Doppelspiel der Leidenschaft (German Edition)
er mit Bedacht vorgehen. Vor allem in Momenten wie diesem hieß es, auf der Hut sein. Einer Betrügerin boten gerade die intimen Augenblicke voller Offenheit und Verletzlichkeit die Aussicht, sich einen Vorteil zu verschaffen.
Könnte ich ihr doch vertrauen, dachte Nicolò und schloss die Augen. Wie einfach wäre es doch, an Dinge wie das Inferno, die zweite Chance und das Gute im Menschen zu glauben.
Aber als der Problemlöser der Dantes hatte er zu viel Gegenteiliges erlebt, um sich blind auf solche Dinge zu verlassen.
Doch während er solchen Gedanken nachhing, zog er Kiley fester an sich, um sie möglichst nah bei sich zu haben und sie zu beschützen. Und bevor auch er einschlief, ging ihm ein Satz nicht mehr aus dem Kopf: Sie gehört zu mir.
Nach drei nahezu endlosen Tagen erlaubte Dr. Ruiz Kiley endlich, wieder ein weitgehend normales Leben zu führen. Und er gab ihr die Adresse eines Arztes, der auf Fälle wie den ihren spezialisiert war. Kiley allerdings hoffte, dass mit Hilfe ihres Mannes ihr Gedächtnis ganz von selbst zurückkehren würde. Die Frage war nur, wann.
Wenn sie nur ausdrücken hätte können, wie durcheinander sie sich fühlte. Nicolò wusste alles über sie, und sie wusste nichts. Nichts über ihre Vorlieben und Abneigungen, nichts über ihre Persönlichkeit, ihre Wünsche und Hoffnungen. Deshalb war sie nicht in der Lage, die Dinge aktiv anzupacken, sie konnte auf Ereignisse lediglich reagieren. Außerdem musste sie alles bedingungslos glauben, was sie sehr verunsicherte.
Ihr gesamtes bisheriges Leben war ein großes Fragezeichen für sie. Immer musste sie fragen: ob sie so handelte, wie es zu ihr passte. Nach vergangenen Erlebnissen. Und nach Zukunftsplänen, die sie vergessen hatte. Dadurch fühlte sie sich unselbstständig und verletzlich.
Mit Sicherheit ließen sich bisher zwei Dinge sagen: Erstens, dass sie sich in dieser Situation nicht wohlfühlte. Aus diesem Grund bemühte sie sich jeden Tag, Fortschritte zu machen und ihr Leben wieder selbst zu gestalten. Und zweitens, dass sich an ihren Gefühlen für ihren Ehemann nichts geändert hatte.
In der Situation war es eine große Erleichterung für sie, dass sie sich so intensiv zu dem Mann an ihrer Seite hingezogen fühlte. Sie konnte es oft kaum erwarten, dass er sie in seinen starken Armen hielt, wo sie sich geborgen wusste. Sie genoss es, zu lieben und geliebt zu werden.
Wie gerne hatte sie es, wenn er sie zärtlich küsste! Und sie freute sich, mit ihm kleine Geheimnisse wiederzuentdecken, von denen nur sie beide etwas wussten – das heißt, sie ja leider nicht.
Sie brauchte und begehrte ihn. Und zweifelte nicht daran, dass sich der Wunsch, ihm ganz zu gehören, schon bald erfüllen würde. Bald würde sie das bewegende Erlebnis, zum ersten Mal von ihm geliebt zu werden, aufs Neue erfahren. Und vielleicht würde sie in diesem innigen Moment des Glücks ihr Gedächtnis wiedererlangen.
Sie konnte es nur hoffen.
„Bestimmt wird mir alles wieder einfallen, wenn wir unsere Verabredungen wiederholen“, sagte sie zu Nicolò.
„Gut möglich.“
„Glaubst du, meine Chancen stehen schlecht, weil sich bisher nicht einmal Erinnerungsfetzen einstellen wollten?“
Er nahm sie sogleich tröstend in die Arme. „Nein. Und jetzt, da du das Okay von Dr. Ruiz hast, werden wir ja sehen, welche Erinnerungen wir wecken können.“
Die Begegnung im Park wollten sie auslassen und stattdessen mit dem ersten Date beginnen. Zu Kileys Leidwesen wurde es nicht so erfolgreich, wie sie gehofft hatte. Dabei hatte der Tag ganz gut begonnen. Sie wollten sich die Sehenswürdigkeiten von San Francisco anschauen.
Zuerst Fisherman’s Wharf, das beliebte Hafenviertel, dann Ghirardelli Square, die Touristenattraktion mit Läden und Restaurants – und einem wunderbaren Blick auf die Insel Alcatraz. Dann fuhren sie mit dem Cablecar, schlenderten durch Chinatown und die Lombardstreet. Dann besuchten sie den Golden-Gate-Park.
Auf Kiley stürmten unzählige Eindrücke ein. Doch leider verschaffte ihr nichts davon das Aha-Erlebnis. Bestenfalls ab und zu ein schwaches Wiedererkennen von etwas, das sie bereits im Fernsehen oder in einem Magazin gesehen hatte.
Und immer wieder schaute sie Nicolò an und hoffte inständig, irgendetwas würde sie an das erste Date erinnern. Wie gerne hätte sie ihn trotz ihres Versprechens gefragt, ob es heute so wie damals war und sie über dasselbe geredet und gelacht hatten. Hatten sie vielleicht Zärtlichkeiten
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