Dorian
gemacht, was Dorian niemals hätte freiwillig werden wollen. Ein Leben voller Entbehrungen, Tot und Dunkelheit lag vor ihm. Und das nur weil er sich wünschte, nicht mehr allein zu sein. Einen unsterblichen Freund, der mit ihm zusammen kämpfte, wenn es überhaupt noch dazu kommen würde.
St. Clair, hoffe du hast das richtige getan.
Er zog die Verandatür auf und schaute auf die Straßen hinab. Die Sirenen der Polizei wechselten sich mit der Feuerwehr ab. Er konnte die Aggressionen der Menschen bis hoch zu seinem Penthouse spüren. Und eine traf ihn mitten ins Herz. Tess! Wie konnte sie nur glauben, dass er ihr die Schuld an alle dem gab? Sie war so wütend auf ihn, dabei hatte er geglaubt, sie würde ihm langsam vertrauen. Sicherlich hatte er sich erschrocken, als er sie im ´Lipstick´ entdeckte. Nie hätte er es in Betracht gezogen, dass sie in diese Kreise Kontakte hatte. Es zeigte ihm, wie wenig er von ihr wusste. Er hatte sich in die verletzliche, schutzlose Tess verliebt, die sich müde an ihn gekuschelt hatte und seine Nähe brauchte, doch so wie er sie heute erlebt hatte, ähnelte sie der einsamen Amazone, die ihm fast mit ihrem Nunchaku den Kehlkopf einschlug. Er bekam den Eindruck, sie glaubte ihm kein einziges Wort bezüglich Mannaghan. Wer war der Mann, den sie so geliebt hatte? Es konnte nur ein Vampir mit geklauter Identität sein, aber wer war er und vor allem wo war er? Warum zog es Tess zu ihm zurück? Die Frau war ein einziges Rätsel und jemand hatte strikt etwas dagegen, dass es gelöst wurde.
Er wählte die Nummer, die in ihrer Akte vermerkt war… wollte ihr erklären, dass sie nichts mit den Geschehnissen der Nacht zu tun hatte, doch sie nahm nicht ab.
Wenn der Aufstieg in den Himmel etwas Friedliches an sich hatte, war Kyle gerade dabei die Pforten zur Hölle zu durchschreiten. Sein entblößter Körper stand in Flammen und sein Verstand spielte ihm vor, er ginge an einem Fluss aus Blut entlang. Leichen schwammen neben ihm den Strom hinauf und gingen am Horizont in Feuer auf. Der Mond rückte sich immer weiter vor die blendende Sonne, bis es schwarze Nacht wurde. Kyle rieb sich die Augen, obwohl es stockdunkel war, sah er klarer und weiter als jemals zuvor. Die kühle Luft strich wie feine Seide über seine dünne marmorne Haut. Er fühlte sich stark, kräftig und unglaublich willensstark. Wie ein Panther, der sich hungrig durch die Nacht schlich… immer auf den Sprung bereit seine Beute zu Fall zu bringen.
Konnte es wirklich sein, das er an diesem seltsamen Ort endgültig den Löffel abgab? Warum war er dann hier? War das die Strafe dafür, dass er in seinem Leben um jede Kirche einen großen Bogen machte? Der Realität immer naher stand als Gott?
„Hallo, ist hier jemand?“
Es war im wahrsten Sinne des Wortes totenstill.
„Hey…!!“
Sein Ruf verhallte in der Ferne.
Kyles Kehle war staubtrocken. Er musste husten. Was hätte er jetzt für ein kühles Bier gegeben, doch schon bei dem Gedanken meldete sich sein Magen, es wurde ihm speiübel und er musste sich übergeben. Er hielt sich seine Hand in die Magengegend, doch da wo sich eigentlich seine Bauchdecke befand, triefte eine riesige Schusswunde. Er konnte direkt auf seine Darmwindungen sehen.
Oh, verdammte Scheiße, was ist das denn?
Erst jetzt konnte sich Kyle daran erinnern, was passiert war. Er wurde von einem Amok laufenden Cop angeschossen. Er war gerade auf den Weg zum ´Lipstick´, als der Typ ihn aus dem Rückhalt überfiel.
Kyle setzte sich unter einen Baum, dessen Äste bedrohend in den Himmel wuchsen. Er war genau wie er ohne Leben. Sein Stamm bestand aus einer Anschichtung alter Schädelknochen toter Tiere und Menschen. Kyle lehnte sich angeekelt an und legte sein Gesicht in seine Hände. Sie waren eiskalt und seine Adern schimmerten bläulich.
Kann mich denn niemand aus diesem Albtraum befreien?
Sein Durst wurde unerträglich.
„Es ist dein Ende als Mensch.“
Erschrocken blickte Kyle auf. Vor ihm schwebte eine Frau, eingehüllt in gleißend hellem Licht. Schützend schloss er die Augen und das war das Beste was er in diesem Moment machen konnte. Es war das weise Orakel, das jedem Menschen zur Wandlung in einem Vampir zur Seite stand. Jede menschliche Seele, die sie dabei einfangen konnte, war ein Geschenk an den Teufel. Doch da hatte sie die Rechnung ohne Kyle gemacht. Er stand sein Leben lang für Gerechtigkeit und Ordnung ein. Er würde niemals freiwillig zur bösen Seite wechseln. Er brauchte ihre
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