Doppeltes Spiel (German Edition)
Lippenstift dazu auf. Dann zupfte sie ihre Haare zurecht, schlüpfte in ein Paar schwarze Sandaletten und ging zur Tür. Einen Moment lang verharrte sie mit der Hand auf der Klinke, dann kehrte sie entschlossen zum Schminktisch zurück und öffnete das kleine Päckchen, das Philippe als Versöhnungsgeschenk mitgebracht hatte. Wie Margo prophezeit hatte, war es ein teures Schmuckstück - ein schlichter, schöner Reif aus Weißgold mit einem Brillanten. Philippes Gewissen musste erstaunlich schlecht sein. Lysette zögerte, dann streifte sie den Ring über den Finger. Heute gehörte er ihr.
Die beiden Brüder standen vor dem Haus und waren, wie es aussah, in ein ernstes Gespräch vertieft. Philippe zog eine ärgerliche, aber auch ein wenig schuldbewusste Miene, und Nicholas schien ihm die Leviten zu lesen.
»Da bin ich«, rief Lysette, um einen fröhlichen, entspannten Ton bemüht.
Die Brüder sahen zu ihr hin, und Philippe pfiff anerkennend durch die Zähne. Er kam zu ihr, um ihr einen Kuss auf die Hand zu drücken und zwinkerte, als er seinen Ring entdeckte. »Schön wie die aufgehende Sonne«, sagte er. »Dann lass uns fahren, meine Holde.«
Sie streifte Nicholas mit einem flüchtigen Blick. Er stand mit verbissener Miene neben dem Peugeot und sah sie nicht an.
»Ja, fahren wir«, sagte sie, und ihr Herz schlug schwer gegen ihre Brust. Das wird ja ein schöner Abend, dachte sie. Und die furchterregende Tante wartet sicher schon auf mich, um mich zu fressen.
Mit einem ergebenen Seufzen ließ sie sich in den Beifahrersitz sinken, während sich jedes Molekül ihres Körpers nach der Berührung des Mannes sehnte, den sie hinter sich auf dem Rücksitz wusste.
8. Kapitel
L ysette war schon früher einmal in Avignon gewesen und erinnerte sich lebhaft an die wuchtige Silhouette des Papstpalastes und den mitten im Fluss endenden steinernen Pont Saint-Bénézet. Auch das Gewimmel der kleinen Gässchen, die Festungsmauer, an die sich Häuser drückten, als suchten sie Schutz vor der sengenden Sonne und das unglaubliche Gedränge und Geschiebe der Touristen war ihr noch gut in Erinnerung geblieben.
Philippe chauffierte sie mit geübter Hand über die großen Boulevards mitten hinein in die Altstadt. Dann ging es durch zunehmend engere und schmalere Straßen und Gässchen, bis er sagte: »So, aussteigen. Ich stelle den Wagen ab und komme dann nach.«
Es war brütend heiß. Aus den Fenstern rundum drangen das Klappern von Geschirr, laute Stimmen, Musik und das Geräusch eines Fernsehers (anscheinend lief gerade ein Krimi mit Verfolgungsjagd und Schießerei), Babygeschrei, Hundegebell, das Schimpfen einer Frau. Über all dem lagen Kochgerüche und der erstickende Dunst einer großen Stadt im Sommer.
Lysette fühlte, wie ihr der Schweiß ausbrach. Sie sah sich um und fragte sich, ob die vornehme Tante Geneviève wirklich hier in dieser nicht besonders vornehmen Straße wohnte und auch Philippe genau hier seine elegante Stadtwohnung besaß. Ihr verunsicherter Blick traf auf Nicholas, der mit eiserner Miene neben ihr ging. Sie passte sich seinen Schritten an, damit ihm nicht auffiel, dass sie keine Ahnung hatte, wohin er sie führte.
Er richtete kein Wort an sie, ging nur stumm auf ein weißes, dreistöckiges Bürgerhaus zu, das Lysette nicht gleich aufgefallen war. Es sah hübsch und vornehm aus mit seinen eleganten Sprossenfenstern, die allesamt fest verschlossen waren. Weiße Fensterläden und braune Türen schmückten die ansonsten schlichte Fassade.
Philippe schloss die Tür auf und ließ Lysette eintreten. Als die Tür hinter ihr zufiel, war es augenblicklich, als hätte sie eine andere Welt betreten, die nichts mit dem geschäftigen, lauten Getriebe dort draußen zu tun hatte. Der Flur, in dem sie stand, war dämmrig. Von den Steinfliesen stieg eine angenehme Kühle auf, und Lysette bekam eine kleine Gänsehaut.
Nicholas führte sie schweigend weiter, und sie traten durch die Tür am Ende des Eingangsflures hinaus in einen atemberaubend schönen Patio. Palmen und blühende Oleanderbüsche, der Duft von Lavendel und Rosmarin, das Plätschern einer kleinen Fontäne und sanfte Farben erfrischten die Sinne. Überall auf dem Boden und an den Wänden standen und hingen Töpfe, aus denen es üppig grünte und blühte. Lysette konnte einen erstaunten Ausruf nicht unterdrücken.
Nicholas, der am Fuß einer in den oberen Stock führenden Treppe stand, wandte sich mit fragender Miene um. »Es ist so schön und friedlich
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