Dorn: Roman (German Edition)
Lächelnd ließ er sich einige Meter von mir rückwärts treiben, bis ich meinen Ansturm keuchend unterbrach und mich einige Schrittlängen zurückfallen ließ.
»Du bist zornig, Graf«, meinte Schekich. »Das macht dich zwar schneller und stärker … aber es macht dich auch unvorsichtiger.«
Schekich hatte recht mit seiner Warnung. Ich musste meine Wut unter Kontrolle kriegen, sonst würde ich bei dem nächsten oder übernächsten Angriff ins offene Messer rennen. Irgendwann würde einer meiner Schläge nur die Luft treffen und Schekich würde es gnadenlos ausnutzen. Also versuchte ich ruhiger zu atmen. Zählte bis drei vor jedem Luftholen und Ausatmen.
Lauernd umkreisten wir einander. Beinarbeit war so unsagbar wichtig im Schwertkampf. Und bei Schekich wirkten die Schritte beinahe wie bei einem Raubtier, dass seine Beute im Visier hat.
Wieder versuchte ich es mit zwei Ausfallschritten, führte einen Schlag senkrecht von oben und nutzte den Abpraller, um mich um die eigene Achse zu drehen und so kräftig ich konnte Erlenfangs Klinge von links auf Schekich sausen zu lassen. Der Schlag hatte den gewünschten Effekt: Schekich parierte zu lässig, sodass der Schlag ihn stärker zurückdrängte, als er geplant hatte. Den Wimpernschlag, den er brauchte, um sein Gleichgewicht zu festigen, nutzte ich, um einhändig mit Erlenfang nach ihm zu stechen. Doch ich traf nur sein schwarzes Hemd und die scharfe Klinge schlitzte durch den Stoff von Schekichs Ärmel. Der Attentäter schlug mein Schwert zur Seite und brachte sich mit einer Rückwärtsrolle in Sicherheit, nur um gleich wieder auf den Füßen zu landen.
»Und du bist fahrlässig, weil du arrogant bist, Attentäter«, griff ich das Gespräch wieder auf. »Mein Hass allein macht mich nicht blind im Kampf.«
»Respekt«, beteuerte Schekich. Es klang süffisant, aber ein kurzes Flackern in seinen Augen sagte mir, dass ihm durchaus bewusst war, wie knapp es gewesen war. Aber sein Blick verriet mir auch, dass dies der letzte Fehler gewesen war, den er gemacht hatte, weil er mich unterschätzte.
Diesmal ging er in den Angriff über und zwang mich in die Defensive. Mehrere schnelle Schläge und eine wenig überraschende Pirouette folgten, doch es war nichts, was mich besonders forderte. Das war auch nicht das Ziel dieses Angriffs gewesen. Wollte er mir lediglich beweisen, dass er auch tatsächlich vorhatte, aktiv an dem Duell teilzunehmen?
Ich schnaubte, nachdem Schekich die Attacke abgebrochen hatte.
»Wie hast du uns gefunden?«, wollte ich wissen. Es war mir ein Rätsel. Wir hatten seit unserem letzten Aufeinandertreffen genug Abenteuer für ein ganzes Leben bei den Harjennern bestanden. Schekich konnte uns unmöglich gefolgt sein. Dazu hätte er gar nicht schnell genug sein können – niemand war zur See schneller als die Harjenner.
»Ich habe hier gewartet«, meine Schekich ruhig.
»Hier?«, fragte ich ungläubig.
Schekich zuckte die Achseln. »Es war die einzige Möglichkeit. Der Elb hatte die immense Sorge, dass die kleine Elbin die Kugeln – ja, damals waren es noch drei – zurück zu ihren Verwandten bringen könnte. Und nachdem ihr mit mehr Glück als Verstand aus Anselieth geflohen seid, gab es eigentlich nur eine Möglichkeit: Ihr musstet früher oder später nach Quainmar.
Ich fand recht schnell heraus, dass ihr das nicht auf dem Landweg bewerkstelligt hattet, weil ich euch die ganze Strecke vermeintlicherweise nachgereist war. Auch den Seeweg hattet ihr nicht genommen, denn in der Elbenhauptstadt war weit und breit kein Zeichen von euch zu sehen. Die Stadt schwieg immer noch. Ihr konntet also nicht bereits dort gewesen sein.
Es gab also nur eine Möglichkeit: Ihr wart mit den Nordmännern gefahren. So hattet ihr das Reich ungehindert verlassen können. Dass ihr hierher kommen würdet, war nur eine Frage der Zeit. Ich musste nur die Küste nahe der Hauptstadt im Auge behalten – und geduldig warten.«
»Du hast hier wochenlang gewartet?«, versuchte ich Zeit zu schinden. Es musste eine Möglichkeit geben, mir einen Vorteil zu verschaffen. Verstohlen blickte ich mich um. Schekich würde diesen Ort sehr gut kennen, wenn er sich tatsächlich schon eine ganze Weile hier aufhielt. Er war gewissermaßen Perfektionist.
Schekich legte den Kopf schief. »Ich erhalte Aufträge und führe sie aus – nicht zuletzt, weil ich verflucht viel Geld dafür erhalten habe und noch einiges auf mich wartet.«
»Du bekommst viel Geld, weil du der Beste deines
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