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Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)

Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)

Titel: Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nink
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so aus, als habe sich O’Shady in den Wochen seit seinem Aufbruch wie eine beschwippste Biene voranbewegt. Offenbar befand er sich im Moment nicht mehr als 20 oder 25 Kilometer Luftlinie von seinem Ashram entfernt. Schatten und Wipperfürth waren sich sicher, dass Siebeneisen ihn unmittelbar nach seiner Ankunft in Indien aufgestöbert haben würde.
    Und Siebeneisen? War ebenfalls im Fetten Hecht. Er saß an einem Tisch etwas abseits, sah sich Fotos an und versuchte, die Diskussionen zwischen Schatten und Wipperfürth so weit wie möglich auszublenden. Seinen Plan, zusammen mit Lawn nach New Orleans zu reisen, hatte er geändert, als klar geworden war, dass es einen achten Erben gab. Nach einigen Tagen Sightseeing in Oer-Erkenschwick war Lawn in die USA vorausgeflogen, um sich möglichst schnell um eine inflationäre Zahl an Aufträgen zu kümmern: Offenbar hatten die Entitäten Louisianas ihre Abwesenheit genutzt, um ordentlich auf den Putz zu hauen.
    Von ihren ersten Einsätzen nach der Auszeit hatte sie Siebeneisen etliche Fotos gemailt. Auf den Aufnahmen waren leere Flure, leere Zimmer und leere Säle in diversen Herrenhäusern am Mississippi zu sehen, sonst nichts – obwohl er nun schon seit etlichen Minuten versuchte, irgendeine Ungereimtheit zu entdecken, fiel Siebeneisen nichts Ungewöhnliches auf. Er nahm sich ein weiteres Foto und betrachtete eine leicht dunklere Stelle auf einem Treppenabsatz. Lawns Meinung nach handelte es sich dabei um eine Entität, einen Vorarbeiter der Baumwollplantage, die zu dem Landsitz gehört hatte. Siebeneisen hielt die Aufnahme direkt unter die Lampe. Da war nichts, überhaupt nichts. Er legte das Foto zu den anderen und ließ sich von Walburga eine Flasche Bier bringen.
    Siebeneisen hatte schlechte Laune. Seit Tagen schon. Im Grunde hatte er schlechte Laune, seit er zurück in Oer-Erkenschwick war. Natürlich hatte er sich sehr gefreut, alle und alles wiederzusehen, Walburga, seine Wohnung, den Fetten Hecht, aber merkwürdigerweise hatte diese Freude nur kurz angehalten. Nach zwei Nächten in seinem eigenen Bett kam es ihm vor, als habe er niemals woanders übernachtet. In der Redaktion gab es zuerst ein großes Hallo, einen Tag später hatten sie ihn zur Bauaufsichtsratsitzung geschickt, 120 Zeilen, Redaktionsschluss 22.30 Uhr. Nach drei Tagen war es, als sei er niemals fort gewesen. Leider fühlte es sich auch so an.
    Es war schon seltsam, sinnierte er: Monatelang hatte er sich nichts sehnlicher gewünscht, als endlich nach Hause zu kommen. Jetzt war er zu Hause und ertappte sich immer häufiger bei dem Gedanken, wie es wohl wäre, wenn er wieder unterwegs sein würde. Interessanterweise kamen ihm die vergangenen Monate auch überhaupt nicht mehr schlimm vor. Ein wenig anstrengend, ja gut, das bestimmt, aber schlimm? Er trank von seinem Bier. Odysseus kam ihm in den Sinn: Der war ja auch endlos lange unterwegs, und als er zurück auf Ithaka war, hatte er garantiert ganz bald schon wieder Hummeln im Hintern. Wahrscheinlich lag er auf seinem Sofa, trank Rotwein und schwärmte Penelope vor, was das unterm Strich dann doch für ein klasse Trip gewesen sei, seine Odyssee. Die Gefahren! Die Tollkühnheit! Die Abenteuer! Siebeneisen seufzte leise. Und stellte fest, dass er den Duft von Räucherstäbchen in der Nase hatte. Und noch etwas anderes, Intensiveres, etwas, das ihn an Pinguine erinnerte. Fernweh, dachte er. Du Idiot hast tatsächlich Fernweh.
    Er unterbrach seinen Gedankengang und konzentrierte sich auf das Gespräch zwischen Schatten und Wipperfürth. Es schien um eine Zugverbindung in Rajasthan zu gehen, für die man auf der Internetseite eines Unternehmens in Kalkutta sehr preisgünstige Dritte-Klasse-Tickets reservieren konnte. Siebeneisen nahm einen großen Schluck aus der Bierflasche und zwinkerte Walburga zu, die gerade neue Erdnüsse brachte. Dann stand er auf und ging hinüber zum Tipp-Kick-Tisch.
    »Na, wie weit seid ihr?«

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