Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)

lautes Knacken im Unterholz ihre Neugier.
In einiger Entfernung, im Schatten der Bäume, schleichen mehrere Gestalten auf einen
hohen Maschendrahtzaun zu, hinter dem sich ein düsteres Gebäude vor dem violetten
Licht der Dämmerung abzeichnet.
    »Damaris,
da drüben.« Aase stoppt ihr Rad und zeigt mit dem Finger. »Da sind Leute.«
    »Polizisten«,
flüstert Damaris, die ebenfalls angehalten hat. »Das ist die große Werkstatt, wo
die vielen deutschen Autos reinfahren. Wir sollten lieber abhauen!«
    »Lass uns
gucken, was die da machen wollen.«
    »Und wenn
die uns sehen und es unseren Eltern sagen?«
    »Die gehen
zu dem Haus, die haben hinten keine Augen.«
    Damaris
ist es unheimlich, Aase findet es spannend. Sie geraten fast in einen Streit, als
plötzlich laute Rufe in der Ferne zu hören sind. Der folgende Schuss lässt die Mädchen
endgültig verstummen, der vibrierende Knall schallt bis in ihr Versteck.
    »Ich fahr
heim«, sagt Damaris mit zittriger Stimme. »Kommst du nun mit oder nicht?«
    »Wir bleiben
in unserem Versteck, bis die wieder weg sind!«
    »Nein!«,
sagt Damaris bestimmt, steigt auf ihr Fahrrad und fährt davon.
    Im selben
Moment ertönt ein zweiter Schuss. Aase drückt sich ängstlich ins Gras, traut sich
nicht mehr, sich zu bewegen. Ein dritter Schuss fällt. Schritte brechen durchs Unterholz,
der Lichtstrahl einer Taschenlampe blitzt zwischen den Bäumen. Das Mädchen kriecht
panisch flach auf dem Bauch hinter einen der Kiefernstämme. Die Person ist bereits
nah, läuft aus Leibeskräften, sie kann den keuchenden Atem hören. Dann spürt sie
einen Schmerz an der Wade. Jemand ist an ihrem Bein hängen geblieben und fällt mit
einem lang gezogenen Stöhnen ins Gras. Aase schlägt das Herz bis zum Hals, aus dem
Augenwinkel sieht sie eine blaue Uniform. Ein dänischer Hilfspolizist. Sie will
die Hände vors Gesicht pressen, als sie die Stimme ihres Bruders erkennt.
    »Aase! Was
machst du hier?« Seine Stimme klingt wütend. »Bist du verrückt, die Deutschen sind
gleich hier. Mach, dass du nach Haus kommst, sofort!«
    »Kommst
du nicht mit, Malthe?«
    »Nein, ich
muss schnell weg. Wenn du angehalten wirst, du hast mich nicht gesehen, verstanden.
Und sei in drei Tagen am See bei der Siedlung, um 16.00 Uhr und allein, hast du
verstanden!«
    Aase nickt
zaghaft. Malthe wartet ab, bis sie mit dem Fahrrad losfährt und läuft weiter in
den Wald.
     
    BEKANNTMACHUNG
     
    Die jüngsten Ereignisse haben gezeigt, dass die
dänischen Behörden nicht mehr in der Lage sind, Ruhe und Ordnung in Dänemark aufrechtzuerhalten.
Die von feindlichen Agenten angezettelten Unruhen richten sich unmittelbar gegen
die Deutsche Wehrmacht. Ich erkläre daher im Sinne der Artikel 42-56 der Haager
Landkriegsordnung den militärischen
Ausnahmezustand für ganz Dänemark.
Mit sofortiger Wirkung ordne ich an:
     
    1) Die Beamten und
Angestellten der öffentlichen Behörden haben ihre Dienstgeschäfte loyal weiterzuführen.
Sie haben Weisungen der eingesetzten deutschen Aufsichtspersonen Folge zu leisten.
    2) Zusammenrottungen
– Ansammlungen von mehr als fünf Personen – in der Öffentlichkeit sind verboten,
desgleichen alle Versammlungen, auch die nicht öffentlichen.
    3) Die Polizeistunde
wird auf Eintritt der Dunkelheit festgelegt. Mit diesem Zeitpunkt ist auch jeder
Verkehr auf der Straße untersagt.
    4) Jeder zivile Nachrichtenverkehr
ist vorläufig verboten.
    5) Jeder Streik ist
verboten. Aufhetzung zum Streik zum Nachteil der Deutschen Wehrmacht ist Feindbegünstigung
und wird in der Regel mit dem Tod bestraft.
     
    Zuwiderhandlungen
gegen vorstehende Bestimmungen werden von den deutschen Standgerichten abgeurteilt.
Gegen Gewaltanwendung, Zusammenrottungen usw. wird rücksichtslos von der Waffe Gebrauch
gemacht. Jedem Einwohner Dänemarks, der sich den auf völkerrechtlicher Grundlage
beruhenden Kriegsanordnungen fügt, wird Unversehrtheit der Person und des Eigentums
im Rahmen der Gesetze zugesichert.
     
    Der Befehlshaber
der deutschen Truppen in Dänemark
     
    Die vollziehende
Gewalt ist damit auf die deutsche Wehrmacht übergegangen. In Folge des militärischen
Ausnahmezustands habe ich die Entwaffnung und Auflösung der dänischen Armee befohlen.
    Ich habe Seiner
Majestät dem König und Seiner Königlichen Hoheit dem Kronprinzen Mitteilung von
der Verhängung des militärischen Ausnahmezustandes gemacht.
    Ich bitte der Regierung
mitzuteilen, dass ihre Befugnisse durch die Übernahme der vollziehenden Gewalt