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Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)

Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)

Titel: Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nink
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Was soll ich denn mit sowas? Die Sendung geht ungeöffnet zurück an den Absender!«
    Draußen vor der Tür atmete Nathan Ó Cinnéide noch einmal tief durch. Nur die Ruhe, sagte er sich, nur die Ruhe. Dann öffnete er die Tür zu seinem Büro und trat ein.

53
    Wegen eines unaufschiebbaren Zahnarztbesuches verspätete sich Liam O’Shady um mehr als eine Stunde, war aber dennoch nicht der letzte der O’Shadys, der in der Kanzlei von Nathan Ó Cinnéide eintraf: Finn Whitesail kam nochmals zwanzig Minuten nach ihm. Sie hörten ihn, noch bevor er das Büro betrat: Im Vorzimmer krachte und schepperte es, als sei soeben eine komplette Ritterrüstung auf das Eichenparkett gefallen. Man konnte Mary leise um Hilfe rufen hören.
    »Klingt, als sei eine Ritterrüstung umgefallen«, bemerkte Schatten.
    »Oder ein U-Boot auseinander«, erwiderte Wipperfürth.
    Nathan Ó Cinnéide ignorierte den Radau auf der anderen Seite der Eichentür. In den letzten anderthalb Stunden hatte er gelernt, einiges von dem auszublenden, was um ihn herum passierte. Er vermutete, dass sein Blutdruck dennoch auf einen Wert von ungefähr 240/130 gestiegen war, seit er um Punkt zwölf die Tür zu seinem Büro geöffnet hatte, um den ersten der O’Shadys zu begrüßen. Und seinen Mitarbeiter, diesen Wipperfürth. Der Mann hatte augenblicklich ohne Punkt und Komma zu reden begonnen: Über Schnäppchenpreise für Flugtickets und einen unschlagbar günstigen Shuttle-Service vom Flughafen in Limerick (Limerick?), über Pakistani und Inder und irgendetwas über ein U-Boot, in dem der O’Shady neben ihm in einem Baggersee tauchen wollte. Nathan Ó Cinnéide wollte an dieser Stelle eine Zwischenfrage stellen, aber dann stand plötzlich Pat O’Shady in der Tür, und gleich nach ihm kamen die Nächsten. Damit er niemanden verwechselte, notierte sich der Notar hastig einige Stichworte auf der Namensliste, die er sich als Gedächtnisstütze angefertigt hatte:
    Pat O’Shady: nach den Deutschen der Erste
    Sheila O’Shady: Elbenkönigin »Herr der Ringe«
    Connor O’Shady: 20 Pflaster
    Kenneth O’Shady: Safari! Dunkel!
    James: Eisberg
    Finn: Hut
    Liam: wg. OP stumm. Bergschrat.
    Das waren die Erbberechtigten. Die anderen Namen hatte er etwas abgesetzt:
    Wipperfürth: --
    Siebeneisen: kann schlecht sitzen, humpelt.
    Siebeneisen/Begleitung: interessante Lippen
    Nathan Ó Cinnéide beschlich das merkwürdige Gefühl, all diese Personen schon einmal irgendwo gesehen zu haben. Hatte sein Unterbewusstsein ihm diesen Tag schon in Albträumen ausgemalt, an die er sich nicht erinnerte? In solchen von jener Sorte, die morgens nach dem Aufwachen in einem merkwürdig unangenehmen Gefühl nachhallten, ansonsten aber nicht greifbar sind?
    Vor allem Liam O’Shady kam ihm merkwürdig bekannt vor. Ihm war, als hätte er vor kurzem jemanden gesehen, der ganz ähnlich ausschaute. Beim Golfspielen vielleicht? Auch Siebeneisen und seine Freundin weckten dieses Gefühl der Erinnerung in ihm, kein ausgeprägtes, eher ein kurzes Aufflackern. Die Frau schien etwas mysteriös zu sein. Während sich Ó Cinnéide mit den anderen unterhielt, rutschte sie auf Knien in seinem Büro herum und hielt die rechte Hand ausgestreckt über dem Teppich. Dann wollte sie wissen, ob er sich in seinem Büro manchmal so fühle, als sei er nicht allein im Raum.
    »Ja. Jetzt gerade zum Beispiel. Wieso fragen Sie?«
    »Ich finde hier einige thermische Abdrücke. Deswegen. Möglicherweise gibt es in diesem Raum Aktivitäten von Entitäten.«
    »Aktivitäten von Entitäten? Sind Sie ein Medium oder so was?«
    »Ich würde mich eher als Person mit gewissen Wahrnehmungsfähigkeiten bezeichnen.«
    »So wie die in dem Film mit Dan Akroyd, wo am Ende das Michelin-Männchen durch Manhattan stapft?«
    » Ghostbusters . In der Originalfassung war das der Marshmellow-Mann.«
    So war das den ganzen Mittag über gegangen. Also exakt so, wie er es sich vorgestellt hatte. Ein Panoptikum wirrer Gestalten saß in seinem Büro und wartete darauf, dass er es zu Multimillionären machte. Nathan Ó Cinnéide zog das Schreiben aus der Innentasche seines Jacketts, legte es auf die lederne Unterlage auf seinem Schreibtisch und strich das Papier glatt. Er öffnete die oberste Schublade auf der rechten Seite des Tisches und nahm eine dünne Ledermappe heraus, in der ein weiteres, einzelnes Blatt lag. Claire O’Shadys letzter Wille war knapp formuliert. Knapp und eindeutig, dachte er, es hätte seiner Hilfe eigentlich nicht

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