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Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch

Titel: Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Doyle
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zu können. Aber sobald die Vertrautheit sichergestellt ist, sind die Deutschen total lustig!« Und deswegen empfehle ich meinen ausländischen Kumpels, die immer noch auf der Suche nach entspannten, humorvollen, lockeren Deutschen sind, dass sie aufhören sollten, diese an ihrem Arbeitsplatz zu suchen, an
dem der Druck, ernsthaft und professionell zu sein, immer sehr hoch ist, sondern besser anfangen sollten, dorthin zu gehen, wo sich entspannte, humorvolle Deutsche befinden würden. Zum Beispiel in Vereinen, Kneipen und Großraumwaggons der Deutschen Bahn. Dort ist die Vertrautheit, die Intimität am größten. Besonders wenn es sich um Damengruppen handelt, die mit ein paar Flaschen Prosecco von Hamburg nach München unterwegs sind.
    Einmal saß ich ein paar Reihen hinter einer solchen Gruppe - und man hätte fast annehmen können, dass es sich nicht um vier deutsche, sondern um vier amerikanische Frauen handelte. Eine aus der Gruppe sagte ziemlich laut: »Mein Mann wollte mit uns mitkommen!«, worauf eine andere genauso laut antwortete: »Warum das denn? Weiß er nicht, dass wir Spaß haben wollen?« Und dann quietschten alle vor Vergnügen.
    Dieses Gespräch erinnerte mich an eine Szene aus der amerikanischen Fernsehserie »Eine schrecklich nette Familie«. Als Peg, Al Bundys Ehefrau, nach Hause kommt und sagt: »Al, ich bin zu Hause!« Und Al antwortet: »Na ja, man kann nicht immer Glück haben.«
     
    Ein Tipp von mir an dieser Stelle. Falls Sie, liebe Leser, irgendwann in Zukunft in den USA unterwegs sein sollten und amerikanischen Humor LIVE erleben wollen, empfehle ich Ihnen einen Besuch in einem der vielen Standup Comedy Clubs, die es überall im Lande gibt. In solchen Clubs findet man eine Mischung aus Unterhaltung und Anspruch, aus alltäglichen und ernsthaften Themen. Und deswegen reden US -Komiker nicht nur über Männer und Frauen, Verkehrsstaus und Chefs, Arztbesuche und Erektionsprobleme, sondern auch über sehr ernste Themen wie
Krieg und Frieden, Demokratie und Rassismus. Comedians, die diesen Spagat sehr gut hinkriegen, sind zum Beispiel Chris Rock, Bill Mäher, Jon Stewart und der Altmeister George Carlin, der leider mittlerweile verstorben ist. Er war das perfekte Beispiel für diese gelungene Mischung. Er redete ein paar Minuten über Alltägliches, über Menschen, die Sachen kaufen, die sie sowieso nicht brauchen, und dann nochmals Shoppen gehen, um noch mehr Sachen zu kaufen, die sie nicht brauchen. Und dann wurde er plötzlich total ernsthaft und redete eine halbe Stunde über politische Themen.
     
    Ich habe den Eindruck, dass viele Menschen hier in Deutschland, die beruflich mit Humor zu tun haben, ständig das Bedürfnis haben, alles voneinander zu trennen - das Ernsthafte vom Alltäglichen, das Politische vom Unpolitischen. Als wenn es in diesem Land ein ungeschriebenes Gesetz geben würde, das besagt, dass die Kabarettisten für den Tiefgang zuständig sind und Komiker für Blödeleien. Die Kabarettisten reden über Merkel, Schäuble, Westerwelle, Globalisierung, Arbeitsplatzabbau bei Opel. Und die Komiker über die Ehefrau, die ihren Opel nicht einparken kann.
    Das wäre für mich als Amerikaner
und
Comedian ein wenig eintönig.

Sachlichkeit/Objectivity
    Es dauerte nicht lange, bis ich hier in Deutschland entdeckte, wie wichtig es ist, in diesem Land sachlich zu bleiben.
    Ich schalte den Fernseher ein und es läuft eine Diskussionsrunde über irgendein Thema. Einer sagt zu jemand anderem: »Bleiben Sie bei der Sache!« Worauf der andere entgegnet: »Ich bin bei der Sache!« Und oft erwische ich mich bei der Frage:
Bei welcher Sache überhaupt?
    Solche Gespräche finden oft in Politsendungen statt. Ein Politiker erzählt etwas, worauf der andere erwidert: »Was für ein unsachlicher Unfug!« Und sobald der andere denkt, er sei wieder an der Reihe, ruft der nächste dazwischen: »Ja, das ist unsachlich!« Letztendlich schaltet sich die Moderatorin ein und mahnt: »Meine Herren, ich bitte an dieser Stelle um ein bisschen mehr Sachlichkeit.« Worauf der erste behauptet: »Ich weiß nicht, was Sie meinen. Ich bin doch sachlich.«
    Der Letzte fügt hinzu: »Und ich auch.«
     
    Als ich noch ganz neu in Deutschland war, unterhielt ich mich oft mit meinem damaligen Chef vom Deutschen Paket Dienst. Immer wieder merkte ich während unserer Gespräche, wie sehr ich das Bedürfnis verspürte, mit ihm über Persönliches zu reden, während er sachlich bleiben wollte. So ungefähr verliefen

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