Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch
nicht traurig sein« zu hören, für den sind die USA nicht das ideale Land.
Es gibt natürlich Ausnahmen. Mitte der achtziger Jahre hörten wir in den USA auch Nena mit ihren »99 Luftballons«. Sogar auf Deutsch. Und ich kann mich noch daran erinnern, wie ich mit meinen Freunden vor dem Fernseher saß, als ihr Video auf MTV lief. Einer meiner Kumpel meinte: »That's really a nice song.« Das fand ich auch. Aber ein paar Sekunden später fragte er: »But what language is that?« Ich wusste es auch nicht, aber ich fand das Lied trotzdem schön.
Diese Frage stellen sich deutsche Jugendliche nicht, die mit englischsprachiger Musik aufwachsen. Sie hören irgendeinen Rap-Song, in dem das Wort »Fuck« 20 Mal vorkommt. Und das gerade mal in der ersten Minute! Dann wissen sie ganz genau: »Hey, das ist ein Song aus Amerika!«
Ich trat einmal bei einer Firmenveranstaltung in Heidelberg auf, und nach dem Auftritt wurde getanzt. Da wurden Songs gespielt wie »Time after Time« von Cindy Lauper und »I'm so excited« von den Pointer Sisters. Und dann etwas von Whitney Houston aus der Zeit, bevor sie von ihrem Mann ständig geschlagen wurde und zu koksen anfing. Und während ich mein Bier trank und versuchte, mich so zu bewegen, als ob ich tatsächlich tanzen könnte, sagte ich
zu dem DJ , der neben mir stand: »Wow! Das sind alles die Songs aus meiner Jugend.« Und ohne mit der Wimper zu zucken sagte er: »Aus meiner auch.«
Ich war etwas verwundert. Nicht, weil ich nicht wusste, dass englischsprachige Musik überall zu hören war, sondern weil er ausgerechnet diese Songs als die Songs seiner Jugend bezeichnet hatte. Als ich ihn fragte: »Aber konntest du damals schon alles verstehen, was gesungen wurde?«, antwortete er: »Nee, aber alles muss man ja auch nicht immer verstehen.«
Selbst meine Frau Martina, die in der DDR aufgewachsen ist, hat in ihrer Jugend amerikanische Musik gehört. Das muss man sich mal vorstellen: Die DDR , die uns Amis nicht gerade liebte, die uns an guten Tagen als »den Klassenfeind« bezeichnete und an schlechten Tagen einfach nur als »imperialistische Schweine«, die wegen uns einen antiimperialistischen Schutzwall gebaut hat, damit wir sie nicht überfallen konnten, diese DDR spielte amerikanische Popmusik.
Kaum zu glauben: Tagsüber auf die »Scheiß-Amis« schimpfen und spätabends dann Meat Loaf und Michael Jackson hören. Als ich meine Frau fragte, ob das alles nicht ein bisschen verlogen gewesen wäre, sagte sie: »Ja, natürlich, aber auf der anderen Seite konnte der Staat nicht den ganzen Tag im Radio nur die Erfolge der Arbeiter und Bauern rauf- und runterleiern. Wie zum Beispiel die Tatsache, dass das Planziel bei der Kartoffelernte erreicht wurde oder dass der VEB Fortschritt den hundertsten Schuh produziert hat oder dass zusätzliche zehn Traktoren die Werkshallen verlassen haben. So was nervt nach einer Weile.«
Dann stellte ich ihr wieder die Frage, die mich am meisten interessierte: »Aber hast du alles verstanden, was du gehört
hast?« Und Martina antwortete (ich zitiere): »Nee ..., manchmal ... ein bisschen.« Und: »... in der DDR hatten wir Russisch.«
Über dasselbe Thema sprach ich vor einigen Jahren mit einer Radiomoderatorin aus der Hauptstadt der Mongolei, aus Ulan Bator. (Ich weiß, dass das, was ich gleich erzählen werde, wie erfunden klingt, aber es stimmt hundertprozentig.)
Ich war damals Moderator einer Musiksendung der Deutschen Welle in Köln, und meine englischsprachige Sendung, die »Hits in Germany« hieß, wurde eins zu eins von ihrem mongolischen Sender ausgestrahlt.
»Bist du wirklich John Doyle?«, fragte mich die junge Mongolin als Erstes, als wir uns im Kölner Studio kennenlernten. Nachdem ich bejaht hatte, erfuhr ich von ihr was echt Lustiges.
»Bei uns in der Mongolei bist du ein richtiger Star.«
Auf diese Nachricht war ich überhaupt nicht vorbereitet gewesen. Ich war zunächst ganz schön verwirrt. Wow, wer hätte das gedacht? Ich bin ein Star in der Mongolei! Und dann fragte ich mich:
Ist das jetzt gut oder schlecht? Was sage ich meinen amerikanischen Landsleuten, wenn sie mich fragen, wie meine Karriere in Deutschland läuft? »In Deutschland ist es okay, aber in der Mongolei hervorragend!« Die würden mich für einen Spinner halten.
Plötzlich wurde ich in meinen Gedankengängen unterbrochen, als die Moderatorin sagte: »What we really like about your show is that you not only play English music but also German music.«
Und das
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