Doppelt gebloggt hält besser (German Edition)
Geier, welcher Teufel sie da geritten hat. Zuerst hatte sie ja auch nein gesagt, aber weil Susi, Berta Kalt und Heidi Seelig ihr vorwarfen prüde zu sein, hat sie sich dann doch überreden lassen. Prüde, nein das wollte das Fräulein Grete Meier nicht auf sich sitzen lassen. Jetzt hatte sie den Salat. Vorsichtig blickte sie zu Heidi Seelig, die rechts neben ihr saß. Die starrte zwar nach vorne, schien sich aber ebenfalls nicht recht wohlzufühlen in ihrer Haut. Das erkannte die Grete an der angespannten Haltung. Grete schielte nach links zu Berta Kalt. Die saß zusammengekrümmt da, als ob sie Magenschmerzen hätte. Nicht, dass die mir gleich auf mein Popcorn kotzt, dachte die Grete. Sie beugte sich ein wenig vor und riskierte hinter dem Popcorn einen Blick auf Susi. Die schien sich zu amüsieren. Jedenfalls lächelte sie in Richtung Leinwand und nickte ab und an zustimmend mit dem Kopf. Wem, oder was diese Zustimmung galt, wollte die Grete gar nicht erst wissen.
Die ersten Minuten gingen ja noch, aber was dann so über die Leinwand flimmerte … Grete schüttelte sich allein schon bei dem Gedanken daran. Im Kinosaal war es recht still. Ab und an hörte die Grete mal das pubertierende Gekicher einiger Mädchen oder das röhrende Lachen von männlichen Spätpubertierenden. Grete war froh, sich für den Riesenbecher Popcorn entschieden zu haben. Bot der ihr doch jetzt genug Schutz, vor all den glibbrigen Körpersäften die über die Leinwand schwallten. Die Ohren längst auf Durchzug gestellt, verharrte die Grete in ihrem Sitz. Zehn Minuten, fünfzehn Minuten und noch zweimal endlos scheinende fünf Minuten. Dann hielt sie es nicht mehr aus. Resolut stand sie ganz plötzlich auf. "Das is mir jetzt zu dumm. Egal was ihr von mir denkt. Dann bin ich eben prüde. Den Unsinn hier tu ich mir nicht weiter an. Ne, da bleibt einem ja das Popcorn einzeln im Hals stecken. Ich geh jetzt!" Sprachs, drückte der verdutzten Heidi Seelig den Popcornbecher in die Hand, schnappte sich ihre Tasche, quetschte sich an offenen Mündern und Gesichtern vorbei, die vor Ekel an Schieflage litten, und fand sich in Nullkommanix vor dem Kino wieder. Dort holte sie tief Luft, schüttelte sich noch einmal, schnappte sich dann ihr Fahrrad und machte, dass sie nach Hause kam. In ihre Burg, hinter eine geschlossene Tür. Fernab von irgendwelchem Muschischleim und anderem Gedöhne. In Sicherheit.
Das Fräulein Grete Meier suchte und fand. In der hintersten Ecke im Schrank. Mirabellenschnaps. Selbstgemacht. Ein Geschenk von Tante Heidi. Für Notfälle hat auf der beiliegenden Karte gestanden. Und so ein Notfall war jetzt da. Grete nahm einen tiefen Zug. Direkt aus der Flasche. Lieschen würde jetzt garantiert schimpfen, aber das war der Grete egal. Aufatmend ließ sie sich dann auf ihrem Sessel nieder. Prüde, prüde, na dann bin ich eben prüde. Eine prüde alte Schachtel. Den Preis zahle ich doch gerne, bevor ich mir so einen Mist nochmal antue.
Schon das Buch hat die Grete nicht gelesen. Auch nicht Shades of Grey. Intim ist intim, das gehört nicht an die Öffentlichkeit. Und wie, oder mit was, oder mit wem man intim ist auch nicht. Ist denn heute nichts mehr dem Menschen heilig? Noch nicht mal die wunderbarste Sache der Welt? Muss alles breitgetreten, analysiert und von Kameras eingefangen werden? Wird das Wort Scham jetzt zum Unwort des Jahres gekürt? Grete nahm noch einen Schluck und sehnte sich nach einer Zigarette und normaler Gesellschaft. Also ab auf den Balkon. Ganz bestimmt ist der Herr Heinevetter auch draußen und raucht.
War er auch. Grete war richtig erleichtert. Kein Muschischleim, keine Eiterbeulen und keine Hämorrhoiden, nur das Gesicht von Herrn Heinevetter. Allerdings etwas angespannt. "Ach Frau Meier, gut dass ich sie sehe. Wissense vielleicht ein Mittel gegen Durchfall? Also das lief heute wie …."
Gruß vonner Grete
Lieschen, PorNO und die Kopiererei
Gottseidank, denkt das Lieschen, nachdem es Gretes heutigen Bericht zu Ende gelesen hat. Gottseidank hat die Grete sich das nicht bis zum Ende angetan. Sie selbst hatte nur kurze Ausschnitte in einer Talkshow sehen müssen, in der Frau Roche persönlich in den höchsten Tönen von dem Machwerk schwärmte, dessen literarische Vorlage – Lieschen glaubt sich tatsächlich zu erinnern, dass dieses Wort fiel – sie selbst geliefert hatte. Oft verkauft. Auch viel gelesen? Man weiß es nicht.
Eine Talkshowgästin jedenfalls sagte sinngemäß "Mit Verlaub, liebe Frau
Weitere Kostenlose Bücher