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Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch

Titel: Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Doyle
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Vorstandsvorsitzender ausgerechnet jetzt - während er die schlechtesten Quartalsergebnisse unserer Firmengeschichte verkündet - einen Schwank aus seiner Jugend erzählen?
     
    Was ich am meisten in Deutschland vermisse, ist diese ganz persönliche Ebene unter Fremden, wie sie in meinem Heimatland entstehen kann. Dieses Gefühl, ich könnte, wenn ich wollte, mit völlig fremden Menschen über alles Mögliche quatschen, und keiner würde mich dabei angucken, als wäre ich verrückt. Oder sagen wir, zumindest die meisten Menschen nicht.
    Bei meiner letzten USA -Reise lernte ich Gerry, den Besitzer von »Louie's Diner« in Teaneck, New Jersey, kennen.
Nach fünf Minuten, nachdem ich ihn für sein tolles Frühstück gelobt hatte, erzählte er mir einiges über sich. Zum Beispiel, dass er aus Griechenland stammt, mit 15 Jahren nach Amerika ging und dass er nun seit 50 Jahren dort lebte. Und dass er auch in New Jersey zwei Häuser besitzt. Und in Griechenland ein Sommerhaus. Und dass er Kinder hat und dass eine seiner Töchter Psychologie-Professorin ist. Und dass sein Laden »Louie's Diner« heißt und nicht »Gerry's Diner«, weil Louie sein früherer Partner war.
    Während er kurz nach Luft schnappte, um sofort weiterzuerzählen, dachte ich:
Mensch, das ist ja irre! Er erzählt mir seine halbe Lebensgeschichte und das vollkommen unaufgefordert!
    Und dann fuhr ich am nächsten Tag wieder hin und er erzählte mir die andere Hälfte seiner Lebensgeschichte. Und als ich so dasaß und in meinen Toast biss und ihm zuhörte, dachte ich:
Mensch, in Deutschland würde es zehn Jahre dauern, um so viel Informationen zu bekommen.
     
    Aber der Fairness halber muss ich sagen, dass diese sachliche Ebene hier in Deutschland auch gewisse Vorteile hat. Denn wenn man in einer Firma arbeitet und Fehler macht, versucht man, so gut es geht, auf der Sachebene über diese Fehler zu reden. Einer sagt: »Folgende Fehler sind gemacht worden.« Ein anderer sagt: »Wir müssen die folgenden Fehler angehen«, und nach einer Weile hast du das Gefühl, dass die Fehler selbst daran schuld sind, dass es sie gibt.
    Das ist der große Nachteil von der persönlich emotionalen Ebene, die wir Amerikaner oft einschlagen. Denn wenn der Chef in Amerika durch die Werkshalle schreit: »Hey, has anyone seen that stupid idiot Jim?«, dann weiß jeder, wer den Fehler gemacht hat. Nämlich Jim.

Freundlichkeit/Friendliness
    Jedes Mal, wenn ich in meine alte Heimat reise, ist das Erste, was mir dort sofort auffällt, dass die Leute immer so wahnsinnig freundlich sind. Der eine wünscht: »Have a nice day!«, der andere antwortet: »Have a better day!« Und ich stehe da und komme mir vor wie ein Alien, dessen Heimatplanet noch nicht entdeckt wurde.
    So erging es mir auch bei meinem letzten Besuch in den USA , während ich meinen Einkaufswagen durch einen eiskalten Supermarkt schob.
    »Make this day the best day of your life!«, sagte mir ein sehr gut gelaunter Rentner, als ich gerade dabei war, nach der Erdnussbutter zu greifen. Ich fragte mich:
Warum hat der mir das gerade gewünscht? In Deutschland würde mir kein wildfremder Mensch im Supermarkt den besten Tag meines Lebens wünschen.
Mir schossen verschiedene Gedanken durch den Kopf, Gedanken wie:
Warum sind die Amis so extrem freundlich? Warum bin ich nicht mehr so extrem freundlich? Und: Hey, warte, vielleicht bin ich
     doch ziemlich freundlich, komme mir nur unfreundlich vor wegen der vielen Amis, die in den USA extrem freundlich sind?
Es ist unglaublich, wie verwirrt man sein kann, wenn man einen Einkaufswagen durch einen amerikanischen Supermarkt schiebt!
     
    Deutsche Freunde fragen mich immer, »John, warum seid ihr Amis immer so gut drauf? Was ist euer Geheimnis?« Ich glaube, dass manche »so gut drauf« sind, weil sie einfach so auf die Welt kommen. Und andere, weil sie sehr viel mit
superfreundlichen Menschen zusammen sind, die so auf die Welt gekommen sind. Und wieder andere sind so superfreundlich dank Psychopharmaka.
    Das stimmt wirklich! Ich habe es anfangs auch nicht geglaubt, bis ich es im Internet gelesen habe. 50 Millionen Amerikaner nehmen demnach regelmäßig das Antidepressivum Prozac ein, um glücklich durch den Tag zu kommen. Nicht 50 000 oder 500 000, sondern 50 000 000! Das ist mehr als die ganze Bevölkerung von Spanien: Das muss man sich mal vorstellen, alle sind auf Drogen. Es ist kein Wunder, dass wir Amis immer gut drauf sind!
    Aber wenn das tatsächlich die Erklärung dafür wäre,

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