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Dornenkuss - Roman

Dornenkuss - Roman

Titel: Dornenkuss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: script5
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ein?« Ich verschluckte mich vor Empörung und musste husten. Paul klopfte mir auf den Rücken wie Colin, wenn er versuchte, Louis zu beruhigen.
    »Er besaß sicherlich einen Zweitschlüssel und hat hin und wieder Dinge in den Safe gelegt und wieder rausgeholt. Das mit dem Schlüssel in meiner Mauer war doch auch nur ein Trick«, sagte er besänftigend. »Er wollte, dass du dich bei mir aufhältst, und zwar mehr als nur ein paar Stunden.«
    »Schon wieder manipulativ. Bah«, moserte ich schniefend. Ach, es tat beinahe gut, sauer auf Papa zu sein. Es ließ die Trauer ein Stück von mir wegrücken. Trotzdem: Das mit der Karte leuchtete mir nicht ein. Ganz und gar nicht.
    »Sag mal, Ellie, woher wusstest du eigentlich, dass du seine Augen verbrennen musstest?«, brachte Paul mich geschickt auf andere Gedanken. Sie drehten sich ohnehin ergebnislos im Kreis.
    »Ich habe es nicht gewusst«, gestand ich. Ich wollte mich nicht mit fremden Federn schmücken, das hatte ich nicht verdient, zumal Morpheus mir in seinem zweiten Anruf sogar einen Hinweis gegeben hatte. Augen, hatte er gesagt. Er musste gewusst haben, dass Angelos Macht in seinen Augen saß. Aber ich hatte seinen Worten keine Bedeutung beigemessen, gar nicht erst versucht, sie zu interpretieren. Oder hatte Morpheus gar meine Augen gemeint? Wollte er mich vor dem warnen, was ich durch meine eigenen Augen als schön empfand? Ich schüttelte beschämt den Kopf. »Nein, bis zur letzten Sekunde wusste ich es nicht. Dann wurde mir auf einmal klar, dass ich das zerstören muss, was ich an ihm so geliebt habe. Das, womit er jagt.«
    Paul pfiff anerkennend durch seine Zähne. »Gute Intuition.«
    »Aber sie nützt nichts! Gar nichts! Du konntest dich nicht mehr mit Papa aussprechen und Mama …« Nein, über Mama konnte ich nicht reden.
    »Ja, das ist wahr und es wird mich wohl mein Leben lang verfolgen. Aber ich hätte dir auch einfach glauben können, als er noch lebte. Weißt du, so krass es klingen mag, muss ich doch François dankbar dafür sein, dass er mich befallen hat, denn ohne ihn hätte ich weder Gianna kennengelernt, noch hätte ich einen Beweis gefunden, dass Papas Worte keine Lügen waren«, meinte Paul nachdenklich.
    »Das sagst du nur, um mich zu trösten. Angelo hat François geschickt, es war seine Art, uns alle zu zerstören!«
    »Und was ist passiert? Es hat uns noch enger aneinander gebunden und wieder in Einklang gebracht, was sich all die Jahre in mir gestritten und gezankt hatte. Meine Liebe zu Papa und mein Hass auf ihn. Ellie, er war bei mir …«
    Ich hörte damit auf, meine juckenden Augen zu reiben, die vom Weinen völlig überreizt waren, und sah blinzelnd zu ihm auf.
    »Er war bei dir? Wie meinst du das?«
    »So, wie ich es sage. Es waren Wachträume, derart greifbar und real, dass sie sich von meinen anderen Träumen unterschieden wie die Sonne vom Mond. Ich hab nur noch wenig geträumt in der Zeit mit François, aber diese Träume haben mir geholfen, neue Kraft zu tanken. In ihnen war alles wieder gut. Papa und ich hatten uns versöhnt und sprachen uns aus und ich konnte ihm das mit Lilly verzeihen. Nur am Schluss, seit dem Winter, da …« Paul suchte nach Worten. »Da war er anders. Müde. Todmüde.«
    »Das hast du auch geträumt?« Ich rückte von ihm ab, um ihn besser anschauen zu können. »Dass er furchtbar müde ist und nur uns zuliebe noch da? Dass er viel lieber schlafen möchte?«
    »Das kann er jetzt ja, oder?« Paul streichelte meine Wange und kniff dann vorsichtig zu, als wolle er mich damit zum Leben erwecken. »Im Grunde wusste ich zu diesem Zeitpunkt schon, dass ich keine Gelegenheit mehr haben würde, mit ihm zu sprechen. Aber es war ja bereits alles gesagt, wenn auch nur im Traum.«
    Vor den verdunkelten Terrassentüren klapperte Geschirr und ich hörte, wie Besteck auf das Wachstischtuch gelegt wurde, vertraute Geräusche eines Familienlebens, an dem ich nicht mehr teilnahm. Mama und Gianna deckten den Tisch.
    »Möchtest du denn gar nicht mehr zu uns kommen, Ellie?«, fragte Paul sanft. »Du fehlst uns. Du hast uns die ganze Zeit gefehlt.«
    Ich wusste nicht, wie mein Körper noch Tränen produzieren konnte, aber er tat es und innerhalb von Sekunden war mein Gesicht nass. Ich presste die Faust gegen meine Lippen und schüttelte den Kopf.
    »Ich schaffe das nicht.«
    »Dann sieh wenigstens nach Tillmann. Er würde sich freuen. Er liegt oben.«
    »Er liegt?«, fragte ich piepsig. Ich hatte mich schon die ganze Woche

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