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Donovans Gehirn

Donovans Gehirn

Titel: Donovans Gehirn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Curd Siodmak
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»Er hat seinen Ärzten die Wahrheit herausgelockt. Niemand konnte Donovan belügen. Und als er erfuhr, daß seine Tage gezählt waren, veränderte er sich sehr«, sagte Sternli.
    »Er wurde weicher, nehme ich an?« wollte ich ihm weiterhelfen, aber Sternli schüttelte den Kopf. Er polierte seine Gläser wieder und lächelte. Seine kurzsichtigen Augen standen weit offen.
    »Nein. Nicht, was man gemeinhin darunter versteht. Das erste, was er tat, war, daß er mich hinauswarf, ohne Pension. Er gab die Präsidentschaft an seinen Sohn ab. Er übereignete seiner Familie alles außer Häuser und Appartements, in denen er zu wohnen pflegte. Er hatte eine ganze Reihe Landhäuser überall im Lande, und in jeder Stadt ein Appartement. In jeder seiner Privatwohnungen mußte täglich das Frühstück hereingebracht werden, ob nun der Herr da oder das Bett leer war. Die Dienstboten hatten zu klopfen, einzutreten und nach einer angemessenen Zeit das Tablett wieder herauszunehmen. Dasselbe geschah mittags. In jedem Haus wurde ein Essen für acht Personen jeden Abend um dieselbe Zeit serviert. Donovan liebte es, überraschend zu erscheinen, wenn der erste Gang aufgetragen wurde. In einem Buch über Philipp II. von Spanien hatte er die Beschreibung dieses Brauchs gelesen, und er entsprach seinem Gefühl für das ›Herrschaftliche‹. ›Ich bin allgegenwärtig‹, pflegte er zu sagen, ›und wenn ich zahle, erwarte ich die entsprechenden Dienste.‹ Doch als man ihm sagte, daß er sterben müsse, schloß er alle diese Häuser. Er hatte einen Plan für die begrenzte Zeit, die ihm noch übrig blieb.«
    »Was für einen Plan?« fragte ich. Ich fühlte, jetzt war ich Donovans Geheimnis nähergekommen.
    »Er sagte, er wolle seine Bücher ausgleichen«, antwortete Sternli. Die blauen Augen hinter den scharfen Brillengläsern sahen nachdenklich aus. »Ich weiß nicht, was er damit meinte.«
    Plötzlich wurde Sternli unruhig und sah nach der Uhr.
    »Ich darf nicht mehr so viel reden«, sagte er, als merkte er erst jetzt, daß er mir eine Geschichte anvertraute, die er bisher noch niemandem erzählt hatte. Er war so verlegen, daß er sich entschuldigen mußte: »Verzeihen Sie einem alten Mann, daß er so viel geschwatzt hat!«
    Er hatte es eilig wegzukommen, aber ich bat ihn, noch nicht zu gehen. Ich empfing plötzlich die Befehle des Hirns stärker denn je zuvor. Als hätte es die ganze Zeit zugehört und wolle nun das seine zu der Unterhaltung beitragen.
    »Da Sie unbeschäftigt sind«, sagte ich, durch das Hirn dazu veranlaßt, »hätten Sie Lust, für mich zu arbeiten? Ich kann Ihnen ebensoviel zahlen wie Donovan.«
    »Für Sie arbeiten?« Sternlis Gesicht wurde rot vor glücklicher Überraschung. »Aber womit könnte ich Ihnen denn zu Diensten sein?«
    »Ich möchte zunächst, daß Sie ein Konto bei der Handelsbank am Hollywood Boulevard anlegen. In der Tasche meines Überziehers finden Sie eine Rolle Banknoten. Bitte zahlen Sie sie darauf ein.« Sternli blickte kurzsichtig nach dem Schrank, und während er die Tür aufmachte, nahm ich das Scheckbuch aus meiner Brieftasche und schrieb: »Auf das Konto von Herrn Anton Sternli, Dollar 100 000.–, Roger Hinds.«
    Sternli kam mit dem Geld in der Hand zurück. »Wieviel soll ich nehmen?« fragte er.
    »Alles. Zählen Sie nicht erst nach – zahlen Sie es einfach ein. Und nehmen Sie das hier mit.« Ich händigte ihm den Scheck aus.
    Plötzlich hörte der Befehl des Hirns auf. Ich fühlte, wie der Schmerz mich übermannte, und nahm die Morphiumspritze, die Janice im Falle eines Anfalls vorbereitet hatte.
    Sternli nahm den Scheck und den Schlüssel. Er hielt das Papier dicht an die Augen und starrte es mit offenem Munde an. Er hatte Donovans Handschrift erkannt.
     

Zweiter Dezember
     
    Heute bin ich zum erstenmal aufgestanden. Ich muß noch wochenlang den Gipsverband tragen. Mein Rücken schmerzt immer noch, und wenn ich mich bewege, komme ich mir wie eine Schildkröte vor.
    Ich kann nicht länger im Bett bleiben. Donovan befiehlt mir aufzustehen, und mir tut der ganze Körper weh von seinen Befehlen ...
    Janice muß mich anziehen, ich kann mich nicht vornüber beugen.
    Sie hat mir Riesenhemden gebracht und einen Anzug, der einem Barnum'schen Wundermenschen passen würde, damit ich ihn über den lästigen Gipsverband ziehen kann.
    Das Hirn hat enorm an Kraft gewonnen. Seine Befehle kommen so klar zu mir, als hörte ich sie dicht an meinem Ohr ausgesprochen, mit lauter Stimme und höchst

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