Dopingmixer
Ihnen meinen Freund Peter Shaw vorstellen?«
Der Blick, den Mrs Sharp Peter schenkte, verriet Zufriedenheit. Offenbar imponierten ihr blonde Hünen.
»Haben Sie die Polizei verständigt?«
»Natürlich nicht. Schließlich habe ich euch engagiert. Auf Empfehlung meiner besten Freundin hin, nicht wahr?« Mrs Sharp nickte Onkel Titus zu, und der nickte zurück.
»Immerhin handelt es sich um mehrere Straftatbestände«, wandte Justus ein. »Einbruch, Raub, Sachbeschädigung, Körperverletzung.«
»Wie geht es Ihnen denn?« Peter fand, dass diese Frage auch einmal gestellt werden musste, aber Mrs Sharp machte nur eine wegwerfende Handbewegung.
»Es ist nichts. Ein paar blaue Flecken werde ich bekommen. Und schlechte Träume von zwei üblen Burschen, die es für richtig halten, sich nachts mit einer Frau zu prügeln.« Ihr grimmiger Gesichtsausdruck ließ erahnen, dass sie sich nach Kräften zur Wehr gesetzt hatte. Am Kopfende lehnte ein Stock. Wenn sie den benutzt hat, überlegte Peter, haben die beiden Kerle vielleicht sogar schlechter abgeschnitten als sie.
»Erzählen Sie bitte von Anfang an«, sagte Justus. Auch er und Peter durften sich zwei dieser beängstigend schmalen Schemel heranziehen.
Mrs Sharps etwas langatmiger Bericht brachte nichts Neues. Die Beschreibung der beiden Gestalten, denen sie begegnete, nachdem sie nachts um kurz nach zwei von lautem Lärm wach geworden und ins Wohnzimmer hinuntergestiegen war, taugte nicht viel. Sie war, wie sich bei einigen gezielten Nachfragen herausstellte, voller Widersprüche. Mal beschrieb sie die beiden als gleich groß, mal den einen eher groß und kräftig und den anderen als ein schmales Handtuch von untersetzter Statur.
Auch über den genauen Verlauf der Tätlichkeiten, die sich da nachts im unbeleuchteten Wohnzimmer abgespielt hatten, gab es nichts Präzises zu erfahren. Elenor Sharp war keine gute Zeugin.
»Haben Sie eine Ahnung, wer die Täter sein könnten«, fragte Justus zum Schluss und erhob sich. Er war müde und musste sich beherrschen, nicht zu gähnen.
»Ich?«, fragte Mrs Sharp zurück. In ihrer Stimme schwang Entrüstung mit. »Nicht im Geringsten. Dafür habe ich ja euch engagiert.«
Onkel Titus verfolgte die Vernehmung von Mrs Sharp aufmerksam. Natürlich merkte er, dass da manches nicht zusammenpasste.
»Ihr müsst das verstehen«, sagte er zu Justus. »Mrs Sharp steht sicher unter Schock.«
»Ich? Unter Schock?« Mrs Sharp setzte sich kerzengerade auf. »Sie glauben, Mr Jonas, zwei unerzogene Burschen könnten Elenor Sharp einen Schock versetzen?« Ihr Gesichtsausdruck ließ keinen Zweifel daran, dass Titus Jonas mit seiner gut gemeinten Bemerkung in tiefe Ungnade gefallen war. Er zuckte mit den Schultern und sank schweigend auf seinen Schemel. Justus zupfte an der Unterlippe, wie er es immer tat, wenn er scharf nachdachte.
»Darf ich fragen, Mrs Sharp, ob Sie allein im Haus leben?«
»Ja, natürlich. Wer sollte denn sonst noch hier wohnen?«
»Haben Sie Angehörige?«
»Es wird ja bekannt sein, dass mein Mann schon seit Jahren tot ist«, erwiderte Mrs Sharp. Es klang, als ob sie einen Vortrag vor etwas begriffsstutzigen Zuhörern hielte. »Kinder hatten wir nicht.«
»Und sonstige Verwandte?«
Mrs Sharp musterte Justus mit wachsender Ungeduld. Justus kam ihrer Frage zuvor. »Ich kann mir denken«, sagte er mit entwaffnender Freundlichkeit, »dass Sie sich fragen, was das alles mit dem nächtlichen Überfall zu tun hat. Aber es gehört nun einmal zu jeder Untersuchung von Kriminalfällen, dass das familiäre Umfeld des Opfers abgeklärt wird.«
Onkel Titus richtete sich ein wenig auf. Er war stolz auf seinen Neffen. Wirklich professionell hatte das geklungen.
Auch Mrs Sharp schien beeindruckt. Jedenfalls sagte sie für einige Augenblicke nichts mehr. Dennoch blieb sie spürbar widerwillig. »Ich habe noch eine Schwägerin, eine Schwester meines Mannes. Sie lebt hier in der Gegend und hat zwei mittlerweile erwachsene Kinder. Aber ich sehe sie nur alle paar Jahre.«
Sie mag ihre Schwägerin nicht, dachte Justus. Und so spröde, wie sie sich gibt, und so intensiv, wie sie hier mit den ganzen Pflanzen auf ihrer grünen Insel lebt, kann sie mit Menschen vielleicht ohnehin nichts anfangen.
»Haben Sie Menschen gern?« Justus war selbst überrascht über seine Worte. Es kam ihm vor, als dröhnten sie durch Mrs Sharps Schlafzimmer.
»Menschen mögen? Wozu?«, gab sie zurück. »Sie denken doch alle nur an sich.«
Justus stand auf,
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