet wird, geht im ersten
Stock ein Fenster auf.
»Was wollen
Sie?«, fragt eine Stimme schroff.
Der Lichtstrahl
einer Lampe richtet sich auf ihn.
»Die Verdunklung
muss inspiziert werden!«, ruft er hinauf. »Lassen Sie mich rein!«
»Von welchem
Polizeirevier sind Sie denn? Sagen Sie mir Ihren Namen und die Dienstnummer!«
»Dazu haben
Sie kein Recht!«
»Sie bleiben
da unten stehen, sonst ziele ich mit meiner Pistole auf Sie.«
Die Waffe
in der Hand des Wachmannes richtet sich auf ihn, er dreht sich um und beginnt in
Todesangst zum Fabriktor zu rennen. Ein Knall lässt ihn zusammenschrecken. Holger
Nan hat mit der flachen Hand auf den Tisch geschlagen. »Jetzt habe ich genug geredet,
Männer«, sagt er. »Lasst es uns hinter uns bringen. Die neue Taktik heißt: Frontalangriff!«
Eine halbe Stunde später gehen vier
Schützen der Deckungsgruppe vor der Fensterfront der Fabrik in Stellung. Gleichzeitig
rückt Malthe mit einem zweiten Mann bis zur Backsteinmauer vor. Holger Nan gibt
das Signal. Schüsse prasseln, das Glas der Scheiben zersplittert.
»Wenn jemand
drinnen ist, hat er genau drei Minuten, um zu verschwinden!«, brüllt Malthe aus
Leibeskräften, danach werfen sie kleine Brandbomben durch die zerborstenen Fenster.
Die Lunte brennt drei bis vier Minuten. Als der Feuerschein das Innere des Gebäudes
erhellt, folgen zwei Sprengbomben mit jeweils zehn Kilogramm TNT. Die Sabotagegruppe
tritt blitzartig den Rückzug an. Die Männer verlassen gerade das Gelände, als eine
riesige Detonation die Luft zum Erzittern bringt und das Gebäude kurz danach lichterloh
in Flammen aufgeht.
»Bei folgerichtiger
Durchführung des neuen Kurses in Dänemark muss nach meiner Auffassung auch eine
Lösung der Judenfrage und der Freimaurerfrage in Dänemark ins Auge gefasst werden.
Die hierfür erforderlichen
Maßnahmen müssten noch während des gegenwärtigen Ausnahmezustandes getroffen werden,
weil sie in einem späteren Stadium Reaktionen im Lande hervorrufen würden, die zur
erneuten Verhängung des allgemeinen Ausnahmezustandes unter wahrscheinlich ungünstigeren
Verhältnissen als heute führen würden. Insbesondere würde, wie ich aus zahlreichen
Informationen weiß, eine etwa bestehende verfassungsmäßige Regierung zurücktreten,
ebenso würden der König und der Reichstag ihre weitere Mitwirkung an der Regierung
des Landes einstellen. Außerdem wäre wohl mit einem Generalstreik zu rechnen, weil
auf Grund dieser Maßnahmen die Gewerkschaften ihre Tätigkeit und damit ihre mäßigende
Beeinflussung der Arbeiter einstellen würden. – Werden die Maßnahmen während des
jetzigen Ausnahmezustandes getroffen, so besteht allerdings die Möglichkeit, dass
eine verfassungsmäßige Regierung nicht mehr gebildet werden kann, so dass ein Verwaltungsausschuss
unter meiner Leitung gebildet und Rechtsetzung von mir im Verordnungswege ausgeübt
werden müsste. – Um etwa 6.000 Juden (einschließlich der Frauen und Kinder) schlagartig
festzunehmen und abzutransportieren, wären die von mir in meinem Telegramm Nr. 1.001
vom 1.9.1943 angeforderten Polizeikräfte erforderlich, die fast ausschließlich in
Groß-Kopenhagen, wo die weitaus meisten hiesigen Juden leben, eingesetzt werden
müssten. Ergänzende Kräfte müssten vom Befehlshaber der deutschen Truppen in Dänemark
gestellt werden. Zum Abtransport kämen in erster Linie Schiffe in Frage, die rechtzeitig
hierher beordert werden müssten.«
Reichsbevollmächtigter,
SS-Obergruppenführer, Dr. Werner Best
Telegramm Nr. 1.032
vom 8. September 1943 an Ribbentrop
Im Banne des Mythos
Alle Mitarbeiter, die zur heutigen
Konferenz ins Büro des Chefredakteurs gekommen sind, spüren auf Anhieb: Think Big
hat schlechte Laune. Das typische Warnsignal für seinen erhöhten Blutdruck, der
rote Kopf, ist nicht zu übersehen. Dazu steht unübersehbar wieder fetter Krabbensalat
mit Majo auf seinem Schreibtisch, und auch das strikte Rauchverbot in den Räumen
hat er vor einem Monat klammheimlich wieder aufgehoben, ohne dass Theodor Bigdowski
darüber auch nur ein Wörtchen verloren hat. Mit dem plötzlichen Abbruch seines
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