Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dornenschwestern (German Edition)

Dornenschwestern (German Edition)

Titel: Dornenschwestern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
Vom Netzwerk:
ihn an. Das kann er doch unmöglich gedacht haben. Seine ausdruckslose Miene verrät mir, dass er weiß, dass er dadurch einen Familienkrieg weiter anheizt, den wir schon zwei lange Jahre in wütenden Briefen und mit schmerzlichen Rechtfertigungen und Entschuldigungen ausfechten. Nach ihrem letzten Brief, in dem sie meinen Sohn, ihren Enkel, einen Bastard geschimpft hat und meinen Gemahl einen Dieb, hat sie nicht mehr geschrieben. Sie hat mir erklärt, ich hätte Schande über meinen Vater gebracht und sie verraten. Ich sei nicht mehr ihre Tochter. Sie hat mich mit einem Fluch belegt. Ich müsse ohne ihren Segen leben und sie gehe ins Grab, ohne meinen Namen zu nennen. Ich habe nicht darauf geantwortet.
    «Richard, um Gottes willen, warum hast du sie hergebracht?»
    «George wollte sich ihrer annehmen», rückt er endlich mit der Wahrheit heraus. «Ich bin mir ganz sicher. George wollte sie entführen und Einspruch erheben gegen die Entscheidung des Königs, ihr Vermögen zwischen uns beiden aufzuteilen. Er wollte Gerechtigkeit für sie verlangen und alles für sie zurückfordern, als wäre er ihr fahrender Ritter. Und wenn sie alle Warwick-Besitzungen wieder zurückbekommen hätte, hätte er sie ihr weggenommen. Er wollte ihr einen Platz in seinem Haushalt geben, so wie er dich aufgenommen hat. Dann hätte er alles bekommen, was wir haben, Anne. Ich musste sie herholen, bevor er ihrer habhaft werden konnte.»
    «Um zu verhindern, dass George sie herausholt, hast du sie hierhergebracht», sage ich trocken. «Und nun hast du das Unrecht begangen, dessen du ihn verdächtigt hast.»
    Er sieht mich grimmig an. «Als ich dich geheiratet habe, habe ich gesagt, ich würde dich beschützen. Und jetzt stelle ich mich schützend vor deine Interessen.»
    Die Erwähnung seines Versprechens bringt mich zum Schweigen. «Mit so etwas hätte ich nicht gerechnet.»
    «Ich auch nicht», sagt er. «Aber ich habe versprochen, dich zu beschützen.»
    «Wo soll sie leben?» Mir schwirrt der Kopf. «Sie kann nicht wieder ins Kirchenasyl, oder?»
    «Hier.»
    «Hier?», fahre ich auf.
    «Ja.»
    «Richard, allein ihr Anblick jagt mir Angst ein. Sie hat gesagt, ich sei nicht mehr ihre Tochter und werde mir nie wieder ihren mütterlichen Segen geben. Sie hat gesagt, ich solle dich nicht heiraten. Sie hat dich Dinge genannt, die du ihr niemals verzeihen würdest! Sie sagte, unser Sohn sei …» Ich unterbreche mich. «Das wiederhole ich nicht. Ich will nicht weiter darüber nachdenken.»
    «Du brauchst es mir nicht zu sagen», erwidert er aufgeräumt. «Und ich muss ihr auch nicht verzeihen. Du benötigst ihren Segen nicht. Sie wird hier leben, als unser Gast. Du kannst ihr aus dem Weg gehen. Sie kann in ihren Gemächern speisen und in ihrer eigenen Kapelle beten. Platz haben wir hier Gott weiß genug. Wir können ihr einen eigenen Haushalt einrichten. Sie muss dir keinen Kummer bereiten.»
    «Wie kann sie mir keinen Kummer bereiten? Sie ist meine Mutter! Und sie ist gegen mich!»
    «Betrachte sie als deine Gefangene.»
    Ich sinke auf einen Stuhl und starre ihn an. «Sie soll meine Gefangene sein?»
    «Sie war auch in Beaulieu Abbey eine Gefangene. Sie wird ihr Vermögen nicht mehr zurückbekommen, das hat sie in dem Augenblick verwirkt, als sie sich bei der Nachricht vom Tod deines Vaters auf das Kirchenasyl berief. Da hat sie dich der Gefahr anheimgegeben, die dir durch die Schlacht drohte. Jetzt hat sie das Leben, das sie damals gewählt hat, und muss sich mit ihrer Wahl abfinden. Sie ist arm, sie ist im Gefängnis. Nur zufällig hier und nicht in Beaulieu. Vielleicht gefällt es ihr ja. Dies war schließlich einmal ihr Zuhause.»
    «Sie ist als Braut hierhergekommen, es war ihr Familienstammsitz», sage ich ruhig. «Jeder einzelne Stein in jeder Mauer wird sie an ihr Recht gemahnen.»
    «Dann …»
    «Es gehört immer noch ihr.» Ich blicke in sein junges, entschlossenes Gesicht und erkenne, dass ich sagen kann, was ich will, es wird nichts ändern. «Wir leben hier wie Diebe, und fortan wird die wahre Besitzerin uns auf die Finger sehen, wie wir ihre Pacht eintreiben, uns nehmen, was ihr zusteht, geschützt hinter ihren Mauern, unter ihrem Dach.»
    Er zuckt die Achseln, und ich schweige. Ich wusste, dass er ein Mann schneller Entscheidungen ist, dass er – genau wie sein Bruder – beeindruckender, schneller Taten fähig ist. Die Söhne von York haben ihre Kindheit damit verbracht, gegen den König zu rebellieren. Sie haben mitbekommen,

Weitere Kostenlose Bücher