Doppelkinnbonus: Gesamtausgabe (German Edition)
unglücklichen Abgang, nicht überzeugend genug, dass ich sehr wohl bereit für etwas Neues war?
„Ja“, sage ich schließlich. „Das ist alles wirklich dumm gelaufen.“
„Ich weiß nicht, ob jetzt der richtige Zeitpunkt ist. Aber vielleicht könnten wir uns nochmal zum Essen treffen. Ganz in Ruhe. Ganz von vorn. Diesmal, ohne die Dinge zu überstürzen.“
Ich nicke. „Vielleicht hast du recht.“
Trotzdem weiß ich nicht, ob es wirklich eine gute Idee ist. Seine Anwesenheit macht mich nervös, aber auch aus den richtigen Gründen? Liegt es nicht vielmehr an dem peinlichen Ereignis in seiner Wohnung, das plötzlich wieder allgegenwärtig ist? Oder an der Tatsache, dass er mich anschaut, als würde er mich jeden Moment auf eine einsame Berghütte mit Kamin und Lammfell einladen?
Andererseits passt er nach wie vor hervorragend in meinen Plan, nach vorn zu schauen. In ein Leben ohne Zweifel und unnötige Fragen. Ein Leben, das ich selbst bestimme, ohne darüber nachzudenken, was andere darüber denken.
Andere?
Eigentlich ging es immer nur um einen anderen.
Aber lassen wir das. Alex spielt keine Rolle mehr. Vor allem nicht in diesem Moment.
„Ich würde dich gerne morgen Mittag zum Essen einladen“, schlägt er vor. „Ich kenne da ein hübsches kleines Restaurant direkt am See. Kein übertriebener Schnickschnack, alles ganz einfach und gemütlich.“
„Klingt prima.“
„Wirklich? Dann ist es dir recht, wenn ich dich gegen Elf abhole?“
„Warum nicht? Es hört sich jedenfalls nach einer sehr hübschen Idee an. Außerdem birgt ein Sonntagmittag wesentlich weniger Gefahren für den Versuch, es langsam angehen zu lassen, als ein Abend mit zu viel Wein.“
Er lacht. „Das habe ich mir auch gedacht.“
„Und bis dahin habe ich sicher auch endlich etwas zum Anziehen gefunden.“
Er wirft einen letzten Blick auf meinen Bademantel. „Ich bin sicher, du wirst das Passende finden.“
Dann haucht er mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange und verlässt wortlos meine Wohnung.
Ungläubig starre ich ins Leere, während ich versuche, meine Gefühle einzuordnen.
Freue ich mich? Und wenn ja, worüber? Darüber, dass es weitergeht? Darüber, dass ich mich ganz unverbindlich mit einem Mann treffen kann, ohne wie bei Alex meinen ganzen Seelenfrieden davon abhängig zu machen? Darüber, dass ich die Chance bekommen habe, der erniedrigenden Situation von neulich die Macht zu nehmen und es beim zweiten Mal besser zu machen?
Vielleicht ist Freude gar nicht so wichtig. Vielleicht kommt es nur darauf an, hin und wieder das zu tun, was alle Singles tun.
Sich verabreden.
*
Es passiert nicht oft, dass die Geschäftsführerin unserer Firma in der Verwaltung vorbeischaut. Zwei Jahre vor ihrem Ruhestand zieht sie es vor, von zu Hause aus zu arbeiten oder sich in ihrem Büro in unserer Zweigniederlassung in Ludwigslust aufzuhalten.
Wenn Frau Zander vorbeischaut, kommt es also immer einem kleinen Staatsbesuch gleich, der die Kollegen und Vorgesetzten gleichermaßen in Aufruhr versetzt.
Eine Aufruhr, der ich mich gekonnt unterzuordnen verstehe, während ich innerlich die Ruhe selbst bin. Es fällt mir einfach schwer, die Aufregung ernst zu nehmen, die von einer Frau ausgelöst wird, die niemand wirklich kennt. Aber das behalte ich fachmännisch für mich, als Frau Zander gemeinsam mit Herrn Rommelfeld die Gänge auf und ab geht.
Am Ende des Ganges und somit an meinem Tresen und Schreibtisch angekommen, bleibt sie stehen und streckt mir mit gekünstelter Freude die Hand entgegen. „Und da ist ja auch die gute Seele der Firma.“
Ich möchte wetten, dass sie meinen Namen vergessen hat. Falls sie ihn jemals gekannt hat.
„Hallo Frau Zander.“ Mein Anstandslächeln passt sich meinem Anstandshandschütteln an. „Schön, Sie wiederzusehen.“
„Meine Güte, Romy.“ Sie lässt ihren Blick über mein knielanges, schwarzes Kostüm wandern. „Was ist denn mit Ihnen geschehen? Sie sehen ja einfach entzückend aus.“
Diese Feststellung meiner Rundumverwandlung irritiert mich noch mehr als die Tatsache, dass sie sich an meinen Namen erinnert.
„Danke“, antworte ich höflich. „Ja, ich habe tatsächlich ein wenig abgenommen.“
„Ein wenig ist aber maßlos untertrieben. Als ich Sie das letzte Mal gesehen habe, haben Sie doch gut und gerne dreißig Kilo mehr gewogen.“
Ich lächle stolz. „Na ja, nicht ganz. Dreiundzwanzig, um genau zu sein.“
„Ja, unsere Kollegin hat uns alle überrascht“, mischt
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