Doppelt gebloggt hält besser (German Edition)
Triumphierend (passt doch!) hielt sie dem Chef das Ding unter die Nase. Der schaute verständnislos durch eine kleine Staubwolke die Grete an. "Auf die alte Tour Chef, könnense sich denn nicht mehr erinnern?" Langsam dämmerte es dem Chef und er fing an zu grinsen. "Ja, das ist es, Frau Meier, machen wir es auf die alte Tour."
Zurück im Büro schnappte sich die Grete Block und Bleistift. Schön spitz. Dann marschierte sie in das Chefbüro, nahm gegenüber vom Schreibtisch auf einem Stuhl Platz und wartete. Während der Chef im Zimmer auf und ab lief, diktierte er der Grete die Briefe. Die schrieb in ihrer schönsten Steno-Schrift alles mit. Danach suchte sie noch aus alten Akten die Adressen der Empfänger raus, schnappte sich die Schreibmaschine und marschierte zu Susi in die Rechtsabteilung. Verscheuchte diese kurzerhand von ihrem Schreibtisch, schloss die Maschine am Stromnetz an, schob Firmenbriefpapier in die Halterung und klapperte los. Die Finger flogen nur so über die Tasten. Nein sowas, die Susi staunte nicht schlecht. So ein Teil hatte sie noch nie gesehen. Und überhaupt, dass die Meier diese merkwürdigen Hieroglyphen entziffern kann.
Die Grete tippte, lächelte still über die Susi, tippte und lächelte wieder. Nach getaner Arbeit packte sie alles wieder ein, klemmte sich die Schreibmaschine unter den Arm und mit den Worten "Alte Tour, Susi, alte Tour, da kommt selbst die neueste Technik nicht mit" kehrte sie Susi und dem Schreibtisch den Rücken.
Zu gerne würde sie ja morgen beim Mittwochskaffee dem Lieschen erzählen, wie die Susi ihr mit offenem Mund hinterher gestarrt hat. Aber leider hat die Grete das nicht mehr gesehen.
Gruß vonner Grete
Lieschen ohne Strom im Wald
Lieschen hätte das auch noch gekonnt. Sogar völlig ohne Strom. Mit Tasten so hoch wie der Mount Everest und der Armgymnastik mit dem Pling bei jeder neuen Zeile. Die Susi hätte das Gerät vermutlich im 17. Jahrhundert verortet. Und doch gibt es auch dafür Zeitzeugen, die auch noch nicht so bald drohen, auszusterben.
Ob die Grete im Keller wohl auch noch altes Tipp-EX gefunden hat? Wenn ja welches? Die modernen Streifen oder das nagellackgleiche Fläschchen?
Wie gut, dass die Grete auf die Idee mit dem Keller gekommen ist. Vielleicht hat ihr das Lieschen indirekt auch ein bisschen dabei geholfen. Denn die Liese hat mal viele Jahre mitten im Wald in einem Häuschen quasi ohne Strom gelebt. Und die Grete erkundigt sich immer mal wieder, wie das wohl ging. Und dann reden sie darüber. Lieschen gerät dann ins Schwärmen und Grete sagt immer wieder "Ne, ne, ne. Das passt doch nicht mehr in die heutige Zeit. Ohne Strom kannste ja nix machen! … Wie zum Beispiel willste das dreckige Geschirr sauber bekommen?" "Warmes Wasser, Schwamm, Spüli und nasse Hände können da Wunder wirken." "Ach hör auf! Und wie bekommst du das Wasser warm, wenn du keinen Strom hast, hä?" "Im großen Topf Wasser auf dem Herd kochen, in die Spülschüssel schütten und mit kaltem mischen." "Hahaha, ein Herd ohne Strom?" "Aber ja, Grete, an eine Gasflasche angeschlossen." "Ach. Und wer bringt die dahin?" "Selberschleppen macht fit." Und so kann das stundenlang weitergehen das Gespräch. Immer wieder. Und immer wieder die gleichen Fragen.
Die Grete kann sich das nämlich in ihrer zivilisierten Wohnung mit Strom aus der Wand, Wasser aus der Wand und Wärme aus den weißen Dingern an der Wand nicht vorstellen, dass die Liese mal so gelebt hat. Das war Lieses Zeit im Ausland. Da hatten sie keinen Kontakt. Ein paar Jahre. Weil die Liese ja kein Internet hatte und weil sie sich mit dem Hermann zusammen mal zurückziehen wollte. Von allem, sogar von der Grete.
Für Liese war das eine prima Zeit. Viele Jahre kein Fernsehen, kein Radio oder später gezielt eine halbe Stunde mit Strom aus dem Generator. Statt dessen Vogelgezwitscher oder besser gesagt Vogel- und Insektenradau. Das kann sich in der Stadt kaum jemand vorstellen, wie laut die Natur ist, wenn sie nicht von irgendetwas übertönt wird. Licht spendete die Sonne mittels einer winzigen Solaranlage und Wärme die umgekippten Bäume des Waldes am Abend im Kamin. Nachdem der Hermann und die Liese gesägt, gehackt und gesammelt haben. Macht auch warm. Und manchmal kalt ist auch nicht schlimm, weiß die Liese jetzt. Und die Grete kann und will sich das nicht vorstellen.
Sie mag ja die Geschichte am liebsten ab dem Punkt, wo die Zivilisation nach und nach wieder Einzug in Hermanns und Lieses
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