Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)
umso eher stoßen
wir vielleicht auf ein Motiv.«
»Der Mörder,
der aus dem Zweiten Weltkrieg kam«, feixt Jacobsen überheblich. »Das ist bald 60
Jahre her, wo willst du da ein Motiv finden?«
»Die Familie
Eschenberg und der alte Kreuzhausen halten sich mehr als bedeckt. Ich denke, die
haben etwas zu verbergen«, bleibt Swensen hartnäckig.
»Und wenn
schon, was hat das mit deren Vergangenheit zu tun?«
»Da bin
ich ganz anderer Mei …«
»Kannst
du uns das bitte später verklickern, Jan?«, unterbricht Colditz und wartet, bis
endlich Ruhe einkehrt. »Bevor wir beginnen, möchte ich kurz mitteilen, dass Rüdiger
Eschenberg nach der Beerdigung persönlich bei Staatsanwalt Rebinger war. Er hat
ihm mitgeteilt, dass er im nächsten Vierteljahr auf der Fregatte ›Rheinland-Pfalz‹
im Golf von Aden im Einsatz ist. Er ist dort nur telefonisch oder über Funk zu erreichen.
Mit seiner Einwilligung wurde er erkennungsdienstlich behandelt. Eine reine Vorsorgemaßnahme
für die Spurensicherung.«
»Er ist
also nicht verdächtig?«, fragt ein Kollege von der K1.
»Nein, ist
er nicht! Und jetzt bitte zur gestrigen Aktion auf dem Friedhof. Was wissen wir
in der Zwischenzeit? Wer fängt an?«
Stephan
Mielke hebt den Arm und tritt an die Pinnwand. Es setzt ein kurzes Stühlerücken
ein, bis alle an ihrem Platz sitzen. Der Oberkommissar zeigt auf eines der Fotos,
ein energisch dreinblickender Mann mit kurz geschnittenen Haaren und einem deutlichen
Glatzenansatz.
»Das ist
Felix Bieling«, beginnt Mielke. »Filialleiter bei einer Commerzbank in Flensburg.
Der Mann gehört zu den Kitern, die alle aus Flensburg gekommen sind. Den Namen hatte
ich schon vorher in einem Bericht von Jan gelesen. Eschenbergs Geschäftspartner
Krüger hat darin ausgesagt, dass Bieling sich für den Kredit des Surfladens eingesetzt
hat. Doch obwohl in Jans Bericht stand, es hätte immer Schwierigkeiten bei der Tilgung
gegeben, hat Bieling sich in meiner Befragung dazu ziemlich bedeckt gehalten. Mit
dem Kredit läuft alles korrekt, hat er mir versichert. Einer spinnt also, Bieling
oder Krüger.«
»Oder beide
sagen nicht die Wahrheit«, ergänzt Silvia.
»Stimmt!«,
bestätigt Mielke. »Wo Silvia recht hat, da hat sie recht. Ansonsten habe ich alle
Namen dieser Kitesurfer aufgenommen. Die kannten Eschenberg alle aus dem Laden oder
vom Kiten an der Flensburger Förde. Mir ist nichts Widersprüchliches aufgefallen,
bei den Typen … äh … es waren auch zwei Frauen dabei. Aber alle behaupten, dass
sie Eschenberg nicht besonders gut kannten.«
»Und kommen
trotzdem zur Beerdigung?«, fragt der K1-Beamte Peter Stark. »Ist das nicht merkwürdig?«
»Dachte
ich auch kurz. Aber im Gespräch schimmerte durch, dass sie eigentlich alle wegen
diesem Kilian Martens gekommen sind, der aber gar nicht da war. Für die Surfer scheint
dieser Typ so eine Art Heiliger der Meere zu sein.«
»Sag bloß,
du kennst Kilian Martens nicht?«, stöhnt Paul Völker auf, ein weiterer K1-Beamter.
»Das ist der Tabarly des Windsurfens!«
»Und wer
ist Tabarly?«, fragt Mielke abfällig.
»Éric Tabarly!«,
schwärmt Völker mit leuchtenden Augen. »Das war der herausragenste Hochseesegler
des 20. Jahrhunderts. Der hat etliche Siege in Einhandregatten geholt und Rekordfahrten
über den Nordatlantik unternommen. 1980 unterbot er die Rekordfahrt von Charlie
…«
»Danke,
Kollege«, unterbricht Colditz, »wir haben alle begriffen, wer dieser Tabarly war.«
»Ihr Erscheinen
auf der Beerdigung war also ganz auf Kilian Martens ausgerichtet«, stellt Swensen
ungeduldig fest. »Und der hat sich nicht sehen lassen. Man könnte fast annehmen,
er geht uns aus dem Weg. Oder er ist nur ein Geist, und es gibt ihn überhaupt nicht.«
»Ab heute
setzen wir ihn ganz oben auf unsere Liste«, stellt Colditz trocken fest. »Weiter
bitte! Silvia, was hast du rausbekommen?«
»Nicht viel.
Die Personen, mit denen ich gesprochen habe, waren alle aus Dänemark«, beginnt die
Hauptkommissarin. »Unser Mordopfer hat einige Kontakte in dem Land, in der oberen
Region, speziell in Nordjütland um den Ort Klitmøller. Dort soll ein Surferparadies
sein.«
»Røm, pøm,
pøm, pøm!«, ulkt Mielke spöttisch und fängt sich einen scharfen Blick von Colditz
ein.
»Jeg tror
ikke at du har den mindste forstand på smørrebrød«, erwidert Silvia mit einem triumphierenden
Seitenblick auf ihren Kollegen. »Und damit Stephan weiß, wovon ich rede, das Ganze
noch mal auf Hochdeutsch: Du hast keine
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