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Dornenkuss

Dornenkuss

Titel: Dornenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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sagte, was sie im Nu erröten ließ.
    »Ich verbitte mir, dass Sie meine Tochter ein weiteres Mal so zurichten«, stellte Mama klar, bevor wir noch anfingen, uns zu amüsieren.
    »Das sollten Sie auch. Es kann meine Tat nicht entschuldigen, aber ich musste mich ihr auf diese Weise nähern, um Ihre Familie zu schützen. Alles andere hätte Sie unnötig in Gefahr gebracht und die Möglichkeit, Ihren Mann zurückzuholen, in weite Ferne rücken lassen«, erwiderte Colin ruhig. Mama stieß einen gefährlich zischenden Laut aus und marschierte mit wehenden Locken zurück in den Garten. Colin schob den Kuchenteller von sich weg, bevor er sich zu mir wandte und mich ansah – mit gewohnt arroganter Miene und Spott in seinem Blick. Trotzdem war da auch ein leises Bedauern, zu leise, um meine Verletzungen in den Hintergrund rücken zu lassen. Meine Kopfschmerzen rasten durch meine Adern, als wollten sie sie zum Bersten bringen. Der Schnitt an meinem Hinterkopf begann zu jucken.
    »Hättest du mir nicht auch auf diesem Weg die Botschaft überbringen können? Beim Tee?«, fragte ich bissig.
    »Nein, Ellie. Du hättest dich gefreut. Jetzt aber findest du mich nur noch ätzend. Dank unseres kleinen Stelldicheins zu mitternächtlicher Stunde.«
    »Ja. Du bist wirklich ätzend.«
    Gianna prustete erneut, während Paul und Tillmann sich darauf beschränkten, uns zu beobachten. Mister X, der eben noch im Garten Falter gejagt hatte, hatte Colin gewittert und kam herbeigaloppiert, um mit einem eleganten Satz auf seinen Schoß zu springen und schnurrend und sabbernd seine Schultern zu erklimmen. Colin drapierte ihn wie einen Schal um seinen Hals, sodass seine Oberschenkel wieder frei waren und der eifersüchtige Rufus hinterherhechten konnte.
    »Na, was bist du denn für ein hässliches Ding?« Colin strich Rufus sanft über die Narbe, die anstelle seines rechten Auges auf seinem eckigen Kopf prangte. Dann setzte er ihn nachsichtig auf dem Boden ab, um Mister X’ Heldentenorjaulen zu unterbinden, das er soeben wieder angestimmt hatte.
    »Mein Kater mag ihn. Damit ist die Sache für mich geklärt«, sagte Gianna wie zu sich selbst. Colin sah sie offen an, doch sie wagte nicht, seinen Blick zu erwidern.
    »Und? Habt ihr schon eine Idee?« Uns allen war klar, worauf er anspielte. Auf seine Formel. »Ich selbst möchte sie in eurer Gegenwart nicht noch einmal aussprechen. Das ist zu riskant. Es handelt sich dabei um uraltes Wissen, das im schlechtesten Falle an jenes Hirn geknüpft ist, das es gestohlen hat. Die Formel selbst kann nicht geortet werden, weil sie geraubt wurde und damit vergessen ist. Der Dieb jedoch schon. Also, wie sieht euer Plan aus?« Der letzte Satz klang überheblich, und wenn meine Kopfschmerzen mich nicht so sehr gemartert hätten, hätte ich zumindest den Versuch unternommen, ihn ans Bein zu treten. Ich schaffte es ja kaum zu verstehen, was er uns eben gesagt hatte, und auch die anderen blickten verwirrt drein.
    »Ich glaub, ich bin in irgendeinem schlechten Film gefangen …«, murmelte Gianna. Colin beachtete sie nicht, sondern wartete auf meine Antwort.
    »Wir haben noch keinen richtigen Plan«, entgegnete ich ausweichend. »Keinen richtigen« war eine wohlwollende Formulierung. Wir hatten gar keinen. Ich hatte es gerade mal geschafft, Paul zu überzeugen, mit uns nach Italien zu fahren.
    »Gut. Dann ist das ja geklärt. Ansonsten biete ich euch an, euch bei der Suche nach eurem Vater …«
    »Ist es nicht!«, fuhr ich dazwischen. »Wir haben eben das allererste Mal darüber gesprochen, vielleicht lässt du uns ein wenig Zeit, nachdem du monatelang deinen Hintern nicht hast blicken lassen. Dafür hatten wir schließlich auch Zeit. Für mich ist die Sache offensichtlich. Wir finden einen Mahr, der Tessa liebt, und …«
    »Oh, Elisabeth, ich bitte dich, es gibt keine Mahre, die …« Colin unterbrach sich selbst und erhob sich, um sich mit dem Rücken zu uns an die mit Wein bewachsene Fensterfront des Wintergartens zu stellen. »Du wirst keine Mahre finden, die Tessa lieben. Auch wir haben Geschmack.«
    »Aber du hast sie doch … ähm …«
    »Ich habe gar nichts. Verwechsle Begehren nicht mit Liebe, Ellie«, sagte er kühl.
    »Warum hast du mir das Gleichnis denn überhaupt mitgeteilt, wenn du gar nicht daran glaubst, dass wir es lösen können?«
    »Ich habe damit meinen Teil unseres Versprechens gehalten. Es liegt an dir, ob du deinem auch nachkommst.« Colin sprach wie über einen belanglosen, harmlosen Deal

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