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Doppelte Schuld

Titel: Doppelte Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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Internet plaziert hatten. Sirius war Mathildes Kosename für Gregor gewesen, wie er aus ihren Aufzeichnungen wußte.
    »Es ist ein Kosename, weiter nichts.«
    »Ein Kosename.« Der Mann zog die rechte Augenbraue hoch und lächelte anzüglich.
    »Sirius ist ein Stern im Sternbild Canis Major und der hellste am Nachthimmel. Die Ägypter erkannten im Großen Hund den schakalköpfigen Gott Anubis. Ist es das, was Sie meinen?«
    »Nein. Auch wenn ich Ihre Bildung bewundere.«
    Moritz fiel es schwer, den Alten einzuordnen. Wenigstens schien er keiner der illiteraten Rolexträger von der Russenmafia zu sein.
    Der Mann beugte sich vor. »Hat sich Ihre Mutter gemeldet?«
    »Woher wissen Sie überhaupt, daß ich meine Mutter suche?«
    »Ganz einfach. Der Herr, den Sie beauftragt haben, war ein bißchen – unvorsichtig. Aber vielleicht wußte er nicht, daß beim Stichwort Sirius bei uns alle Lampen angehen.«
    »Und wen meinen Sie mit ›uns‹?«
    »Sagen wir – Menschen, die sich die Wahrung der Rechtsordnung zum Ziel gesetzt haben.«
    Das Lispeln war schwächer geworden. Dafür hatte sich etwas anderes eingeschlichen in die Sprache des Mannes, ganz unmerklich, fast nicht zu spüren. Mit englischen Zigaretten und teuren Schuhen war der Mann nicht aufgewachsen. Aber er hatte sich sein Sächsisch fast vollständig abgewöhnt.
    Moritz mußte wider Willen grinsen. »Verstehe«, sagte er, obwohl er allenfalls etwas ahnte.
    »Ich schenke Ihnen reinen Wein ein, Herr von Bergen. Ich gehörte 1990 zu den Offizieren, die sich die allergrößte Mühe gegeben haben, das Ministerium für Staatssicherheit der DDR ordnungsgemäß abzuwickeln. Sie wissen ja, seit Herbst 1989 ging es drunter und drüber bei uns in der DDR, da hatten gewisse kriminelle Elemente Hochkonjunktur.«
    Und das kriminellste Element von allen, die Stasi, durfte seine Auflösung selbst inszenieren. Ein wirklich gelungener Witz. Kaum vorstellbar, daß ein so hervorragend ausgebildeter Geheimdienst seine Tätigkeit von einem Tag auf den anderen einstellte und sich brav in die neuen Verhältnisse fügte. Und seine Mitarbeiter hatten garantiert bis heute nichts verlernt und nichts vergessen. Moritz’ Interesse war geweckt.
    »Jedenfalls ist es solchen Elementen gelungen, sich Dinge anzueignen, die rechtmäßig in den Besitz der Bundesrepublik Deutschland übergehen sollten. Wir hingegen haben uns an die entsprechenden Beschlüsse gehalten.«
    Der Mann grinste, ein wenig ölig, dachte Moritz.
    »Und wir sind bis heute bemüht, Ordnung in diese Dinge zu bringen. In diesem Zusammenhang haben wir den begründeten Verdacht, daß Ihre Mutter – nun, wie sagt man? – eine Schlüsselfigur in besagten illegalen Operationen gewesen ist. Operationen unter dem Codewort ›Sirius‹, verstehen Sie?«
    Moritz wippte auf den Fußballen vor und zurück. »Nein«, sagte er. »Kein Wort. Was zum Teufel wollen Sie?«
    »Ihre Mutter, wie gesagt …«
    »Ich habe meine Mutter seit 56 Jahren nicht mehr gesehen.«
    »Dann wird die Wiedersehensfreude ja groß sein.« Der Alte trat den Zigarettenstummel aus.
    »Wie bitte?«
    »Ja, sie ist in Blanckenburg. Sie hat sich locken lassen. Die Stimme des Blutes ist eben doch stärker als die Stimme der Vernunft.«
    Moritz wunderte sich, daß er bei dieser Information nichts empfand. Sie war nicht tot. Sie war da. Er würde sie wiedersehen. Aber wozu noch?
    »Dann ist Ihr Problem ja gelöst«, sagte er. »Wozu brauchen Sie mich? Fragen Sie sie doch selbst nach allem, was Sie wissen wollen.«
    »Jaaaa.« Wieder zog der Alte die rechte Augenbraue hoch, als ob er einer Frau zuzwinkern wollte. »Daran haben wir auch schon gedacht.«
    Moritz baute sich vor ihm auf, die Fäuste in die Seite gestützt. »Dann lassen Sie mich jetzt gefälligst hier raus«, sagte er leise. »Vielleicht ziehe ich ja sogar in Erwägung, Sie nicht wegen Freiheitsberaubung anzuzeigen!«
    Der Alte lehnte sich noch ein bißchen weiter zurück in den Stuhl und klopfte sich mit dem Feuerzeug auf die linke Handfläche. »Die Situation ist nicht so einfach, wie Sie glauben.« Dann beugte er sich wieder vor und starrte Moritz an. »Und außerdem haben Sie hier keine Forderungen zu stellen. Denken Sie an Ihre Lebensgefährtin.«
    »Was ist mit Katalina?« Moritz wäre dem Mann am liebsten an die Gurgel gegangen.
    »Frau Cavic geht es gut. Den Umständen entsprechend. Soweit wir wissen.« Der Alte lehnte sich wieder zurück. »Aber das kann sich ändern.«
    Moritz spürte, wie sich sein

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