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Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch

Titel: Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Doyle
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schwierig ist, mit Sportarten, die unentschieden ausgehen können, etwas anzufangen. Weil wir Amerikaner immer einen Gewinner brauchen. Und weil wir immer einen Gewinner brauchen, brauchen wir auch immer einen Verlierer. Es reicht nicht zu sagen: »Hey, wir waren beide gleich gut. Wir teilen einfach einen Punkt und wir tauschen unsere Trikots unter einander.« Zu den berühmtesten amerikanischen Sprüchen, die sich mit »Winning«, also mit der Wichtigkeit des Siegens befassen, zählen: »Everyone loves a winner« und »Winning isn't everything - it's the only thing!« und »Winning is sexy.«
    Kein Wunder also, dass es für mich nach fast 20 Jahren in Deutschland immer noch schwierig ist, deutschen Sportlern zuzusehen, die anscheinend bereits sehr glücklich sind, wenn sie nicht verlieren.
    Kurz vor den Olympischen Sommerspielen 2008 habe ich einmal im Fernsehen ein langes Interview mit deutschen
Schwimmern verfolgt, bei dem alle über ihre Ziele und Hoffnungen bei den verschiedenen Wettbewerben redeten.
    Einer sagte: »Mein Ziel ist es, eine gute Zeit zu schwimmen.«
    Ein anderer behauptete: »Ich will nur meine Leistung abrufen.«
    Noch ein anderer ergänzte: »Ich will deutsche Bestzeit schwimmen.«
    Und ich dachte in dem Moment:
Das hört sich alles gut und schön an, aber was ist, wenn deutsche Bestzeit 3 Sekunden zu langsam ist, Flipper?
    Dann antwortete ein anderer, der nach seinen Erwartungen an die Olympischen Sommerspiele gefragt wurde: »Ich freue mich darauf, im olympischen Dorf viele interessante Menschen kennenzulernen.«
    Als ich das hörte, war ich fassungslos.
    Was? Du freust dich worauf? Du hast fast dein ganzes Leben im Schwimmbecken zugebracht, nur um bei den Olympischen Spielen dabei zu sein! Du hast auf unheimlich viele Dinge verzichtet, nur um überhaupt die Möglichkeit zu haben, dich zu qualifizieren. Und nun sagst du: »Ich will im olympischen Dorf viele interessante Menschen kennenlernen?«
    Auch wenn ich solche Aussagen durchaus sympathisch finde, entdecke ich in solchen Momenten wieder den Ami in mir, den richtigen Ami, der ich anscheinend immer noch bin. Der von deutschen Schwimmern einmal hören möchte: »Wissen Sie, ich bin mein ganzes Leben nur geschwommen, die ganze Zeit nur geschwommen. Als meine Kumpels noch am Frühstücken waren, war ich bereits beim Training. Während meine Kumpels abends bereits schliefen, war ich noch am Trainieren, und wenn sie sich am Samstagnachmittag ein Fußballspiel angesehen haben, war ich auch beim
Training. Und deswegen werde ich bei den Olympischen Spielen vor allem eines: Ich werde gewinnen.«
    Man sagt immer - besonders bei den Olympischen Spielen: Dabeisein ist alles! Aber für mich ist das so ein Quatsch! Denn am Ende des Tages wollen
alle
Journalisten Michael Phelps interviewen, alle Firmen wollen nur mit Phelps Werbeverträge vereinbaren. Und alle Frauen wollen nur Sex mit Michael haben. Nur ganz wenige würden sagen: »Och, den, der den letzten Platz gemacht hat und fast ertrunken wäre, finde ich auch ganz süß!«
    Ich gehöre aber zur Mehrheit: Nicht, dass ich mit Phelps ins Bett möchte, oh nein! Aber auch ich will einen Winner sehen - während ich ganz unverschämt auf dem Sofa sitze, mir den Bauch vollschlage und sage: »Hey, Michael, das war ja alles gut und schön, aber das nächste Mal geht's doch noch ein bisschen schneller, oder?«

Partys/Parties
    Es hat nicht lange gedauert, bis ich den Eindruck bekam, dass Partys hier in Deutschland ganz anders ablaufen als in Amerika. Nicht besser oder schlechter, sondern nur anders. Das fängt zum Beispiel schon bei der Planung einer deutschen Party an, die mit einer größeren Gründlichkeit vonstatten geht als in meinem Heimatland, den USA . Oft erlebe ich nämlich hier, dass bereits Wochen vor dem Fest Zettel an alle erdenklichen Türen und Wände des Hausflurs geklebt werden, auf denen die Gastgeber nicht nur ankündigen, dass bald eine Party stattfinden wird, sondern auf denen sie sich auch schon im Voraus für eventuelle Störungen entschuldigen.
    In Amerika habe ich so was noch nie erlebt. In Amerika hängen wir höchstens Zettel kurz vor der Zwangsräumung auf oder bevor das Haus abgerissen wird. Aber um Partys anzukündigen? Nie. Aber solche Ankündigungen finde ich im Grunde gut, denn wenn man die Partymacher zufällig trifft, kann man immer sagen: »Hey, I see you are planing a party! It looks like it is going to be great!« Auf diese Weise habe ich schon oft eine Einladung

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