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Dornenkuss - Roman

Dornenkuss - Roman

Titel: Dornenkuss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: script5
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sich jene angenehme Entspannung breit, die ich am Schwimmen schon immer geliebt hatte. Das Beste kam, wenn man aus dem Wasser gestiegen war. Wohlige Müdigkeit.
    Mit der rechten Hand griff ich in meine Strandtasche, um die beiden Briefe herauszuziehen. Der eine machte mir Mut, den anderen zu lesen, obwohl beide nichts miteinander zu tun hatten. Papas Brief lag schon beinahe vierzehn Tage ungeöffnet in meiner Nachttischschublade. Doch der zweite, mustergültig adressiert und mit abgestempelter Briefmarke, war heute Morgen erst eingetrudelt, unauffällig versteckt in einem großen Kuvert mit Post, das Herr Schütz uns per Express nach Kalabrien geschickt hatte. Mama hatte ihn darum gebeten, sich um das Haus zu kümmern und den Briefkasten zu leeren, nachdem beide so überstürzt abgereist waren. Auch Rufus brauchte dringend Zuwendung. Auf unsere senilen Nachbarn wollte Mama sich nicht länger verlassen und Gianna schon gar nicht.
    Irgendwie hatte sich in mir diese Idee festgesetzt, dass ich Papas Brief ertragen könnte, wenn ich den anderen Brief gelesen hatte. Zum wiederholten Mal hielt ich ihn vor meine Augen, um den Absender zu studieren. Nein, ich hatte nicht geträumt, obwohl ich diese Situation in meinen Träumen schon oft erlebt hatte und enttäuscht erwacht war, weil ich nicht mehr dazu gekommen war, seine Zeilen zu entziffern, oder sich vor meinen Augen Schlieren bildeten und die Buchstaben verschwammen. Absender: Grischa Schönfeld. Fribourg, Schweiz. Wieder musste ich lächeln, weil ich im Gespräch mit Tillmann exakt darauf getippt hatte. Dass er in der Schweiz lebte. Es passte zu ihm.
    Mein Herz machte einen waghalsigen Sprung, als ich mit dem Daumen das Kuvert öffnete und den einfachen karierten Briefbogen entfaltete, ein herausgerissenes Blatt aus einem Collegeblock. Sofort saugten sich meine Augen an der krakeligen, unsauberen Jungsschrift fest.
    »Hey, Elisabeth,
    ich hab grad keinen Schimmer, wie ich diesen Brief beginnen soll. Eigentlich wollte ich erst gar nicht zurückschreiben, weil ich Deine Mail ziemlich strange fand. Fast ein bisschen unheimlich. Aber auf der anderen Seite hat es mich auch stolz gemacht, dass sich jemand um mich sorgt. (Um mich sorgt sich sonst fast nie einer.) Jetzt ist grad ein Seminar ausgefallen und ich sitze in der Cafeteria und … na ja. Wie das halt so ist.
    Auf einmal hatte ich das Gefühl, dass ich Dir doch antworten soll. Also, was ich Dir sagen will: Du musst Dir keine Sorgen machen. Mir geht’s gut. Ach, was heißt, es geht mir gut … Seit meinem Urlaub auf Santorin ist erst mal alles schiefgelaufen, was schieflaufen konnte. Meine Freundin hat nur noch rumgezickt und mich nach ein paar Tagen Streitereien verlassen, weil sie meinte, ich wäre anders geworden. Der Zauber wäre weg. Es würde nicht mehr funken. Aber wir sollten beste Freunde bleiben. (??)
    Dann hab ich meinen Job als Barkeeper verloren, weil mein Boss sich beschwerte, es würden sich nicht mehr so viele Mädels zu mir setzen wie am Anfang und ich sei nicht bei der Sache, würde ständig rumträumen. Ich glaub, er wollte mich einfach loshaben, obwohl es stimmt, dass weniger Mädels kamen. Hab mich nach dem Rausschmiss stundenlang im Spiegel angeschaut und geguckt, ob was anders ist an mir, aber ich find nix, nicht mal einen Pickel. Ich seh aus wie immer.
    Okay, dazu noch Ärger mit meinen Eltern, die mir plötzlich nicht mehr alles zahlen wollen fürs Studium … Wahrscheinlich so eine von diesen typischen Elternlektionen. Ich könne sie jedenfalls nicht mehr um den Finger wickeln wie früher, sagten sie. Nix mehr mit Schokoaugenerpressung.
    Zu allem Überfluss hab ich mir beim Tennis auch noch mein Knie versaut. Meniskusschaden.
    Aber, hey, ich fühl mich wohl damit. Klingt blöd, ich weiß. Aber ich hab in der Cafeteria ein Mädchen kennengelernt, vor ein paar Tagen erst. Sie ist nicht außergewöhnlich hübsch und hat auch keine so tolle Figur (sie trägt außerdem eine Brille, wie Du damals) (okay, das war jetzt nicht charmant, was?), aber sie sieht mich anders an als meine früheren Freundinnen. Direkter. Kommt mir vor, als ob sie bis auf meine Seele guckt. (Bäh. Kitsch.) (Ist aber so.)
    Hab bei ihr nicht das Gefühl, dass ich ständig den tollen Typen raushängen muss, wenn wir zusammen sind. (Natürlich BIN ich toll, aber das muss man ja nicht ununterbrochen beweisen. :-) )
    Das mit meinen Eltern krieg ich wieder hin, bestimmt. Und einen neuen Job finde ich auch.
    Ich glaub fest daran,

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