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Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch

Titel: Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Doyle
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auf die gesamte Fläche Großbritanniens verteilen. Bei so wenigen Menschen auf einem derart großen Lebensraum kann ich mir vorstellen, dass man möglicherweise kein sonderlich großes Bedürfnis hat, die große, weite Welt für sich zu entdecken, denn die »große, weite« Welt hat man ja direkt vor der eigenen Haustür. Im eigenen Bundesstaat. In Wyoming.
    Aber wenn Sie trotzdem sagen: »Das ist mir egal. Ich setz mich einfach ins Auto und fahre so lange in Richtung Norden, bis ich in Kanada bin«, dann schlage ich vor, den Wagen vorher vollzutanken, denn sobald Sie aus Wyoming raus sind, durchqueren Sie Montana - einen Bundesstaat, der ungefähr so groß ist wie ganz Deutschland.
     
    Das Tolle an der Lage von Deutschland ist, dass es im Gegensatz zu meinem Heimatland USA nicht nur zwei Nachbarn hat, sondern sage und schreibe neun! Und man kann alle diese Länder besuchen. Und selbst dann, wenn man es überhaupt nicht vorhatte. So ist es mir einmal ergangen, als ich mit meinem Auto nach Aachen unterwegs war.
    Auf meiner Fahrt dorthin war ich versehentlich auf der Autobahn falsch abgefahren und befand mich plötzlich in Belgien. Das hat mich ziemlich geärgert, denn ich wollte nicht ins Ausland, sondern nur nach Aachen. Nach 20 Minuten fragte ich mich, während ich versuchte, aus Belgien rauszukommen: »Wie kannst du nur so blöd sein, John? Du willst nach Aachen und bist jetzt in Belgien. Wie kannst du
nur so blöd sein?« Dann hielt ich an und fragte einen Passanten:
    »Entschuldigung, aber können Sie mir sagen, wie ich raus aus Belgien komme?« Und er antwortete irritiert: »Sie sind hier in Holland!«
    Ich kam mir richtig blöd vor! Wie konnte ich nur so blöd sein! Ich fuhr von Köln nach Aachen mit einem Umweg über Belgien und Holland. Doch dann kam wieder der optimistische Ami in mir hoch, als ich wieder in Deutschland war und feststellte: »Wow! Drei Länder in 20 Minuten! Nicht schlecht!«
    Mann, das Ausland ist überall so nah in Europa! Wenn wir Amis auch so nah beieinander gelegene Grenzen hätten, müsste man sich nicht ständig fragen: »Wo liegt eigentlich Mexiko? Und wo Kanada?« Man würde einfach ins Auto steigen, sich verfahren und dann wissen, wo sich diese Länder befinden.
    Monate später war ich auf eine Party in Amerika eingeladen. Dort erzählte ein Mann, der mir von Anfang an ziemlich unsympathisch gewesen war: »Ich war neulich in Europa und besuchte drei Länder in sieben Tagen!« Und ohne mit der Wimper zu zucken, erwiderte ich daraufhin: »Sieben Tage? Das habe ich schon in zwanzig Minuten geschafft!«

Musik/Music
    Auch wenn ich hier in Deutschland lebe, ist in musikalischer Hinsicht meine Heimat USA nie weit weg. Ich sitze in einer Kneipe, trinke ein Bier, schaue dabei die Leute an und genieße den Abend, während im Hintergrund fast immer ein amerikanischer Song zu hören ist. Manchmal ist es Bruce Springsteen, manchmal Madonna, manchmal 50 Cent. Von Bruce erfahre ich, dass er in den USA geboren wurde. Von Madonna, dass sie nicht mehr Jungfrau ist. Schon lange nicht mehr. Und von 50 Cent höre ich: »I'll take you to the candy shop. I'll let you lick the lollipop.« Mensch, wer hätte das gedacht, dass so ein amerikanischer Gangster-Rapper so ein Schleckermäulchen ist?
    Das Schöne an Musik ist, man hört ein Lied und wird dann oft in die Vergangenheit zurückversetzt. In eine Zeit, bevor es die Schweinegrippe gab, das Ozonloch noch klein und George W. Bush noch nicht Präsident war. In die gute, alte Zeit sozusagen. Ich sitze in einer Kneipe in Köln, trinke mein Kölsch und höre plötzlich Madonnas »Like a Virgin«, in dem Madonna singt: »touched for the very first time.« Dann erinnere ich mich an damals, als ich das Lied das erste Mal gehört hatte und ich mich fragte: »And when am I going to be touched for the very first time? What about me?« Diese Zeitreisen mache ich hier immer wieder, weil amerikanische Musik in Deutschland allgegenwärtig ist.
    Als Deutscher hat man in den USA eher selten die Möglichkeit, die Heimat und Muttersprache so einfach in Erinnerung
zu rufen. Du lebst jahrelang in Arizona, Iowa oder Arkansas, und es ist eher unwahrscheinlich, dass du dort oft fragen würdest: »Hey, ist das ein deutsches Lied, das gerade im Radio läuft?« — »War das nicht gerade Grönemeyer, Westernhagen oder die Wildecker Herzbuben?« Für jeden Deutschen, der in die USA auswandern will und trotzdem das Bedürfnis verspürt, öfters im Radio »Herzilein, du musst

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