Dornenkuss
betitelt.«
»Oh ja. Er ist nicht nur ein Arschloch, sondern auch ein Stalker.«
»Kein Mitleid, Ellie. Das hast du nur deinem losen Mundwerk zuzuschreiben. Warum musstest du ihm gegenüber etwas andeuten? Er hat einen Narren an dir gefressen und war drauf und dran, ganz Italien abzuklappern, um dich zu finden. Und zwar zusammen mit deiner Mutter.«
Ich stöhnte vor Unmut auf. Lars steckte immer noch bei meiner Mutter? Das durfte doch nicht wahr sein.
»Wir haben uns fair geeinigt«, sprach Colin weiter. »Der Schaukampf in eurem Garten ging drei zu null für mich aus und eure Nachbarn werden es wahrscheinlich nicht mehr wagen, auch nur ein böses Wort über deine Mutter oder eure Familie zu äußern. Aber Lars ist ein guter Verlierer. Er wird nicht kommen.«
»Gut. Sehr gut. Danke. Hast du ihn fertiggemacht? Okay, ich weiß, darum geht es bei Karate nicht. Es sei denn, man wendet es im Kampf gegen die Mahre an. Dann ist alles erlaubt, was?«, fügte ich so schnippisch hinzu, dass ich über mich selbst erschrak. Ich hatte dieses Thema nicht anschneiden wollen und Colin den Mund verboten, als er es getan hatte. Und jetzt? Holte ich selbst zu einem Tiefschlag aus.
Colin schwieg ein paar Minuten und seine Muskeln unter meiner Wange spannten sich an, bis sie hart wie Stahl wurden.
»Du bist jederzeit frei zu gehen«, sagte er schließlich gedämpft. Er nahm die Arme von mir und verschränkte sie im Nacken. »Es wäre die einfachste Lösung für alle Beteiligten.«
»Danke, ich bleibe.« Und das tat ich auch. Heute Nacht würde ich hier bei ihm schlafen, für wie bösartig er sich auch halten mochte. Wir mussten dabei nicht reden oder etwas tun. Ich wollte damit ein Zeichen setzen, obwohl er eigentlich besser als alle anderen wissen musste, dass ich nicht so schnell zu vergraulen war. Es gestaltete sich jedoch kompliziert, eine geeignete Position zu finden, in der ich Colin nahe war und mir keine Erfrierungen zuzog. Das Rauschen strömte gleichmäßig durch seinen Körper und verriet mir damit, dass er keinen Hunger litt, doch noch immer kam mir seine Haut ungesund kalt vor. Trotzdem wollte ich ihn fühlen und den Kontakt zu ihm bewahren, auch im Schlaf. Unruhig probierte ich Stellungen aus und verwarf sie wieder.
»Haben wir es bald?«, fragte er irgendwann mit einer solch mokanten, aber auch vertrauten Zärtlichkeit, dass ich mich entspannte und die Nische unter seiner Achsel als den passenden Schlafplatz auserkor. Mit meiner Nasenspitze an seiner Haut und meinen Fingern in seinen Gürtelschlaufen dämmerte ich schließlich ein, während er, die Lider geschlossen und das Gesicht unbewegt, seine Gedanken auf Reisen schickte.
Mein Schlaf blieb unruhig. Deshalb hörte ich Giannas Schritte von Weitem nahen und erschrak nicht, als sie sich bei den ersten Sonnenstrahlen mit besorgter Miene neben unser Lager kniete. Verwundert stellte ich fest, dass Colin sich aufgerichtet hatte, während ich geschlummert hatte. Die Decke hatte er unter meinen Kopf geschoben, sodass ich weich und warm auf seinen Oberschenkeln lag.
»Morgen«, lallte ich schlaftrunken.
»Seid ihr glücklich?«, fragte Gianna lispelnd vor Anspannung. Ihre Nervosität übertrug sich sofort auf Louis, der aus dem Schatten des Schuppens hervortrat und aufgeregt schnaubte. Alarmiert drehte sich Gianna zu ihm um. »Mamma mia, ist der schön …«, flüsterte sie andächtig.
»Schön und groß«, pflichtete ich ihr ohne jegliche Begeisterung bei. »Vor allem groß.« Ich stützte mich auf Colins Knie und hievte mich in den Schneidersitz.
Gianna eiste ihre Augen von Louis los und blinzelte uns an. Sie bemühte sich, freundlich zu gucken, doch ihre Furcht war nicht zu übersehen.
»Und – seid ihr glücklich? Ihr seid glücklich, oder?«
»Nein«, gestand ich und fühlte mich dabei wie ein Versager.
»So schnell wird es nicht gehen«, bestätigte Colin ruhig. Er hörte sich an, als würde er allein über mich sprechen, nicht über sich. Aber was war mit ihm? War er glücklich? Immerhin hatten wir die Nacht miteinander verbracht. Forschend sah ich ihn an, doch er schüttelte bedauernd den Kopf. Gianna folgte unserem Blickwechsel gebannt. Ich kam mir schon beinahe vor wie in einer Paartherapie und das ärgerte mich.
»Müssen wir denn beide glücklich sein, damit sie kommt? Reicht es nicht, wenn du es bist?«, fragte ich ungehalten, denn der Druck, möglichst bald vor Glück platzen zu müssen, belastete mich mehr denn je.
»Ich bin keine Insel,
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