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Dorn: Roman (German Edition)

Dorn: Roman (German Edition)

Titel: Dorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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Fachs bist?«, provozierte ich.
    »Unter anderem«, meinte Schekich und lachte auf. »Es hat doch beinahe symbolischen Wert, was wir hier tun. Im Palast der Dämmerung tragen wir aus, wer von uns der beste Schwertkämpfer der Welt ist. Eigentlich ein Kampf für die Lieder der Barden. Man könnte uns die Kinder der Dämmerung nennen.«
    Dann ging er wieder auf mich los. Diesmal war es eine Demonstration seiner Ausdauer. Nicht die Komplexität der Schläge oder Manöver brachte mich ins Schwitzten, sondern schlicht und ergreifend die Tatsache, dass Schekich scheinbar mühelos dazu in der Lage war, das Tempo über zwei Dutzend Schläge aufrecht zu erhalten – wenn nicht gar noch länger.
    Endlich gelang es mir, Schekichs Klinge seitlich abzulenken, um mir einen Schritt Vorsprung zu verschaffen und mich in Sicherheit zu bringen. Ich rannte die ersten Stufen einer breiten, moosbewachsenen Treppe hinauf, doch Schekich folgte mir nicht.
    »Ich hole dich ein«, sagte er genüsslich, mit betont langsamem Gang. »Es ist völlig egal. Du kannst mir an diesem Ort nicht entkommen – und wenn doch, dann stirbt die Elbin.«
    Hustend wischte ich mir den Schweiß von der Stirn. Trotz der Drohung stieg ich die Treppe langsam rückwärts hinauf, Schekich ständig im Blick. Ich brauchte Zeit zum Nachdenken. Zeit, Zeit, ein verfluchtes winziges bisschen Zeit!
    Ohne einen Einfall erreichte ich ein neues Stockwerk. Wie das Seitenschiff eines mächtigen Tempels ging ein Flügel des gläsernen Palastes nach Norden ab. Hier fiel mehr Licht hinein, denn das nördlichste Ende des Palastflügels war abgebrochen und ins Meer gestürzt, wo es langsam vom Salzwasser zersetzt wurde. Ich beschloss, den Vorteil meines erhöhten Standpunktes zu nutzen und wartete am oberen Ende der Treppe auf meinen Feind.
    Als Schekich in Reichweite war, griff ich an. Doch er parierte mühelos. Einmal, zweimal, dann schlug er meine Klinge zur Seite und hieb mir gleichzeitig mit der flachen Hand vor die Brust, sodass ich rückwärts taumelte und nach hinten stolperte. Hastig kam ich wieder auf die Beine.
    »Du hast doch nicht ernsthaft glauben können, du würdest einen Vorteil erlangen, nur weil du mich von oben attackierst?«
    Ich ließ ihn den Satz nicht zu Ende sprechen, sondern preschte erneut vor und deckte Schekich mit Schlägen ein. Doch welchen Kniff, welche Finte und welchen akrobatischen Trick ich auch versuchte, Schekichs Deckung blieb unversehrt. Schließlich musste ich ablassen und ging in die Defensive.
    »Das war sehr aufschlussreich«, sicherte Schekich mir höhnend zu. »Du vermischst verschiedene Stile, glaubst, du könntest mich übertölpeln. Doch sei dir gewiss, Graf von Falkenberg: Ich bin sechzehn Sommer älter als du – und ich habe sechzehn Sommer mehr Erfahrung. Ich habe mehr Duelle gefochten als du es dir vorstellen kannst und mehr aufrichtige Männer getötet als dir je begegnet sind.
    Du bist ein brillanter Fechter, Deckard, aber am Ende wirst du verlieren.«
    Der Südländer hatte verflucht noch mal recht! Er war ein Dämon in Person – und ich war ein niemand. Früher oder später würde er mich ausschalten, denn früher oder später würde ich einen Fehler machen.
    Ein letztes Mal versuchte ich es mit einem Angriff. Wir wirbelten umeinander wie entfesselt. Es hagelte Attacken, Riposten, Finten, Konter aus der Drehung – der Stahl der Klingen verschwamm zwischen uns in der Luft, wir waren ein Ganzes aus fließenden Bewegungen, agierten, reagierten. Doch während mein Durchhaltevermögen von der Verzweiflung und der Angst um meine Freunde aufrechterhalten wurde, war es bei Schekich nur eine Frage der Übung. Meinem finalen Angriffshieb aus einer Drehung wich er einem Akrobaten gleich aus, indem er sich hintenüber kippen ließ und zwei Flickflacks und schließlich einen Salto vollführte, der vollkommen außerhalb meiner Reichweite lag. Es war ein Spiel für ihn. Ein ernstes Spiel zwar, bei dem es um Leben und Tod ging, aber dennoch bloß ein Spiel. Natürlich, wie konnte es auch anders sein? Schließlich hatte er dabei sein Leben lang nur gewonnen.
    Tief stand das boshafte Grinsen in seinem Gesicht, als er mich fixierte.
    Mir hingegen lief der Schweiß in Strömen herunter. Meine lockigen Haare hingen in klatschnassen Strähnen herab.
    »Das ist nicht gerecht«, stöhnte ich.
    »Es gibt kein gerecht «, entgegnete mein Kontrahent. »Nur besser oder schlechter .«
    Ich versuchte weiter, ruhig zu atmen. Zwar wusste ich, dass ich

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