Donnerstags im Fetten Hecht: Roman (German Edition)
Tipp-Kick-Tisch, seine Fußballfigur in der Hand. Oben zwei Zeilen mit Informationen, »Arbeitet als: Unser Mann vor Ort«, »Aus: Oer-Erkenschwick«. Eine Spalte, die mit »Freunde« überschrieben war und in der tatsächlich zwei Gesichter grinsten, Wipperfürth und Schatten. Und eine kleine »1« im »Nachrichten«-Feld. Siebeneisen klickte die Zahl an. Die Nachricht war von Wipperfürth.
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Siebeneisen schaltete den Computer aus. Auf dem Weg zum Hotel hatte er in einem Souvenirladen kleine Voodoopuppen gesehen. So eine würde er jetzt kaufen. Oh ja.
20
»Lieben Sie auch diese langen, regnerischen Nachmittage, wenn eine Stunde keine Stunde ist, sondern ein Stückchen Ewigkeit – und man nicht weiß, was anfangen damit?« Lawn wischte sich eine Strähne aus der Stirn und sah Siebeneisen an. Und Siebeneisen fühlte ein merkwürdiges Kleben im Hals und ein Kribbeln von den Zehen die Beine hinauf, aber das lag wahrscheinlich daran, dass er seit Ewigkeiten nichts mehr gegessen hatte. Sie hatten sich in Lafitte’s Blacksmith Shop verabredet, einem Restaurant, dass laut Schild am Eingang the oldest bar in the U.S. war und seit Vorkriegszeiten existierte. Siebeneisen hatte gleich gefragt, welcher Krieg denn damit gemeint sei, worauf der Kellner indigniert geschaut und sich schweigend entfernt hatte.
»Na?«
Lawn zog die Augenbrauen nach oben und sah ihn erwartungsvoll an. Siebeneisen sah zurück. Lawn musste lachen.
»Ist nicht von mir. Tennessee Williams. Nass geworden?«
Der Regen hatte seit dem Nachmittag nicht nachgelassen. Es prasselte unentwegt auf die Stadt ein, die Straßen waren voller Pfützen, die Wolken hingen so tief, dass der Turm der Kathedrale sie aufzupieksen schien. Dennoch war es noch immer unerträglich schwül. Die Luft fühlte sich an wie in einem Terrarium und roch nach Abgasen, süßlichem Parfüm und den Alkoholresten aus weggeworfenen Bierflaschen. Auf dem Weg von seinem Hotel zu ihrem Treffpunkt ein paar Straßen entfernt war Siebeneisen bis auf die Haut nass geworden, obwohl er versucht hatte, so oft und so lange wie möglich unter den schmiedeeisernen Balkonen zu laufen, die an so gut wie jedem French-Quarter-Haus hingen. Er hatte versucht, um die größten Pfützen einen Bogen zu machen, war aber doch das eine oder andere Mal in einen dieser kleinen Seen hineingestapft. New Orleans lag unterhalb des Meeresspiegels, das wusste er, deswegen wunderte es ihn nicht, dass die Stadt bereits von einem Nachmittagsregen vollzulaufen schien wie eine Schüssel. Jetzt saß er klatschnass am Tisch. Aus seinen Haaren fielen kleine Tropfen auf die Tischdecke.
Der Kellner brachte enzyklopädisch dicke, in Leder gebundene Speisekarten, in denen Siebeneisen nichts lesen konnte, weil es dazu viel zu duster war – es gab nur eine einzige Glühbirne hinter der Bar. Und ein paar Kerzen, die nach einem erratischen System im Raum verteilt waren, um leere, modrige Ecken und Winkel zu erhellen. Während Lawn die Karte studierte, sah sich Siebeneisen um. Lafitte’s Blacksmith Shop war nach Jean Lafitte benannt, einem Piraten, der das Gebäude zu Beginn des 19. Jahrhunderts als Lager für seine Kaperbeute verwendet hatte, das hatte ihm der Rezeptionist der Villa La Reina erzählt. Seither war hier offenbar weder renoviert noch aufgeräumt worden. Im kompletten Haus schien es keine gerade verlaufende Linie zu geben, die Wände waren schief, die Flaschen an der Bar neigten sich nach links, der Fußboden fiel zur Eingangstür hin deutlich ab. Siebeneisen schaute nach oben: Was auch immer sich über dem Restaurant befinden mochte – es war so schwer, dass es eine große Beule in die Decke drückte. Außerdem kamen merkwürdig knarrende Geräusche von dort oben. Und dieses Hexenhäuschen hatte die schwersten Hurrikane überstanden, dachte Siebeneisen. Einen Drink zu viel, und man würde erwarten, dass Monsieur Lafitte höchstselbst durch die Tür träte. Oder die Bauaufsicht oder zumindest die Leute vom Heimwerkerverband. Stattdessen kam der indignierte
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