DoppelherzTOD
Leidenschaft bei ihr geblieben. Das redete er sich zumindest ein. Er war doch keine Verpflichtungen eingegangen. Er hatte ihr nie Hoffnungen gemacht. Offenbar interpretierte Frau Johannsen diese Tatsachen anders.
»Ein Porreesüppchen. Wiener Schnitzel mit Champignons. Und als Nachtisch dachte ich an Mousse au Chocolat nach eignem Rezept.«
Ehrlicher fehlten die Worte, er stand noch immer regungslos in der Tür. Brigitta schob sich an ihm vorbei in die Küche. Sie klang heiter, gelöst.
»Ich habe auch mal in so einem kleinen Häuschen gewohnt, jetzt wohne ich in einem genormten Zimmer. Alles hat die gleichen Maße, ganz wie der Sozialismus seine Einheitsbauten hochgezogen hatte. Weißt du, ich glaube, die haben im volkseigenen Möbelkombinat sogar die Schrankwände zentimetergenau fabriziert, und die passen jetzt genau ins Haus Roseneck. Viele haben sie stehen. Hier Bruno, hier hast du’s schön. Sehr schön.«
Brigitta holte die Beutel aus dem Korridor, einen nach dem andern, und stellte ihren Einkauf auf Küchenablage und Kühlschrank. Dann packte sie aus und ordnete die mitgebrachten Lebensmittel. Margarine zum Braten. Multivitamin- und Traubensaft. Fetakäse für den Schopska-Salat. Ehrlicher musste nicht mehr in die Kaufhalle zum Einkaufen gehen.
»Und hier ist noch ein Glas Marmelade.« Sie hielt die Beschriftung weit vor sich, offensichtlich war Brigitta zu eitel, eine Brille zu tragen. »Erdbeere-Himbeere. Ich ess ja zum Frühstück gar nichts Süßes. Und eh sie vergammelt…« Brigitta Johannsen verteilte die Lebensmittel in all seinen Schränken. »Allzu üppig sind deine Vorräte ja nicht, Bruno.«
»Für mich reichen sie aus.« Ehrlicher fasste es nicht. Diese Frau war fest entschlossen, sein Privatleben zu okkupieren. Brigitta kriegte er nur mit einer guten Strategie wieder aus dem Haus, nur hatte er gar keine Ahnung, wie er das anstellen sollte. »Außerdem wollte ich heute noch Essen gehen.« Dann kam er doch in den Waschsalon und sah Frederike. Sozusagen notgedrungen, er hätte keine Ausrede mehr, er musste den Konflikt mit Frederike lösen.
»Bei diesem Wetter! Bruno, wir machen’s uns hier bei dir ganz gemütlich. Schade nur, dass es zu kalt ist, um auf der Terasse zu sitzen.« Offensichtlich war sie bereits ums Haus gelaufen, denn von der Straße konnte man die Terrasse gar nicht sehen.
»Ich hatte ganz andere Pläne. Hättest du nicht anrufen können?«
»Du hast mir deine Nummer nicht gegeben.« Sie drohte ihm schelmisch mit erhobenem Finger. »Willst mich wohl wieder los sein?« Woher hatte sie seine Adresse? Sie musste sie auf anderen Wegen recherchiert haben. Bruno Ehrlicher stand nicht im Telefonbuch.
»Hier ist die Zeitung von heute. Habe ich im Haus Roseneck mitgehen lassen.« Brigitta Johannsen lachte. »Die Alten lesen sie ohnehin selten, und wenn, verstehen sie nichts.« Sie reichte ihm die Zeitung.
Er sagte: »Danke.«
Dann hielt sie das Glas Konfitüre und wollte es neben die Teigwaren stellen.
»Dafür habe ich ein Regal im Flur.« Er nahm ihr das Glas aus der Hand. Erdbeere-Himbeere war darauf geschrieben. Bruno erkannte die Handschrift. Sütterlin, damit hatte Meta Porstmann ihre Marmeladengläser beschriftet. Sie standen auch bei Brigitta Johannsen und nicht nur bei Hans-Jürgen im Schrank.
Brigitta holte Schneidebrettchen und Messer. »Komm, mach es dir im Zimmer gemütlich. Ich koche besser, als die’s im Restaurant jemals servieren.« Brigitta legte sich den Porree zurecht und prüfte der Schärfe des Messers.
Die Erkenntnis kroch Ehrlicher langsam den Nacken herauf. Und dann war alles sehr einfach. Alle Teile passten zusammen. Er hätte eher darauf kommen müssen. Er sagte es langsam und fast ohne Betonung, wurde sich beim Sprechen erst klar, was er sagte. »Warum bin ich darauf nicht eher gekommen! Brigitta, jetzt weiß ich es, du hast Hans-Jürgen vergiftet. Du konntest nicht mitansehen, wie er seine Liebe einer anderen schenkt.«
Brigitta sah sich freundlich lächelnd um. »Was redest denn du da für einen Mist.«
»Der Fall liegt ganz einfach. Ich habe es nur nicht begriffen. Du hast die beiden getötet. Wenn du Hans-Jürgen nicht bekommst, soll ihn auch keine andere haben. Erst recht nicht die Margot.«
Sie sah ihn an mit einem Blick, der ihm zeigte, dass er mit seiner Theorie getroffen hatte. »Warum soll ich Marmelade vergiften? Ich kann nicht mal welche einmachen.«
»Einmachen musstest du keine. Das hatte die Meta ja schon getan.« Ehrlichers
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