Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch

Titel: Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Doyle
Vom Netzwerk:
unsere Gespräche:
    »So, Herr Doyle, wie sieht's aus?« Ich dachte, er möchte wissen, wie mein Wochenende gewesen war. Deswegen begann
ich zu erzählen, zu erzählen und zu erzählen. Davon, dass ich viel Deutsch gesprochen habe und dass das Deutschsprechen leichter fällt, wenn man Bier dabei trinkt. Und dass es sogar noch leichter fällt, wenn man viel Bier trinkt. Und während ich ihm das alles erzählte, bekam ich mehr und mehr den Eindruck, dass er das eigentlich gar nicht von mir hören wollte. Ja, natürlich wollte er etwas ganz anderes hören.
    Nach einer Woche klärten mich meine Kollegen auf, und ich wusste seine Frage richtig zu beantworten. Während der Kaffeepause kam mein Chef auf mich zu und fragte erneut: »So, Herr Doyle, wie sieht's heute aus?« Und ohne mit der Wimper zu zucken antwortete ich: »Die LKWs sind leer. Die Pakete sind verschickt. Gut sieht's aus!«
     
    Und obwohl ich bereits vor langer Zeit meine Lektion gelernt hatte, habe ich nach fast 20 Jahren immer noch das Bedürfnis, in vielen Situationen total unsachlich zu sein, oder wie mein Sohn Joshua sagen würde, »dummes Zeug zu erzählen«.
    Vor nicht allzu langer Zeit waren wir im Clubhaus eines Tennisvereins Mittagessen. Und bei der Bestellung unserer Gerichte bemerkte ich, was alles schiefgehen kann, wenn man als unsachlicher Amerikaner und nicht als sachlicher Deutscher auftritt. Denn statt einfach zu sagen: »Guten Tag, ich hätte gerne einen Hamburger mit Pommes, bitte«, fragte ich die Kellnerin: »Entschuldigung, aber ist der Burger-Man heute da?« Daraufhin guckte sie mich völlig verständnislos an und fragte: »Der ›Burger-Man‹? Wer ist denn der ›Burger-Man?«‹ Sie und mein Sohn Joshua sahen mich an, als wäre ich auf Drogen.
    Aber das war ich nicht. Deshalb versuchte ich ihr auch zu
erklären, was ich mit »Burger-Man« meinte. Ich erzählte ihr, dass ich letzte Woche schon mal da gewesen war und dass mir der »Burger-Man«, der Koch also, den besten Burger meines Lebens gemacht hatte. Und dass ich gerne diesen Burger wieder essen wollte.
    Die Kellnerin verschwand in der Küche, um mit dem »Burger-Man« - Verzeihung, dem Koch persönlich zu reden. Kurz danach hörten Joshua und ich die beiden laut lachen, woraufhin sich mein Sohn zu mir umdrehte und meinte: »Dad, warum kannst du nicht einfach wie ein Deutscher reden? Warum kannst du nicht einfach nur sagen: ›Einen Burger, bitte‹ und nicht mehr?«
    »Weißt du was, Joshua?«, antwortete ich ihm. »In Amerika wäre das alles kein Problem. Du gehst in einen Laden und fragst die Kellnerin: »Excuse me, but is the burger guy there today?« Und dann antwortete sie locker: »You must mean Bob.«
    Joshua schien aber nicht überzeugt zu sein: »Yes, Dad. But we're not in America here.«
    Aber so sind wir Amerikaner halt. Oder viele von uns. Wir fangen einfach an zu reden, einfach loszureden, auf einer persönlichen Ebene und nicht auf einer sachlichen Ebene, in der Hoffung, dass dadurch eine lockere, vertraute Atmosphäre geschaffen wird, in der sich alle wohlfühlen.
    Und das sind nicht nur ganz normale oder leicht verrückte Leute, die diese Taktik in Amerika anwenden. Große Wirtschaftsbosse tun das Gleiche. Zum Beispiel bei Pressekonferenzen und Aktionärsversammlungen. Sie erzählen einen Witz oder eine Anekdote, um allen Anwesenden zu beweisen, dass auch Menschen, die 50 Millionen Dollar im Jahr verdienen, im Grunde genommen ganz normale Menschen sind. Und meistens funktioniert das auch.
    Manchmal versuchen sie sogar lustig zu sein, wenn irgendetwas während der Veranstaltung schiefgeht, wie es bei Steve Jobs von Apple einmal der Fall war.
    Er war gerade dabei, eine von Apples Weltneuheiten zu präsentieren, als seine Infrarot-Fernbedienung den Geist aufgab. Und statt zu sagen: »Hey Leute, wir können nicht weitermachen. Meine Fernbedienung funktioniert nicht mehr. Meine fucking Fernbedienung ist tot!«, erzählte er eine lustige Anekdote aus seiner Studentenzeit, bis der Assistent neue Batterien für seine Fernbedienung besorgt hatte.
    Was ich so mitbekomme, ist, dass deutsche Chefs zum Beispiel bei Pressekonferenzen oder bei Aktionärsversammlungen im Vergleich zu ihren amerikanischen Kollegen viel seltener »lustig« sind. Denn wären sie es, würde man sie wahrscheinlich anschauen wie mich die Kellnerin im Tennisclub: Als wären sie totale Spinner. Schlimmer noch:
unsachliche
Spinner! Die Anwesenden würden sich sicherlich fragen:
Muss unser Herr

Weitere Kostenlose Bücher